Leser unserer Zeitung bei der Probe im Siegle-Haus. Foto: Lichtgut/ Zweygarth

Beim „Ortstermin“ waren Leser unserer Zeitung zu Gast bei den Stuttgarter Philharmonikern. Intendant Michael Stille und Dramaturg Albrecht Dürr beleuchteten Hintergründe, und anschließend probte der neue Chef Dan Ettinger mit seinem Orchester Schostakowitschs zehnte Sinfonie.

Stuttgart - Wie alt sind die Musiker der Stuttgarter Philharmoniker im Durchschnitt? Gehören die Instrumente den Musikern oder der Stadt Stuttgart? Was unterscheidet ein A- von einem B-Orchester? Wie arbeiten die Stuttgarter Philharmoniker mit der Musikhochschule zusammen? Und was ist aus den Plänen zu einer Schlossgarten-Philharmonie geworden?

Knapp einhundert Leser haben sich am Freitagvormittag beim Ortstermin unserer Zeitung im Gustav-Siegle-Haus eingefunden, um Neues vom Orchester zu erfahren, Fragen zu stellen – und, natürlich, um dem neuen Chefdirigenten des Orchesters, Dan Ettinger, einmal bei einer Probe ins Gesicht sehen zu können.

Erst einmal gibt es aber Fakten. Für sie sind der Intendant des Orchesters, Michael Stille, und der Dramaturg Albrecht Dürr zuständig – also der Mann, der (unter anderem) dafür zuständig ist, dass sich die gespielten Werke in den Konzerten zu sinnfälligen Programmen fügen. Man erfährt einiges über die Geschichte des denkmalgeschützten Gebäudes, dessen Fenster und Fassade in den kommenden Jahren erneuert werden sollen; man vernimmt, dass ein kleines Team von nur sieben Angestellten bei den Stuttgarter Philharmonikern von der Orchesterbetreuung bis zum Kartenverkauf den „Laden schmeißt“. 86 feste Stellen hat das 1924 gegründete Orchester, das seit den 70er Jahren städtisch ist, und neben jährlich etwa 80 Konzerten investieren die Musiker viel Zeit und Energie in Vermittlungsarbeit für Kinder, Jugendliche, Familien, auch Erwachsene; hinzu kommt in jüngster Zeit das Engagement auch für Demenzkranke. Interessant am Rande: „Die Orchestermusiker“, sagt Albrecht Dürr, „sind in der Regel die einzigen Angestellten im öffentlichen Dienst, die ihr Arbeitsgerät selbst mitbringen.“

Dann geht es hinauf auf die Empore. Unten sitzt das Orchester, und dem Blondschopf am Pult beim Arbeiten zuzusehen ist das reinste Vergnügen. Dan Ettinger weiß genau, was er will, er hört exzellent, er ist konzentriert und locker zugleich, er kommuniziert – und sorgt mit launigen Zwischenbemerkungen für aufgeräumte Stimmung. Geprobt werden der dritte und zweite Satz jener zehnten Sinfonie, die Dmitri Schostakowitsch in Stalins Todesjahr 1953 komponierte. „Die letzte Achtelnote“, sagt Ettinger einmal, „existiert noch weniger als das, was vorher schon nicht da war. Die Musik ist nur in unserem Kopf!“ Andere Töne klingen ihm „zu happy, zu sehr nach Johann Strauß“. „Mehr genießen“ sollen die Musiker; außerdem sollen sie wach sein und rasch, und das sind sie tatsächlich in einer Weise, die den Feuerkopf am Pult dazu bringt, sich entspannt zurückzulehnen. „Egal“, sagt er, „was das war – es war sehr schön!“

An diesem Montag um 20 Uhr spielen die Philharmoniker unter Dan Ettinger Beethovens Violinkonzert und Schostakowitschs zehnte Sinfonie.