Demo gegen das Fahrverbot am Neckartor: Dass die dortige Messstelle „voll daneben“ ist, wie es auf einem der Plakate heißt, finden auch die Kläger vor dem Verwaltungsgericht Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Zweifel am Sinn des Diesel-Fahrverbots wachsen: Eine Gesundheitsgefahr sei überhaupt nicht erwiesen, meint ein Kläger-Paar aus Stuttgart. Und nicht wenige Lungenärzte geben ihm Recht.

Stuttgart - Gegen das Fahrverbot für ältere Diesel ist in Stuttgart die erste Klage eingereicht worden. Laut einem Sprecher des Verwaltungsgerichts handelt es sich bei den Klägern um ein älteres Ehepaar, das in der Landeshauptstadt wohnt. Es argumentiere zum einen, dass die Standorte der Messstationen nicht korrekt seien. Zum anderen sei die behauptete Gesundheitsgefahr durch Feinstaub und Stickoxid wissenschaftlich überhaupt nicht bewiesen. Laut dem Gerichtssprecher wurde die Klageschrift an die Stadt Stuttgart weitergeleitet. Diese habe nun vier Wochen Zeit zur Stellungnahme.

Seit dem 1. Januar dürfen Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 4 und älter nicht mehr in die Stadt Stuttgart einfahren. Für die Einwohner der Landeshauptstadt tritt das Fahrverbot am 1. April in Kraft. Zudem droht, sollten die Stickoxid-Werte in den nächsten Monaten nicht erheblich sinken, ein Fahrverbot für Euro-5-Diesel – am Neckartor bereits ab September, für das gesamte Stadtgebiet ab dem kommenden Jahr.

Neukauf zumutbar?

Es dürfte nicht die letzte Klage in der Sache sein. Ein Mercedes-Fahrer aus dem Raum Böblingen kündigte gegenüber unserer Zeitung eine weitere Klage an. Sein Antrag auf einen Härtefall war von der Stadt mit der Begründung abgelehnt worden, dass sein Monatseinkommen über 1130 Euro liege und ihm somit der Kauf eines anderen Autos zumutbar sei. Dies wolle er juristisch überprüfen lassen, so der Mercedes Fahrer. Nach dem Pfändungsrecht darf Schuldnern das monatliche Einkommen bis zu einer Grenze von 1130 Euro im Monat gepfändet werden. Diesen Betrag wendet das Landesverkehrsministerium nun auch bei der Härtefallregelung zum Fahrverbot an. Dies wird auch von der IG Metall kritisiert; offenbar haben mehrere Arbeitnehmer in der Metallbranche auch entsprechend begründete Ablehnungsbescheide erhalten. „Dass so etwas die Menschen auf die Palme bringt, ist doch logisch,“ monierte Nadine Boguslawski, Geschäftsführerin der IG Metall Stuttgart, am Mittwoch in einer Mitteilung.

Lungenärzte kritisieren Studien

In einem Positionspapier haben derweil über 100 Lungenärzte die Studien über angebliche Feinstaub- und Stickoxid-Tote kritisiert und eine unabhängige Überprüfung der Grenzwerte gefordert. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP), die eine andere Position vertritt, zeigte sich vom Ausmaß der Kritik überrascht. Klaus Rabe räumte zugleich ein, dass er die Kritik an den von der EU festgelegten Grenzwerten für berechtigt hält. Keiner wisse genau, wie hoch diese sein müssten.