Die Aufführung von „Hänsel und Gretel“ im Stuttgarter Opernhaus. Vermutlich von Herbst 2021 an sieht man sich bei solchen Gelegenheiten wohl im Paketpostamt beim Rosensteinpark. Foto: dpa

Der finale Beschluss des Verwaltungsrats lässt weiter auf sich warten. Dass die Interimsspielstätte von Oper und Ballett ins Paketpostamt kommt, ist aber klar. Alternative Standortideen sind nicht besser, sondern schlechter, meint Josef Schunder im Leitartikel.

Stuttgart - Stuttgarts Oper und Ballett, da gibt es kaum noch Zweifel, werden vorübergehend beim Rosensteinpark ein Zuhause finden, wenn das Opernhaus am Eckensee saniert wird. Definitiv beschlossen wird dies wohl (noch) nicht, wenn heute der Verwaltungsrat der Staatstheater tagt, denn der Bauaufwand ist noch nicht hinreichend exakt beziffert. Zu rechnen ist aber mit der Empfehlung, den Standort vertieft zu prüfen. Den finalen Beschluss darf man im Frühjahr erwarten, denn eine bessere Alternative existiert nicht.

Ein Segen, dass die Debatte endet! Aber nicht, weil es unpassend wäre, ausgiebig über so eine Interimsspielstätte zu diskutieren. Das muss man sogar. Immerhin geht es um einen Bauaufwand von 55 Millionen Euro oder mehr. Das ist viel Geld für Stadt und Land, die auch noch die Opernhaussanierung für etwa 350 Millionen Euro vor sich haben. Jede Million, die man sparen könnte, ist bedeutsam. Natürlich auch die Überlegung, ob man das Geld so ausgeben könnte, dass die Stadt noch Nutzen davon hat, wenn das Ballett längst wieder beim Eckensee tanzt, Papageno und Co. dort wieder zu ihren Arien anheben. Zudem zwingen die städtebaulichen Folgen der Standortwahl zu maximaler Sorgfalt.

Interimsoper am Park ist unvermeidlich

Ein Segen ist das Ende der Debatte, weil sie in der Sache ausgereizt ist und sich zuletzt abenteuerliche bis wahnwitzige Vorstöße häuften. Erst wollten manche Stadträte auf Jahre den Oberen Schlossgarten opfern. Jetzt, da sie dem Plan abschworen, errechnet die FDP-Landtagsabgeordnete Gabriele Reich-Gutjahr für die Intermisoper am Rosensteinpark „gigantische Kosten“ von 85 Millionen Euro. Sie bezieht geschätzte 35 Millionen für den Immobilienkauf ein und unterschlägt, dass er auch für die angepeilte Arrondierung des Parks nach dem Bauende von Stuttgart 21 nötig ist. Zudem hat sie keine Probleme, mit einer anderen Vernichtung von Steuergeldern zu sympathisieren: mit dem Abriss des Königin-Katharina-Stifts, das jüngst teilsaniert wurde.

Dort könnte sich der Architekt Arno Lederer ein neues, dauerhaftes Opernhaus vorstellen, nach dessen Bau dem bisherigen Opernhaus die Rolle eines Konzerthauses zufallen würde. Aber ist der sogenannte Littmann-Bau dafür wirklich geeignet und ein Ersatz für das geplante neue Konzerthaus am Bahnhof? Würden Konzertfreunde ihn akzeptieren? Und die Freunde von Oper und Ballett den Traditionsbruch durch den Neubau? Nein, Lederers Vorschlag weist in die Irre. Und auch alle anderen, die für eine nachhaltige Lösung in der Innenstadt plädierten, blieben brauchbare Ideen schuldig. Jetzt ist die Interimsoper am Park unvermeidlich, um den Fortbestand des weltberühmten Balletts und der vielfach dekorierten Oper sicherzustellen.

Bei Architektenwettbewerben Vorsorge treffen

Natürlich wäre es auch hier wünschenswert, die 55 Millionen würden einen dauerhaften Nutzen ergeben. Deshalb ist man gut beraten, nicht bereits jetzt den Abriss des Paketpostamts im Jahr 2026 oder 2027 zu verkünden – mögen weitere Baukosten für Nachnutzung nach dem Auszug der Oper auch wahrscheinlich sein und mag den Freunden und Gegnern von S 21 auch die Arrondierung des Parkgeländes versprochen sein. Warum sollte nicht ein Schrumpfgebäude mit reduzierter Parkierungsanlage erhalten werden können, falls es doch noch eine gute Nutzung dafür gibt? Das neue Grün könnte drumherum wachsen. Die Verwendung bisheriger Gleisflächen wird im Detail erst noch mit Architektenwettbewerben ausgelotet. Es wäre naheliegend, den Teilnehmern als Variante auch die Erhaltung eines geschrumpften Paketpostamts anheim zu stellen.

josef.schunder@stzn.de