Eine Klasse für sich: der Chor der Staatsoper Foto: Staatsoper Stuttgart/Matthias Baus

Beim Neujahrskonzert der Stuttgarter Staatsoper begeistert der Opernchor das Publikum. Das bereits 13-mal zum „Opernchor des Jahres“ gekürte Ensemble zeigt wieder einmal seine Weltklasse.

Nach dem langsamen Verlöschen der Stimmen in Verdis Gefangenenchor geht ein Raunen durchs Publikum: „Großartig“, „fantastisch“, „besser kann man’s nicht machen“, hört man’s flüstern. Im ausverkauften Neujahrskonzert in der Staatsoper stand diesmal der Chor im Mittelpunkt – bedeutendes Qualitätsaushängeschild des Hauses, mittlerweile bereits 13-mal durch die Fachzeitschrift „Opernwelt“ zum „Opernchor des Jahres“ gewählt und sowieso in so manch einer Produktion der Star des Abends. Entsprechend dem festlichen Anlass standen berühmte Opernchornummern auf dem Programm.

Und am Dirigierpult auf der Bühne präsentierte sich der Chordirektor, der charismatische und locker-flockig durchs Programm führende Manuel Pujol, der sonst ja nicht so sehr im Rampenlicht steht. An der Oper sorgt der Chorleiter dafür, den Chor in das Gesamtgefüge der Opernproduktionen zu integrieren, agiert während der Aufführungen von der Seitenbühne aus, während der Kollege im Orchestergraben die Gesamtleitung hat.

Ein gut gelaunter Chordirektor

Pujol, seit der Saison 2018/19 im Amt, leitete den Abend mit Leidenschaft und guter Laune, der sich auch das Staatsorchester sichtbar anschloss. Die Chemie stimmte. Der Chor hatte sich in zwei Blöcken positioniert, links die lebendig agierenden Damen, rechts die etwas stoisch dastehenden Herren. Es gab an diesem Abend nicht nur stimmlich Gemischtes, sondern auch einige Nummern für Frauen- respektive Herrenchor. Besetzungen, so parlierte Pujol, die ihm besonders am Herzen liegen. Der an diesem Abend mitreißend und schön gesungene „Chor der Landfrauen“ aus Tschaikowskys „Eugen Onegin“ ist ein Stück, das ihn sogar bei der finalen Berufswahl beeinflusst habe, so Pujol, als er es erstmals vor 13 Jahren gehört habe, im Chorprobenraum der Staatsoper, damals noch als Assistent.

Wenn ein Opernchor konzertiert, zeigt sich im Vergleich zu konventionellen Ensembles doch immer ein ganz anderes Bild. Es wird auswendig gesungen, es werden auch stimmlich Individuen verkörpert im Kollektiv, wodurch ebendieser operntypische, farbig so schillernde Chorklang erwächst, der einem auch im Konzert sofort die ganze Oper vor Augen führt. Kopfkino also auch an diesem Abend, wenn etwa der „Einzug der Gäste“ aus Wagners „Tannhäuser“ erklingt.

Absolvierende des Opernstudios singen sich in die Zuhörer-Herzen

Ob „Chor der Priester“ aus Mozarts „Zauberflöte“ oder „Pilgerchor“ samt bombastischem Finale aus Wagners „Tannhäuser“ – ein wahrer Ohren- und Unterhaltungsschmaus. Ein extrem kurzweiliges Konzert, in dem auch zwei Absolvierende des Internationalen Opernstudios der Staatsoper ihren großen Auftritt hatten: der Tenor Ángel Macias, der sich in seiner herzzerreißenden Arie aus Eduard Nápravníks „Dubrovsky“ in die Herzen des Publikums sang, und Shannon Keegan, eine sehr vielseitige Mezzosopranistin, die stimmlich und darstellerisch eine brillante „Habanera“ aus Bizets „Carmen“ performte. Als Zugabe gab’s im Duett den „Feuerstrom der Reben“ aus Johann Strauß’ „Fledermaus“, und das gefühlt gesamte Publikum begab sich in die Standing-Ovation-Position, um „seinen“ Chor zu feiern.