OB Fritz Kuhn hält es für wahrscheinlich, „dass wir nun eine ganze Weile mit einer geschäftsführenden Regierung weiterleben müssen und es danach Neuwahlen gibt“. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Nach dem Ende der Jamaika-Sondierungen wirft Stuttgarts OB Kuhn (Grüne) dem FDP-Chef Lindner vor, dass es dem Liberalen egal sei, wenn Deutschland keine handlungsfähige Regierung habe. Er frage sich, „welche Unreife hinter seinem Verhalten steckt“.

Stuttgart/Berlin - Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) hält das Scheitern der Jamaika-Sondierungen in Berlin für einen „ganz schwarzen Tag für Deutschland“. Europa und die Welt erwarteten eine deutsche Regierung, die handlungsfähig sei: „Aber Herrn Lindner ist das egal.“Schon länger wundere er sich über die Liberalen, die sich zu einem „Lindner-Verein entwickelt haben“. Nun frage er sich, „welche Unreife hinter seinem Verhalten steckt“. Falls es tatsächlich zu Neuwahlen komme, könne er sich „nicht vorstellen, dass die Wähler so ein Verhalten belohnen“.

Kuhn, der von 2000 bis 2002 Bundesvorsitzender der Grünen und von 2005 bis 2009 deren Fraktionschef im Bundestag war, treibt die Sorge um, dass gerade in diesen turbulenten Zeiten eine instabile Bundesregierung nicht den notwendigen Einfluss auf politische Großthemen wie den Brexit, die Katalonienkrise oder etwaige Spannungen mit dem US-Präsidenten Trump nehmen könnte. Eine Minderheiten-Regierung in Berlin sehe er allenfalls als Übergangslösung. „Wir müssen jetzt abwarten, was der Bundespräsident sagt, aber ich halte es für wahrscheinlich, dass wir nun eine ganze Weile mit einer geschäftsführenden Regierung weiterleben müssen und es danach Neuwahlen gibt“, erklärte Kuhn auf Anfrage dieser Zeitung.

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Die Kernthemen der Grünen bleiben

Der eigenen Partei sei dagegen kein Vorwurf zu machen, sagte der erfahrene Grünen-Politiker. Die Union und die Grünen hätten sich stark aufeinander zu bewegt – „obwohl wir weit auseinander waren“. Und die Kernthemen der Grünen seien ja längst nicht abgeräumt: „Den Klimaschutz können wir ja nicht mit dem Scheitern einer Jamaika-Koalition für beendet erklären“, sagte Kuhn.