Haus Martinus in der Olgastraße: Die Caritas kommt hier nur langsam voran Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Kritik von Stadtdekan Christian Hermes an dem seiner Ansicht nach zu schwerfälligen Umgang städtischer Ämter mit Bauanträgen stößt im Rathaus auf Befremden. Oberbürgermeister Fritz Kuhn widerspricht energisch.

Stuttgart - Zwischen den Jahren hatte der für seine pointierten Aussagen bekannte katholische Stadtdekan Christian Hermes im Interview mit unserer Zeitung massive Kritik an den städtischen Genehmigungsverfahren geäußert. Sie dauerten viel zu lange und gefährdeten laut Hermes die Realisierung kirchlicher Projekte wie Kitas oder Altenhilfeeinrichtungen. Wörtlich beklagte der Stadtdekan „einen Mangel an Planungssicherheit, Koordination und Effektivität. Wir laufen bei der Stadt von Pontius zu Pilatus, und es tut sich nichts. So kann’s nicht weitergehen.“

Jetzt reagiert der Oberbürgermeister – kaum weniger pointiert. In einer Stellungnahme vom Dienstag erklärte das grüne Stadtoberhaupt: „Ich weise derlei pauschale Vorwürfe ausdrücklich zurück. Sie helfen weder in der Sache, noch tragen sie dazu bei, konstruktiv an Lösungen zu arbeiten.“ Die städtischen Mitarbeiter seien „gerade bei sozialen Bauvorhaben außerordentlich bemüht, diese im Interesse des Gemeinwohls zu einem zeitnahen und positiven Abschluss zu bringen“. Es sei aber nicht möglich, sich über geltendes Recht hinweg zu setzen: „Auch nicht bei kirchlichen und sozialen Bauvorhaben,“ so Kuhn. Streitpunkt ist unter anderem das Haus Martinus an der Olgastraße, das die Caritas sanieren und umbauen will. Zusätzlich zur Nutzung als Pflegeheim mit einer Kita sollen dort Wohnungen für Senioren entstehen.

„Das Baurecht gilt für alle“

Kuhn dreht in seiner Replik auf Hermes den Spieß um: „Ein wiederkehrenden Thema ist, dass die Bauvorhaben nicht im Einklang mit geltenden Bebauungsplänen stehen, etwas was die Nutzung oder die Größe des Vorhabens betrifft.“ Baurechtsamt und das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung bemühten sich, diese Bauvorhaben dennoch zu ermöglichen. „So wurden gerade mit Blick aufs Allgemeinwohl teilweise umfangreiche Befreiungen zugelassen“, ließ der OB wissen. Diese dürften aber weder den Bebauungsplan noch Nachbarrechte verletzen: „Auch soziale Bauprojekte müssen sich an Recht und Gesetz messen lassen“, betonte Kuhn – eine direkte Reaktion auf die Hermes-Aussage, wonach die Kirche kein Investor sei, „der irgendwelche Hochpreisprojekte hin klatscht, um Rendite rauszuholen“, sondern „soziale Bauvorhaben“ verwirklichen wolle, bei denen man „eine ganz andere Bereitschaft zu konstruktiver und zielgerichteter Zusammenarbeit“ seitens der Stadt erwarte.

Verzögerungen erklärt Kuhn unter anderem mit „komplizierten Bundes- und Landesgesetzen im Baurecht“, die berücksichtigt werden müssten. Gleichzeitig räumte er ein, „dass die Verwaltung immer noch besser werden kann. Daran arbeiten wir stetig.“ So werde das Baurechtsamts zu einem Bauberatungsamt weiterentwickelt.

Der OB verwies in dem Zusammenhang auf das neue Instrument der „Ämterkonferenz“ unter Beteiligung von Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung, Tiefbauamt, Amt für öffentliche Ordnung, Amt für Umweltschutz, Branddirektion, Garten-, Friedhofs- und Forstamt und Baurechtsamt. Diese Konferenz solle dazu dienen, in strittigen Fällen schneller zu entscheiden.

Hermes: Keine pauschale Verwaltungsschelte

An Hermes gewandt regte Kuhn an, „dass sich die Fachleute der städtischen Bau- und Planungsverwaltung mit denen kirchlicher Bauträger zeitnah zusammensetzen, um etwaige Missverständnisse aufzulösen und mögliche Probleme abzuarbeiten“.

Hermes reagierte am Dienstag umgehend: „Ich bin dankbar für die Rückmeldung des OB und freue mich über das Gesprächsangebot und die konstruktive Aufnahme der Kritik, zu der ich weiterhin stehe.“ Aufgrund einer ganzen Reihe von Einzelvorgängen, bei denen es in der ämterübergreifenden Koordination oder im zeitlichen Ablauf mächtig gehakt habe, sei es ihm wichtig gewesen, Veränderungen anzuregen. Nach seiner Wortmeldung hätten sich mehrere Bauträger, vor allem aus dem sozialen Bereich, bei ihm gemeldet und sich für seinen Impuls bedankt.

Der katholische Stadtdekan stellte in seiner Erwiderung klar: „Es geht mir nicht um eine pauschale Verwaltungsschelte. Ich bin dankbar, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung außerordentlich bemüht sind, die vielen Bauprojekte in der Stadt voranzubringen.“ Es gebe da einfach auch „systemische Schwierigkeiten“, meinte Hermes. Deshalb seien die Weiterentwicklung des Baurechtsamtes, die Aufstockung der Stellen und die Einführung der Ämterkonferenz im Rathaus „wichtige und gute Schritte“.