Beschilderungen wie diese existieren in vielen Lieferzonen. Parkt ein Autofahrer im Park- oder Halteverbot, könnte sein Auto sogar abgeschleppt werden. Foto: Archiv

Halteverbote werden von Autofahrern vor allem in Lieferzonen nicht immer als solche erkannt – wie der folgende Fall aus Feuerbach zeigt. Doch stellt ein Fahrer sein Auto auf einer eingezeichneten Parkfläche ab, muss er sich vergewissern, ob er nicht doch ein Verkehrszeichen übersehen hat.

Stuttgarter Norden - „Das kann doch gar nicht sein“, denkt sich Helga Gerlach. Als die 77-jährige Feuerbacherin nach einigen Besorgungen und Einkäufen im Ortskern zurück zu ihrem geparkten VW Golf nahe der Ecke Stuttgarter Straße/Untere Querstraße kommt, klemmt da ein Strafzettel unter dem Scheibenwischer an ihrer Windschutzscheibe. Sie ist sich keines Fehlverhaltens bewusst, steht ihr Auto doch am Straßenrand bei dem dortigen Drogeriemarkt auf einer mit weißen Streifen ausgewiesenen Fläche. „Fährt man die Stuttgarter Straße Richtung Bahnhof und biegt in die Untere Querstraße ein, sind gleich vorne zwei Parkplätze eingezeichnet – und gleich daneben steht ein Parkscheinautomat“, berichtet sie. Sie zieht für 1,40 Euro ein Ticket und legt den Zettel gut sichtbar auf die Armatur. Einen Strafzettel bekommt sie während ihrer Abwesenheit dennoch – 15 Euro fürs Parken im eingeschränkten Halteverbot.

Eine Passantin weist sie auf das entsprechende Schild, das 20 oder 30 Meter vor ihrem abgestellten Fahrzeug aufgestellt ist, hin. Das rot umrandete Verkehrszeichen auf blauem Untergrund ist mit einem dicken roten Balken versehen und lässt eigentlich keinerlei Interpretationsspielraum zu: Darunter steht „werktags 7 – 19 Uhr“. Doch Gerlach meint: Die Beschilderung müsste besser erkennbar sein. Es gebe an der Stuttgarter Straße „nochmal eine Parkbucht mit einem Halteverbotsschild, aber da fährt man darauf zu, das Schild ist gut sichtbar“, sagt Gerlach. „Nicht aber an dieser Stelle vor dem dm-Markt, wo man um die Ecke kommt und die Leute laufen.“

Bereich ist als eingeschränktes Halteverbot gekennzeichnet

Joachim Elser, der Leiter der Stuttgarter Verkehrsüberwachung, sieht das völlig anders: „Deutlicher kann man den Bereich nicht kennzeichnen“, sagt er. Hier gelte nun mal eindeutig ein „eingeschränktes Halteverbot“. Grund ist der gewerbliche Lieferverkehr, der tagsüber Parkfläche zum Ein- und Ausladen der Waren für den Drogeriemarkt benötige, erklärt der Dienststellenleiter beim Amt für öffentliche Ordnung. Ähnliche Bereiche mit wochen- und tageszeitlich begrenzten Parkverbotszonen gibt es in vielen Einkaufszonen. Die Beschilderung soll auch dort dafür sorgen, dass Anlieferer problemlos ihre Waren entladen können.

Laut Paragraf 12 Straßenverkehrsordnung (StVO) gilt für derartige Bereiche: Wer mit seinem Pkw im eingeschränkten Halteverbot länger als drei Minuten hält, parkt dort unrechtmäßig. Und wer nur kurz aussteigt, um Brötchen zu holen oder den Lottozettel abzugeben, verstößt ebenfalls gegen die StVO. „Allein das Verlassen des Autos gilt als Parken“, sagt Elser. Doch offenbar scheint bei einigen Autofahrern dieses Regelwerk in Vergessenheit geraten zu sein. „Wir bekommen pro Tag etwa 70 bis 100 E-Mails“, sagt der Leiter der Verkehrsüberwachung. Oft sind darunter Verkehrssünder, die meinen, ihnen sei zu Unrecht ein Strafzettel verpasst worden.

Viele Autofahrer übersehen, dass sie dort nicht parken dürfen

Auch Helga Gerlach wähnt sich im Recht und schreibt der zuständigen Verkehrsbehörde einen Brief: Den wenigsten Autofahrern falle dieses Verbotsschild beim Einbiegen in die Untere Querstraße auf, argumentiert sie. „Viele wissen nicht, dass sie ihr Auto dort nicht abstellen dürfen.“ Das sei auch kein Wunder: Biege man von der Stuttgarter Straße in die Untere Querstraße rechts ab, müsse man den abgesenkten Gehweg auf dieser Seite der Stuttgarter Straße überqueren. Man passe auf die Fußgänger auf, sehe am rechten Rand den eingezeichneten Parkplatz mit einem Parkscheinautomaten daneben und sei froh, endlich einen Parkplatz gefunden zu haben. „Erstens kommt man bei den Gegebenheiten gar nicht auf die Idee, dass da ein Halteverbotsschild stehen könnte, zweitens muss man ja auf die Fußgänger achten“, schreibt sie im Brief an die Behörde.

Diese Argumentation ist allerdings nach Elsers Auffassung nicht stichhaltig. „Die Stuttgarter Straße ist eine Einbahnstraße, man muss also nicht auf den Gegenverkehr achten und kann in aller Ruhe in die Untere Querstraße abbiegen“, sagt er. Dass das Schild unglücklich und an der falschen Stelle angebracht sei, lässt er ebenfalls nicht gelten. Es stehe nicht direkt an der Straßenecke und sei nach der Einfahrt in die Einbahnstraße für den Autofahrer klar erkennbar.

Aber was ist, wenn der Autofahrer das Schild beim Vorbeifahren trotzdem nicht gesehen hat? Dann gibt es dennoch eine Sorgfaltspflicht, für diejenigen, die dort ihr Auto abstellen. „Laut geltender Rechtsprechung ist es dem parkenden Autofahrer zuzumuten, dass er bis zu 100 Meter zu einem Verkehrszeichen zurückläuft“, sagt Elser.

Auf den Brief von Helga Gerlach meldet sich übrigens nach einiger Zeit eine Mitarbeiterin aus Elsers Behörde und teilt telefonisch mit: Die Beschilderung sei nicht zu beanstanden und korrekt. Die Feuerbacherin sieht dennoch nach wie vor einen Handlungsbedarf der Behörde, was die Beschilderung angeht. Etwas süffisant merkt sie im Brief ans Ordnungsamt an, sie wolle „nicht unterstellen“, dass man seitens der Stadtverwaltung „die Parksituation wohlwollend in Kauf“ nehme. Denn nach wie vor gebe es genügend Autofahrer, die dort ahnungslos ihr Fahrzeug abstellen würden.

Dieses Thema sei bisher noch nicht bei ihm aufgeschlagen, sagt Jochen Heidenwag, Vorsitzender des Gewerbe- und Handelsvereins Feuerbach auf Nachfrage unserer Zeitung. Was den GHV-Vorsitzenden allerdings immer wieder beschäftigt und mehr stört, sei die Tatsache, dass der Bereich mitunter auch wissentlich so zugeparkt werde, dass es zu Behinderungen komme. Sogar auf dem Fußgängerweg und der Einfahrt in die Einbahnstraße werde geparkt, auch auf dem Gehweg der Unteren Querstraße auf der linken Seite vor dem Volksbank-Gebäude.