Der Weilimdorfer Bauer Konrad Ritz ist mit den Gedeihen des Winterweizens zufrieden. „Ob die Ernte gut wird, entscheidet sich aber im Juni oder Juli“, sagt er. Foto: Leonie Hemminger

Durch das kalte, sonnenarme Wetter hinkt die Vegetation einige Wochen hinterher.

Stuttgart - Keine Frage: Der Frühling ist dieses Jahr ein Spätling. Unsereins schlägt das trübe Wetter aufs Gemüt, für die Landwirte im Stuttgarter Norden sind die Auswirkungen noch weitreichender. Denn durch die geringe Zahl an Sonnenstunden, anhaltende Kälte und den wenigen Niederschlag während der vergangenen Wochen hat sich die Aussaat verzögert und es kommt später zur Blüte. „Wir sind mit der Vegetation drei bis vier Wochen hinterdrein“, sagt Konrad Ritz, der Ortsobmann der Weilimdorfer Bauern.

Marco Puckert vom Deutschen Wetterdienst bestätigt, dass in Baden-Württemberg der siebtkälteste März seit Beginn der Wetteraufzeichnung 1952 gemessen wurde. Die Durchschnittstemperatur bei der Wetterstation auf dem Schnarrenberg habe im März 2,4 Grad weniger als normalerweise betragen, und auch im Februar waren es 2,1 Grad weniger. Der Grund war laut Puckert die kalte Polarluft, die bei Nord-Ost-Wind zu uns strömte.

„Es steht alles in den Startlöchern“

Frappierend war auch die Zahl der Sonnenstunden: Im Januar zeigte sich die Sonne in Stuttgart 19,5 Stunden und erreichte damit nur ein Drittel ihrer normalen Scheindauer. Auch im Februar wärmte sie die Erde um 60 Prozent, im März um 10 Prozent weniger als durchschnittlich in diesen Monaten. Der Weilimdorfer Obstbauer Christian Hörnle hat mit seiner Wetterstation seit Jahresbeginn rund 180 Sonnenstunden weniger als im Vorjahreszeitraum gemessen. Er rechnet aber damit, dass die Stachelbeersträucher, die Zwetschgen-, Aprikosen- und Apfelbäume noch in dieser Woche zu blühen beginnen. „Im März war Stillstand. Aber jetzt steht alles in den Startlöchern“, sagt er. Außer auf milde Temperaturen hofft der Obstbauer darauf, dass bald mehr Regen fällt. Noch sei der Boden zwar feucht, doch wenn die Bäume mit dem Austrieb beginnen, sei das Wasser rasch aufgebraucht.

Der Zazenhäuser Bauer Hansjörg Benz hat mit der Saat seiner Kartoffeln, Zuckerrüben und des Sommergetreides am vergangenen Mittwoch begonnen. Rund drei Wochen später als sonst, aber gerade noch rechtzeitig: „In der letzten Woche ist alles angelaufen, was auf Kohlen gelegen hat.“ Hätte die Verzögerung vier bis fünf Wochen betragen, wäre dies nicht mehr aufzuholen gewesen.

Morgens und abends eine Stunde Arbeit mehr

Doch auch die geringe Verspätung bleibt nicht ohne Folgen: Die Landwirte müssen morgens und abends eine Stunde Arbeit dranhängen, um hinterherzukommen. Aber auch der Markt werde die Verspätung spüren, vermutet Benz: „Die Frühkartoffeln werden deutlich später kommen. Dadurch wird natürlich der Preis höher sein.“ Wirklich dramatisch sei die Situation für die Landwirte aber nicht. „Das ist die Natur, da lebt man damit“, lautet sein Credo. Auch der Weilimdorfer Landwirt Konrad Ritz kann mit der Wetterlage leben. „Mal ist alles früher dran, mal später. Die Natur gleicht das wieder aus.“ Vergangenes Jahr sei der Winter mit bis zu minus 20 Grad kälter und damit problematischer gewesen. Alle drei Landwirte sehen in dem lang anhaltenden Winterwetter sogar Vorteile: Die Gefahr, dass nach dem Austrieb oder der Blüte noch ein Frost kommt, ist gering. Außerdem ist der Boden wegen der langen Kälte fein und gut zu bearbeiten. Dass es durch das kalte Klima weniger Schädlinge geben wird, bezeichnet Hörnle hingegen als Aberglaube. „Die wissen sich zu schützen“, sagt er. Das sei auch gut so, schließlich würden sonst auch Nützlinge wie Bienen oder Marienkäfer sterben.

Was die Wetteraussichten betrifft, macht der Deutsche Wetterdienst Hoffnung: „Es wird deutlich milder“, sagt Marco Puckert. Denn zum ersten Mal in diesem Jahr komme die Luft wieder vom Atlantik. Am Sonntag und Montag, so Puckert, könne es sogar mehr als 15 Grad Celsius geben.