Das Doppelhaus von Le Corbusier ist das wohl bekannteste Gebäude der Weißenhofsiedlung. Es gehört bereits der Stadt Stuttgart. Ihr Wohnungsunternehmen SWSG erwirbt den Rest der Siedlung. Foto: dpa

Der Aufsichtsrat des städtischen Wohnungsunternehmens SWSG soll rasch über den Kauf der Bauhaussiedlung und der sogenannten Beamtensiedlung in der Nachbarschaft entscheiden. Dabei ist die Übernahme vom Bund erst zum 1. Januar 2019 vorgesehen. Die Eile hat ihre Gründe.

Stuttgart - Die berühmte Weißenhofsiedlung mit Gebäuden im Bauhausstil und die benachbarte Beamtensiedlung sollen zwar erst Anfang 2019 den Eigentümer wechseln, die Weichen dafür aber werden in wenigen Tagen gestellt. Der Vertrag soll nämlich noch im Oktober notariell beurkundet werden, damit der Verkehrswert nicht noch einmal neu ermittelt werden muss. Der Aufsichtsrat des städtischen Wohnungsunternehmens SWSG werde sich am 15. Oktober damit befassen, teilte die Stadt am Donnerstag mit. OB Fritz Kuhn (Grüne) verkündete in der Pressemitteilung die „Einigung“ mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die die Siedlungen bisher für den Bund verwaltete. Das Ergebnis sei gut.

Der Wert beträgt knapp 17 Millionen Euro

Über den Kaufpreis bewahren beide Seiten Stillschweigen, nach Informationen unserer Zeitung liegt er aber bei knapp 17 Millionen Euro. Dazu soll in den nächsten Jahren ein Sanierungsaufwand von annähernd drei Millionen Euro kommen. Kuhn erklärte, die SWSG sei in der Lage, die Weißenhofsiedlung „nachhaltig zu bewirtschaften“. Nachdem zuletzt Besorgnis unter Mietern der beiden Siedlungen laut geworden war, sagte der OB auch: „Der Stil der Weißenhofsiedlung ist einzigartig und erfährt weltweite Beachtung. Wir wollen sie als Ganzes erhalten.“ Davon würden nicht nur die Mieter profitieren, sondern die ganze Stadt. SWSG-Chef Samir Sidgi beugte Zweifeln an der Eignung des Unternehmens für diese Aufgabe vor. Die SWSG erhalte und bewirtschafte bereits andere Bauhaus-Großsiedlungen nach den Regeln des Denkmalschutzes. Das Bima-Vorstandsmitglied Paul Johannes Fietz wird mit der Äußerung zitiert, Weißenhof- und Beamtensiedlung blieben weiterhin Heimat für Angehörige des öffentlichen Dienstes. Tatsächlich ist nach Informationen unserer Zeitung vereinbart, dass die Bima noch 30 Jahre frei werdende Wohnungen mit Bediensteten des Bundes belegen darf. Es sollen aber marktübliche Mietpreise möglich sein. Zudem soll die SWSG die nach dem Gesetz möglichen Mieterhöhungen realisieren können. Die bestehenden Mietverhältnisse werden übernommen und unterliegen dem gesetzlichen Mieterschutz.

Zum Verkauf kommen 87 Wohnungen

Bei dem Handel geht es um 37 Gebäude mit 87 Wohnungen (6400 Quadratmeter Wohnfläche) und zwei Gewerbeeinheiten. 13 Häuser stehen unter Denkmalschutz, darunter zwei vom Reißbrett des berühmten Architekten Le Corbusier, die von der Unesco zum Teil des Weltkulturerbes erklärt wurden. Die Siedlung insgesamt steht auch noch unter Ensembleschutz.

Die Weißenhofsiedlung gilt als „Ikone der Moderne“. Daran erinnerte am Donnerstag noch einmal die Architektenkammer Baden-Württemberg. In einer Stellungnahme begrüßte sie den bevorstehenden Kauf durch die SWSG ausdrücklich. Das Unternehmen habe bewiesen, dass es mit Baudenkmälern kompetent umgehe. Die Stadt habe auf den fachgerechten Erhalt künftig viel mehr Einfluss, allerdings müsse sie 2019 auch angemessene finanzielle Mittel für die weitere Instandhaltung zur Verfügung stellten. Der Zeitpunkt für die Übernahme erscheine ideal, weil die geplane IBA den 100. Geburtstag dieser Siedlung feiern werde. Für die Mieterschaft, meint die Architektenkammer, werde sich der Eigentumswechsel auch als Vorteil erweisen, weil sich ihre Ansprechpartner nicht mehr „im fernen Bonn“, dem Standort der Bima, befänden.