Spielen statt Langeweile in den Geschäften: Die Kinder haben es genossen. Foto: Sybille Neth

Einkaufen ohne nörgelnde Kinder ist im Einkaufscenter Gerber in Stuttgart nicht mehr möglich: Die Kindersuite muss raus. Die Mitarbeiterinnen sind gekündigt – doch jetzt versucht der Investor einzulenken.

Stuttgart - Die Kindersuite im Gerber bleibt geschlossen, auch wenn mit den Infotafeln in den Aufzügen der Mall noch auf die Kinderbetreuung im Erdgeschoss hingewiesen wird. Drei Jahre lang konnten Eltern ihre Kinder während des Einkaufs dort gegen eine Gebühr zwischen drei und zwölf Euro pro Stunde abgeben. Die Betreuung in der Kindersuite bis abends um 19.30 Uhr war nicht ans Shoppen gebunden. Der Nachwuchs konnte hier auch spielen, wenn die Mutter einen Termin beim Facharzt hatte oder sonstige wichtige Verpflichtungen wahrnehmen musste, wenn die Kita längst geschlossen war. Samstags tobten viele Kinder aus dem Umland in der Ritterburg und in den Spielecken.

Kündigung während der Sommerpause

Andjelka Lehmann eröffnete die Kindersuite im Juni 2016. Seither hat sie das Angebot laufend erweitert, viele Kinder kamen regelmäßig wegen Kreativprogrammen, die Partnerorganisationen hier angeboten haben. Mitte August verabschiedete sich Lehmann in die Ferien. Die Kindersuite und die ebenfalls von ihr betriebene Kita im Bohnenviertel machten Sommerpause. Am Montag, 9. September, ging der normale Betrieb wieder los, doch Lehmann traute ihren Augen nicht, als sie aus dem Briefkasten der Kita die Kündigung für die Geber-Kindersuite fischte. Die Württembergische Lebensversicherung AG als Eigentümerin des Gebäudekomplexes hatte sie ausgesprochen. Vor der Sommerpause hatte Lehmann noch mit dem Centermanagement wegen des Umzugs in den ersten Stock verhandelt.

Umzug ins frühere Modegeschäft

„Es war immer klar, dass wir innerhalb des Hauses umziehen werden“, berichtet sie. Im ersten Stock hätte sie sich vergrößert, aber es wären auch Investitionen notwendig gewesen, um das ehemalige Bekleidungsgeschäft kindgerecht zu gestalten – angefangen beim Einbau einer Toilette. „42 000 Euro hätte das gekostet“, rechnet sie vor. Geld, das sie aufbringen wollte, aber nur unter der Bedingung, dass sie einen Mietvertrag über zehn Jahre erhält. Bisher hatte sie einen Vertrag mit monatlicher Kündigungsfrist und bezahlte keine Miete, weil die Kindersuite Bestandteil des Serviceangebots im Gerber war. Während der Verhandlungen über den Umzug und die Frage der Investitionen dafür habe man sich jedoch entzweit, ist von der Gegenseite zu hören.

Neues Konzept für die Mall

Tatsächlich ist im Gerber vieles im Umbruch: Das Centermanagement wechselt seit der Eröffnung 2014 am 1. Oktober zum vierten Mal. Es wir laufend am Konzept gefeilt und die Württembergische Lebensversicherung AG macht kein Hehl daraus, dass ihre Erwartungen beim Textileinzelhandel nicht erfüllt werden. Deshalb wolle man bei den insgesamt 80 Ladengeschäften künftig verstärkt auf inhabergeführte Geschäfte setzen und auf solche, die Dinge jenseits vom großen Einheitsallerlei anbieten, heißt es in einer Stellungnahme. In diesem Zusammenhang stehen die Flächen auf der ersten Etage im Blickpunkt – dort, wo Sommer noch der neue Platz für die Kindersuite eingerichtet werden sollte.

Gesprächsangebot kommt zu spät

„Wir sind jetzt der 13. Leerstand im Haus“, sagt Lehmann bitter. „Wenn es wenigstens einen Nachmieter geben würde.“ Ein Grund für die Kündigung wurde ihr bis dato nicht genannt. Bis 30. September muss sie ausziehen und das Mobiliar einlagern. Ihren acht pädagogischen Mitarbeiterinnen hat sie gekündigt. Den Partnerorganisationen, die für das Programm sorgten, sagte sie ab. Auch die Kindergeburtstage, die im Oktober gefeiert werden sollten, wurden abgeblasen. Lehmann möchte ihr Konzept jedoch weiterhin zentral in der Stadt anbieten: „Räume zu finden, ist sehr schwierig.“

Nachdem sie unter dem Druck des Auszugstermins zum Monatsende die Weichen gestellt hat, erhielt sie am 23. September ein neues Verhandlungsangebot vom Eigentümer: In der zweiten Oktoberwoche könne man sich zu einem weiteren Gespräch treffen. Das Angebot lautet: Die Kinderbetreuung könne bis Ende des Jahres in den bisherigen Räumen bleiben. Lehmann ist darüber verärgert: „Was soll ich im Oktober noch damit? Ich muss zum 30. September raus und das Team ist schon entlassen.“