Kinderarzt Özgür Dogan rät Eltern, immer auf den allgemeinen Zustand des Kindes zu schauen. Foto: Lichtgut//Max Kovalenko

Starke Rotznase und auch noch Husten – kann das Kind so in die Kita? Diese Frage beantworten nicht nur Eltern, sondern auch Kitaleitungen sehr unterschiedlich. Was aber ist richtig? Ein Stuttgarter Kinderarzt gibt Antworten darauf.

Welche Eltern kennen das nicht: Das Kind hat in der kalten Jahreszeit mal wieder Husten und Schnupfen, und man fragt sich, ob man den Nachwuchs in die Kita schicken kann – oder besser nicht. Özgür Dogan, der zum Team der Ombudsleute der Stuttgarter Kinderärzte gehört, gibt Antworten darauf.

 

Wie viel Infekt ist normal?

Özgür Dogan sagt, es sei wichtig, „zwischen kranken und infektiösen Kindern zu unterscheiden“. Dabei vertritt der Kinder- und Jugendarzt – der selbst drei kleine Kinder hat, das älteste ist fünf – eine „pragmatische“ Haltung. Während der Infektionssaison hätten manche und vor allem kleine Kinder „nahezu ununterbrochen leichte Symptome wie Schnupfen oder Husten, ohne dabei wirklich beeinträchtigt zu sein“. Manche Eltern seien deshalb besorgt, andere hielten dies für „ein Zeichen der Robustheit“. So sei es „normal, dass ein sonst gesundes Kind im Kitaalter im Jahr bis zu zehn fieberhafte Infekte durchmacht“, sagt der Kinderarzt. Diese gingen mitunter „nahtlos ineinander über“. In der Regel handele es sich dabei „um banale Virusinfekte“.

Die häufigsten Symptome:

  • Fieber
  • Ausschlag
  • Husten
  • Schnupfen
  • Ohrenschmerzen
  • Halsschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Bauchschmerzen

Wann ist ein Kind krank?

Ob ein Kind krank ist, hänge davon ab, „ob es Fieber hat oder sein Allgemeinzustand nicht gut ist“, sagt der Pädiater. Beim Thema Fieber hat Özgür Dogan eine klare Haltung: Fieber habe ein Kind ab einer Körpertemperatur von 38,5 Grad, alles darunter sei „erhöhte Temperatur“. Entscheidend für den Kinder- und Jugendarzt ist dabei „der Allgemeinzustand“ des Kindes. Selbst wenn die Kinder erhöhte Temperatur sowie Husten und Schnupfen haben, „aber sonst quicklebendig sind“, müssten diese nicht angeschlagen und krank sein. „Sonst wären meine Kinder dauerkrank“, betont der Vater.

Wann sollte ein Kind daheimbleiben und nicht in die Kita gehen?

Daheim behalten sollte man die Kinder nicht nur bei Fieber, sondern wenn der Allgemeinzustand auch ohne Fieber schlecht ist. Diesen Zustand beschreibt der Pädiater so: „Wenn das Kind sich nicht wohlfühlt, sehr anhänglich ist, keinen Spaß an Aktivitäten hat, eher auf den Schoß und kuscheln will, dann gehört es nach Hause“, erklärt Özgür Dogan. Der reine Wert der Körpertemperatur ist für den Kinderarzt nicht ausschlaggebend. Auch ein Kind mit einer Temperatur von 37,9 Grad könne schlapp und in einem schlechten Allgemeinzustand sein. Ein anderes sei noch mit 38,4 Grad fit und könne in die Kita geschickt werden. Wobei wichtig sei, dass die Kinder „ohne Medikamente fit sind“. Auch die Frage, ob ein Kind für andere ansteckend sein könnte, ist für den Mediziner nicht entscheidend. Rotznase und Husten gehörten zur „Normalversion eines Kindes im Winter. Kitakinder sind da immer ansteckend“, macht der Pädiater deutlich.

Wann kann das Kind nach einer Krankheit wieder in die Kita?

Wenn ein Kind Fieber hatte, gilt die Formel: „Das Kind sollte 24 Stunden ohne Fieber sein“, erklärt Özgür Dogan. Und die Eltern sollten „einen Tag das Gefühl haben: So hätten sie das Kind doch in die Kita schicken können“. Dabei sei „egal“, ob das Kind immer noch eine Rotznase oder Husten habe. Der vorhin beschriebene Allgemeinzustand als zentrales Kriterium sollte entsprechend auch wieder gut sein.

Was tun, wenn die Kita anderer Ansicht ist?

Es komme „sehr häufig vor“, erzählt Dogan, dass sich Eltern meldeten, weil die Kita ein infektiöses Kind nicht aufnehmen wolle. Für die Einschätzung solcher Fälle gelten die oben beschriebenen Kriterien. Wobei hier für den Kinderarzt das Urteil der Eltern, ob das Kind fit ist, wesentlich ist. Allerdings stellt er diesen wie seine Kolleginnen und Kollegen in Stuttgart dennoch keine Bescheinigung aus, dass ihr Nachwuchs nicht ansteckend sei, da Kitakinder in dieser Jahreszeit eben häufig ansteckend seien. Zwar habe er in manchen Fällen, als Kinder abgewiesen wurden, auch schon „mit Kitaleitungen gesprochen und die haben ihr Vorgehen geändert“, sagt Özgür Dogan. Aber grundsätzlich findet der Pädiater, sollte eine Übereinstimmung zwischen Kita und Eltern nach den genannten Kriterien möglich sein und Konflikte „nicht auf den Kinderarzt abgewälzt werden“. Diese Rolle halte er nicht für sinnvoll. Nach dem Ende der Coronapandemie sollten alle Beteiligten mit „banalen Infekten“ wieder offener umgehen. Özgür Dogan plädiert für einen „Mittelweg“ mit der Maßgabe, Kindern solle „Teilnahme ermöglicht werden, sie sollten Freude haben und wenig ausgeschlossen sein“.

Dieser Text erschien erstmals am 23. Oktober 2024.