Nicht zu fassen: Kickers-Kapitän Enzo Marchese verschießt schon wieder einen Elfmeter. Foto: Baumann

Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers hat vor dem Spitzenspiel an diesem Mittwoch gegen Dynamo Dresden zwei Punkte verschenkt: Beim SV Wehen Wiesbaden reicht es nur zu einem 3:3 – auch weil Kapitän Enzo Marchese per Elfmeter die Chance zum 4:1 vergibt.

Wiesbaden - Der Trainer wusste es. Der Sportdirektor wusste es. Die Spieler wussten es. Jeder wusste es. Wenn der Elfmeter von Enzo Marchese in der 66. Minute reingeht, steht es 4:1 für die Kickers, und der Sieg beim SV Wehen Wiesbaden ist nach menschlichem Ermessen sicher. Doch der Kapitän scheiterte am klasse reagierenden Torwart Markus Kolke – der zweite Elfer-Fehlschuss in Serie von Marchese. „Das ist natürlich ärgerlich“, sagte Kickers-Trainer Horst Steffen leicht angesäuert, „aber auch eine 3:1-Führung muss zum Sieg reichen.“

Die Blauen spielen nicht sauber und konsequent zu Ende

Tat sie aber nicht. Weil die Blauen die Partie nicht sauber und konsequent zu Ende spielten. Sondern lässig und schlampig. Auch der bisher so starke Innenverteidiger Manuel Bihr erwischte nicht seinen besten Tag. „Wir müssen uns in jedem Spiel bis zur letzten Sekunden strecken, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen“, betonte Steffen. Zeyer ergänzte: „Eine Unaufmerksamkeit reicht, und es wird wieder eng. Wir müssen jedes Spiel 100 Prozent konzentriert zu Ende bringen“, sagte der Sportdirektor, der sich an das 3:3 (nach 3:0-Führung) gegen den 1. FC Heidenheim erinnert fühlte.

Das war im März 2014. Inzwischen sollten die Blauen reifer und abgebrühter sein. Ähnlich wie Dynamo Dresden. Der souveräne Tabellenführer hat zum wiederholten Mal einen Last-Minute-Erfolg gelandet – diesmal 2:1 gegen den VfL Osnabrück. Fehlt diese Abgezocktheit den Blauen noch zu einer Spitzenmannschaft? Macht sie den Unterschied aus? Steffen wollte davon nichts wissen: „Nein, bei den Dynamo-Siegen war auch Glück dabei.“ Und Zeyer sagte fast trotzig: „Wir sind eine Spitzenmannschaft. Das haben wir in Wiesbaden gezeigt.“ Aber eben nur bis zur 70. Minute. Bis dahin hatten die Blauen abgesehen vom Gegentor durch Luca Schnellbacher (27.) alles im Griff. Sie hatten das Spiel kontrolliert und den Gegner dominiert. Folge waren die Tore von Sandrino Braun (18./drittes Saisontor), Lhadji Badiane (42.) und Erich Berko (57.), der bereits seinen vierten Saisontreffer erzielte (allesamt auswärts). Danach folgte die Elfmeter-Niete, eine Kette an Fehlern, die das 2:3 durch Marco Lorenz (72.) und das 3:3 in der Nachspielzeit durch Saer Sene zur Folge hatten. Danach pfiff der Schiri gar nicht mehr an.

Marchese wird auch den nächsten Elfer schießen

Bleiben einige Fragen vor dem Heimspiel an diesem Mittwoch gegen Dresden.

Würde Enzo Marchese bei einem Strafstoß erneut antreten? Klare Antwort von Coach Steffen: „Ja, Enzo würde beim nächsten Elfmeter wieder schießen.“ Und der Kapitän hat das Selbstvertrauen dazu: „Ich nehme die zwei verlorenen Punkte auf meine Kappe, aber ich werde weiter schießen.“

Bleibt Rouven Sattelmaier zwischen den Pfosten, obwohl der vor dem 2:3 nicht entschlossen genug rauskam, ansonsten aber einige starke Paraden zeigte? Steffens Antwort: „Ja, Rouven wird weiter im Tor stehen. In der Summe der Spiele hat er überzeugt.“

Wer ersetzt Braun, der im neunten Saisonspiel bereits seine fünfte Gelbe Karte sah? Hier legt sich der Trainer wie immer nicht fest. Wahrscheinlichste Variante: Edisson Jordanov übernimmt die Position im halblinken Mittelfeld. Steffen könnte auch Gerrit Müller zurückziehen und Elia Soriano von Beginn an ins Sturmzentrum beordern.

Und: Wie viele Zuschauer kommen? „Mindestens 7000“, sagt Zeyer. Sie wollen sehen, ob sich die Blauen gegen den Spitzenreiter als Spitzenmannschaft präsentieren.