Dauerkandidat Horst Steffen: Wo ein Trainerstuhl wackelt, ist der Kickers-Coach als Nachfolger im Gespräch Foto: Baumann

Beim Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers sind sich alle einig: Es ist dringend nötig, dass Trainer Horst Steffen ein klares Bekenntnis abgibt, zumindest bis zum Saisonende bei den Blauen zu bleiben.

Stuttgart - Es hatte vergangene Saison mit der Anfrage von Fortuna Düsseldorf begonnen. Es setzte sich fort mit den Spekulationen über die Nachfolge von Lucien Favre bei Borussia Mönchengladbach, dann kursierte der Name von Horst Steffen beim MSV Duisburg und bei 1860 München. Fast egal, wo ein Trainer wackelt und ein Nachfolger gesucht wird: Der Kickers-Coach ist in der Verlosung mit dabei. Das bringt Unruhe in den eigenen Verein und in die ohnehin verunsicherte Mannschaft. Nicht nur der Aufsichtsratschef Christian Dinkelacker forderte deshalb: „Herr Steffen, bitte positionieren Sie sich.“

Vom Trainer wird im Laufe dieser Woche ein Signal erwartet. Und zwar in Form eines klaren Bekenntnisses, zumindest bis zum Saisonende zu bleiben und alles dafür zu tun, die sportlichen Ziele zu erreichen. Der zweite Schritt wäre dann die Vertragsverlängerung über den 30. Juni 2016 hinaus. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Der Verein akzeptiert eine Ausstiegsklausel oder er vertagt sich mit Steffen und wartet nach zuletzt vier Spielen ohne Sieg erst einmal die weitere sportliche Entwicklung ab. Sportdirektor Michael Zeyer sagt nur so viel: „Wir müssen uns schnell aufs Wesentliche konzentrieren.“ Horst Steffen war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die ungewisse Situation um den Trainer ist mit Sicherheit nicht der einzige Grund für die Krise, nur kommt die Unruhe in der kniffligen Situation eben erschwerend hinzu. Die weiteren Aspekte:

Personalpolitik: Trainer und Sportdirektor haben seit ihrem Amtsantritt klasse Arbeit geleistet. Spieler auf dem Abstellgleis oder Arbeitslose, die keiner mehr so richtig auf der Rechnung hatte, schlugen bei den Kickers prima ein. Inzwischen mehren sich die Stimmen, dass die Balance zwischen Offensive und Defensive nicht mehr optimal passt. Zu vielen „Schönspielern“ stehen zu wenig Typen fürs Grobe gegenüber. Dabei lehrt gerade in der dritten Liga die Erfahrung: Aufgestiegen sind die Teams, mit der kompaktesten Abwehr. „Ich hätte auch gerne eine Kante für die Defensive. Aber wenn der auch noch Fußball spielen kann, dann spielt er in der Bundesliga“, sagt Zeyer mit Blick aufs Budget und die Spielweise der Kickers.

Wie eng die Personaldecke im hinteren Bereich ist, zeigt sich vor dem WFV-Pokal-Achtelfinalspiel an diesem Samstag (15.30 Uhr) bei Verbandsligist TSG Backnang: Nach der Verletzung von Manuel Bihr – er fällt mit einer Sprunggelenksverletzung drei Wochen aus – stehen fürs Abwehrzentrum nur Marc Stein und Hendrik Starostzik zur Verfügung. Marco Gaiser kam zuletzt in der zweiten Mannschaft wegen einer Muskelverhärtung nicht zum Einsatz. Erschwerend hinzu kommt: Auch die Außenverteidiger Fabio Leutenecker und Fabian Baumgärtel haben ihre Stärken eher in der Offensive, und die Stürmer vor ihnen verrichten nicht die Laufarbeit wie dies zum Beispiel der seit Monaten verletzte Marco Calamita tat. Außerdem sorgen beide Torhüter bisher nicht für die nötige Stabilität. Da die Kickers hoch verteidigen, wäre der mitspielende Carl Klaus eigentlich der richtige Mann. Doch der 21-Jährige dürfte nach seinen beiden Roten Karten einiges von seiner Unbekümmertheit eingebüßt haben.

Spielweise: Es würde wenig Sinn ergeben, wenn die Blauen ihr 4-3-3-System , das sie stark gemacht hat, ändern würden. Doch etwas später zu attackieren, einen Tick defensiver zu stehen, dadurch die Räume enger zu machen und die Kompaktheit zu erhöhen, wäre eine Möglichkeit.

Zu wenig Häuptlinge: Enzo Marchese (32) ist körperlich am Limit. Dem immer wieder angeschlagenen Kapitän fehlt die Spritzigkeit und das Tempo. Jetzt zwingt ihn eine Muskelverletzung zu einer zweiwöchigen Pause. Ohne den unumstrittenen Chef wirken die Blauen kopflos, ohne Struktur. Starostzik ist noch ein Typ, der die Mitspieler pusht. Ansonsten bringt keiner Führungsqualitäten mit. Auffallend: Die Kickers dominieren ihre Gegner nicht mehr wie in der vergangenen Saison. Das liegt auch am Abgang von Besar Halimi: Er war von den Gegner oft nur durch Fouls zu bremsen. Von seiner Ruhe, seiner Ballsicherheit und seinen überraschenden Dribblings profitierte die ganze Mannschaft – vor allem aber auch Marchese: Ihm fehlt bei der Spieleröffnung die wichtigste Anspielstation.