Fällt nach einem Schlüsselbeinbruch acht Wochen aus: Bentley Baxter Bahn. Foto: Baumann

Von 36 möglichen Punkten hat Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers aus den vergangenen zwölf Spielen nur zwei geholt. Auch beim 1:3 Köln, der vierten Partie unter dem neuen Trainer Tomislav Stipic, deutete nichts auf ein Ende der Dauerkrise hin.

Köln - In solchen Situationen kommt eines zum anderen: Sechs Stammkräfte fehlten den Blauen in Köln ohnehin, nach 20 Minuten brach sich Bentley Baxter Bahn das Schlüsselbein. Der Mittelfeldspieler wurde bereits operiert und fällt bis zu acht Wochen aus. Zu allem Überfluss musste Enzo Marchese das Training am Sonntag abbrechen – Verdacht auf Muskelfaserriss in der Wade.

Das volle Lazarett ist bitter, rechtfertigt aber keineswegs den Auftritt beim 1:3 (0:2) bei Fortuna Köln. Zweikampfschwach, halbherzig, weitgehend leidenschaftslos präsentierte sich der Großteil der Mannschaft. Torwart Carl Klaus leistete sich wieder eine Kamikaze-Aktion im Strafraum, der Freistoßtreffer zum 0:2 ging ins Torwart- eck und so auf die Kappe des 21-Jährigen. Schwer vorstellbar, dass ihm Stipic weiter das Vertrauen schenkt. Überhaupt zieht sich die fehlende Stabilität im Torwartbereich wie ein roter Faden durch die Saison. Genauso wie das dilettantische Verhalten bei Gegentreffern und die mangelnde Torgefahr.

Lorz: „Die Lage ist katastrophal“

„Wir brauchen nichts schönzureden, die Lage ist katastrophal“, sagte Präsident Rainer Lorz vor dem letzten Spiel 2015 an diesem Freitag (19 Uhr/Gazistadion) gegen den VfL Osnabrück. Den Blauen bleibt nichts anderes übrig, als sich in die Winterpause zu retten. „Spätestens dann müssen wir den Schalter umlegen und eine andere Mentalität zeigen“, fordern Lorz und Stipic unisono. Ein torgefährlicher Mittelfeldspieler und ein erfahrener Defensivmann sollen helfen.

Das Problem: Bei vielen schwindet der Glaube, dass die Wende gelingt. Auch unter Berücksichtigung der erschwerten Bedingungen: Eine klare Handschrift ist unter dem neuen Coach nur schwer zu erkennen. Seine mit viel Pathos versehenen Aussagen fliegen ihm im Zuge des Misserfolgs als Sprüche und Phrasen um die Ohren. Bei den hitzigen Diskussionen nach dem Spiel in Köln mit den aufgebrachten Fans („Wir sind Kickers und ihr nicht“) am Mannschaftsbus sprach Stipic von seinem „blauen Herz“ – nach fünf Wochen Amtszeit.

Präsident lehnt erneute Trainerdiskussion komplett ab

„Eine erneute Trainerdiskussion mache ich nicht mit“, stellte Lorz unmissverständlich klar, „damit würde man doch nur der Mannschaft ein Alibi geben.“ Einer Mannschaft, in der nicht wenige am liebsten das Trainerduo Horst Steffen/Sreto Ristic zurück hätten. Ein solcher Vorgang, wie er im vergangenen Jahr unter anderen Voraussetzungen bei der SG Sonnenhof Großaspach mit Rüdiger Rehm über die Bühne ging, ist jedoch nicht mehr als Theorie.

Dass Sportdirektor Michael Zeyer den neuen Trainer „null komma null“ in Frage stellt“ überrascht nicht. Sein Schicksal ist praktisch mit dem von Stipic verknüpft. „Was Tommy Stipic sagt und macht ist substanziell“, lobt er den gebürtigen Bosnier – und setzt sogar noch einen drauf: „Ich hätte eine Riesenangst in unserer Lage, wenn wir keinen so guten Trainer hätten.“ Auch Zeyer selbst, der lange Zeit so erfolgreiche Arbeit leistete, steht in der Kritik. Nicht nur wegen der Personalpolitik. Plötzlich wird hinterfragt, ob sein Zweitjob als Restaurant-Geschäftsführer nicht zu viel Energie beansprucht, die dann bei der Fokussierung auf die schwierige Lage bei den Kickers fehlt. Lorz hält entgegen: „So etwas behaupten die selben Leute, die im Erfolgsfall den etwas anderen Kickers-Sportdirektor lobten. Michael Zeyer bringt vollen Einsatz.“ An diesem Montag beobachtet er zum Beispiel die Partie HSV II – FC St. Pauli II. Zeyer bringt die Lage realistisch auf den Punkt: „Dich rettet nicht viel, außer zu gewinnen.“