Gerrit Müller: Feine Technik. Foto: Pressefoto Baumann

Stuttgarter-Kickers-Neuzugang Gerrit Müller will nach vielen Verletzungen noch einmal angreifen. Er ist ein Stehaufmännchen.

Stuttgart - Ewiges Talent? Die Mundwinkel bei Gerrit Müller gehen nach unten. „Als das habe ich mich nie gesehen“, sagt der Neuzugang von Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers. Doch genau dieses Image haftet an dem früheren Jugendspieler des VfB Stuttgart und Ex-U-20-Nationspieler wie das Harz am Handball. Auch noch im Alter von 29 Jahren. Der Offensivmann kann dies nicht verstehen: „Bei Dynamo Dresden habe ich doch gezeigt, was ich kann.“ Von 2008 an hatte er dort nach den Stationen KSC und SF Siegen in der Tat eine erfolgreiche Zeit. Er machte 85 Drittligaspiele (acht Tore). Bis er sich im Mai 2011 im Relegationsspiel zur zweiten Liga gegen Osnabrück das Kreuzband riss. Zum zweiten Mal.

Dresden stieg auf. Müller tauchte ab. Zwangsläufig. Aber das Stehaufmännchen kam wieder. Wie so oft in seiner Karriere, die von weiteren, wenn auch nicht ganz so schlimmen, Verletzungen geprägt war. Im August 2012 heuerte er bei Drittligist 1. FC Heidenheim an. Doch sein Vertrag wurde nach 14 Einsätzen nicht verlängert. Nach Wochen der Arbeitslosigkeit, zahlreichen Fitnesseinheiten in der VfB-Rehawelt und diversen Trainingsaufenthalten, wie etwa bei den Drittligisten Darmstadt 98 und SV Elversberg, fand Müller in den Stuttgarter Kickers einen neuen Club. Die Freigabe ist da. Jetzt fiebert er seinem ersten Auftritt an diesem Samstag (14 Uhr/Gazistadion) gegen den Halleschen FC entgegen. Ein Lächeln blitzt auf. „Für mich sind die Kickers ein Neuanfang. Ich bin heiß“, betont Müller. Im Kader wird er auf alle Fälle stehen. Möglicherweise kommt er für den verletzten Kapitän Enzo Marchese sogar von Beginn an zum Einsatz. „Gerrit ist in einem wirklich guten Fitnesszustand“, sagt Kickers-Trainer Horst Steffen. Müller selbst sieht sich bei „85 Prozent“ angekommen.

Früher, beim VfB, ergänzte sich Müller ideal mit Mario Gomez

100 Prozent körperliches Wohlbefinden erreichte er in seiner Laufbahn zu selten. „Ansonsten würde Gerrit bestimmt weiter oben spielen“, vermutet sein ehemaliger Heidenheimer Trainer Frank Schmidt. Müller ist kreativ. Er kann den Ball dank seiner brillanten Technik auf engstem Raum behaupten, Haken schlagen, beidfüßig dribbeln und schießen. Dass er bisweilen etwas zu verspielt ist und darunter der direkte Zug zum Tor leidet, hat er mit vielen vom Typ Straßenfußballer gemeinsam.

Früher, beim VfB, ergänzte sich Müller ideal mit Mario Gomez. Sie schossen als Sturmduo den VfB 2003 zur deutschen A-Jugend-Meisterschaft. Danach entwickelte sich Gomez zu einem Star der Branche, Müller blieb der Durchbruch versagt. Schlaflose Nächte hat der gebürtige Schwetzinger deshalb nicht. „Ich bin sehr stolz darauf, dass ich immer noch Fußball spiele“, sagt Müller. Es spricht für seine Willenskraft, dass er sich von Rückschlägen nie unterkriegen ließ. Seine Frau Daniela half ihm dabei, seine ganze Familie unterstützte ihn. „Aber am meisten habe ich mich immer wieder selbst motiviert. Dies ist meine große Stärke“, betont er.

Jetzt will er es bei den Kickers noch einmal wissen. Sein Ziel: „Erst mal mit der Mannschaft aus dem Tabellenkeller rauskommen und natürlich fit bleiben.“ Und das Etikett vom „ewigen Talent“? Es abzuheften – dabei will ihm Trainer Steffen helfen. „Vielleicht schaffen wir es ja bei den Kickers, dass Gerrit aus dieser Schublade rauskommt.“ Am Ehrgeiz des Spielers wird es nicht scheitern.