Ergänzen sich bei den Kickers bestens: Trainer Horst Steffen (li.), Sportdirektor Michael Zeyer Foto: Baumann

Sportdirektor Michael Zeyer und Trainer Horst Steffen sind unterschiedliche Charaktere, doch sie ergänzen sich sehr gut – und gemeinsam sind sie der Schlüssel für die Erfolge des Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers. „Wir wollen auch künftig aus den vorhandenen Möglichkeiten mehr machen als andere“, sagt Zeyer.

Stuttgart - Meine Herren, haben Sie Ihre Weihnachtsgeschenke schon beisammen?

Steffen: Es sieht ganz gut aus.

Zeyer: Ich brauche keine. Meine Frau kauft alles selbst. Nein, im Ernst: Vor allem für die Kinder in der Verwandtschaft gibt es schon etwas.
Auf Ihrem persönlichen Wunschzettel dürfte ein Stürmer ganz weit oben stehen.
Steffen: Der Kreuzbandriss von Elia Soriano trifft uns sehr hart. Natürlich überlegen wir, ob wir jemanden dazuholen, denn vorne sind wir etwas dünn besetzt. Außerdem könnten ja auch weitere Verletzungen oder Sperren von Spielern dazukommen.
Zeyer: Ich habe vom Präsidium den Auftrag, Vorschläge für einen Neuzugang zu machen. Zumal wir ja auch nicht wissen, wie schnell Daniel Engelbrecht für 90 Minuten fit wird.
Wie sieht das Anforderungsprofil aus, und wie schwierig ist es, in der Winterpause einen Ersatz zu bekommen?
Steffen: Wir suchen einen ähnlichen Typ wie Elia, am liebsten einen zentralen Stürmer, der uns auch längerfristig weiterbringt.
Zeyer: Im Winter den Richtigen zu bekommen ist nicht ganz so einfach. Daher kann es auch sein, dass wir einen Offensivmann holen, der über die Flügel kommt.
Sorianos Vertrag läuft im Sommer aus. Wird er trotz der schweren Verletzung verlängert?
Zeyer: Wir haben vereinbart, dass wir uns darüber in der Winterpause unterhalten werden.
Steffen: Wir wissen, was wir an Elia haben. In dieser Saison hat er den Schritt zum verlässlichen Leistungssportler gemacht. Das war für seine Entwicklung sehr wichtig.
Wie wichtig ist ein Heimsieg zum Jahresabschluss an diesem Samstag (14 Uhr) im Derby gegen die SG Sonnenhof Großaspach?
Steffen: Wie in jedem Spiel enorm wichtig. Die SG wird uns alles abverlangen, aber dennoch wollen wir mit drei Punkten Platz drei verteidigen – das wäre wunderbar.
Zeyer: (Blickt zu Steffen) Du solltest den Punkteschnitt schon noch verbessern. Steffen: (lächelnd) Ich bekomme immer Druck.
Träumen Sie eigentlich manchmal von der Münchner Allianz-Arena?
Zeyer: Warum?
Weil dort das Relegationsspiel gegen den TSV 1860 über die Bühne gehen könnte.
Zeyer: Okay, das wäre eine Konstellation, mit der wir leben könnten.
Steffen: Also mir ist das zu weit weg und auch zu anstrengend, mich damit zu beschäftigen. Ich bin genug damit beschäftigt, meine Spieler optimal auf die nächsten 90 Minuten vorzubereiten.
Zeyer: Ganz nach dem Motto: Das nächste Spiel ist immer das schwerste.
Sepp Herberger lässt grüßen.
Zeyer: Genau. Seine Gebote haben auch heute noch Gültigkeit.
Zum Glück dauerten die Kickers-Spiele nicht immer nur 90 Minuten.
Steffen: Stimmt. Die Tore in der Nachspielzeit zum 1:1 in Dresden und vor allem der 2:1-Siegtreffer von Daniel Engelbrecht gegen den SV Wehen Wiesbaden waren emotionale Höhepunkte in dieser Saison.
Herr Zeyer, was war für Sie das Größte in diesem Fußballjahr?
Zeyer: Das DFB-Pokal-Spiel gegen Borussia Dortmund war sicher ein tolles Erlebnis. Nicht vergessen werde ich aber die große Erleichterung, die sich im Laufe der vergangenen Runde bei mir eingestellt hat, als klar war, dass wir nicht absteigen. Das war ein richtig gutes Gefühl, vergleichbar mit einem erfolgreich bestandenen Examen.
Wie genießen Sie Erfolge?
Steffen: Mit einer Videoanalyse vom Spiel. Bei ganz besonderen Anlässen gehe ich mit meiner Frau gemütlich etwas trinken in Michaels Restaurant.
Zeyer: Ich ruf’ immer meine Mutter an, wenn wir gewonnen haben. Wenn es schlecht läuft, telefoniere ich mit meinem Zwillingsbruder Andreas. Auf seine Rückmeldungen lege ich großen Wert. Eine Meinung von außen, eine Einschätzung aus einem anderen Blickwinkel – solche Dinge sind mir sehr wichtig.
Wie intensiv ist der Austausch zwischen Trainer und Sportdirektor bei den Kickers?
Steffen: Wir sagen uns zu allem offen die Meinung. Ich nehme Michaels Ideen auf, er kann dabei sehr hartnäckig sein.
Zeyer: Ich bohre permanent nach und will festgefahrene Sichtweisen aufbrechen.
Herr Zeyer, Sie sind der risikofreudigere Typ mit ungewöhnlichen Ideen, Horst Steffen eher der auf Kontinuität bedachte Trainer – auch in Sachen Aufstellung.
Steffen: Ich bin derjenige, der das Risiko einschätzen muss. Jede meiner Entscheidungen muss für den Spieler plausibel sein. Mit meiner Art, nicht jede Woche die Mannschaft durcheinanderzuwirbeln, bin ich ein verlässlicher Rückhalt für die Spieler – auch wenn es für die Jungs, die hinten dran sind, nicht immer einfach ist.
Zeyer: Co-Trainer Sreto Ristic ist in unsere Diskussionen ebenfalls eingebunden.Wir drehen, wenden und hinterfragen alles – und am Ende entscheidet der Trainer.
Steffen: Das ist manchmal anstrengend. Aber es ist eben auch anstrengend, gut zu sein.
Zeyer: Es ist eine Herausforderung, sich mit guten Leuten konstruktiv zu unterhalten. Doch wir wollen ja auch überdurchschnittlich sein: Wir wollen auch künftig aus den vorhandenen Möglichkeiten mehr machen als andere.
Waren Sie sich bei der Verpflichtung von Horst Steffen vor knapp 15 Monaten sicher, dass es so gut laufen würde?
Zeyer: Nein. Wir kennen uns zwar schon lange, und es war klar, dass wir einen gemeinsamen Nenner in Sachen Fußball haben, aber dass er so gut arbeiten würde, war mir nicht klar. Sein pädagogisches Geschick etwa, seine Führungsqualitäten konnte ich nicht abschätzen. Das Präsidium und ich haben eine super Entscheidung getroffen.
Steffen: Ich auch. Ich habe das Vertrauen von Micha. Wenn ich das nicht hätte, würde ich manche Dinge vielleicht noch weniger risikoreich angehen.
Mit welchen drei Wörtern würden Sie Horst Steffen beschreiben?
Zeyer: Der geborene Trainer.
Und Sie den Michael Zeyer?
Steffen: Loyal, ideenreich, konsequent.
Könnten Sie widerstehen, wenn vom VfB Stuttgart ein Angebot käme, Sie im Doppelpack zu verpflichten?
Steffen: Darüber denke ich gar nicht nach.
Zeyer: Das ist nicht unser Thema. Unser Thema sind die Stuttgarter Kickers.
Steffen: Und bei diesem Verein fühle ich mich richtig wohl, die Blauen sind mir ans Herz gewachsen. Mir macht es Spaß, diese Entwicklung bei den Kickers zu sehen. Wo waren wir? Wo sind wir jetzt? Das zu sehen ist schon beachtlich. Das honorieren auch die Fans, selbst als wir mal auf Platz neun abgerutscht waren. Unsere Spielweise kommt in Stuttgart an.
Je weiter Sie nach oben klettern . . .
Steffen : . . . desto schwieriger wird es, sich zu verbessern, schon klar. Aber gerade die letzten zehn Prozent herauszukitzeln, das ist die große Herausforderung.
Was wäre für Sie am Ende eine gute Saison?
Zeyer: Horst, was wäre eine gute Saison?
Steffen: Das ist klar. Wir wollen das Maximale erreichen.
Also den Aufstieg?
Zeyer: Es ist schwierig, so weit zu planen, denn es spielen so viele Faktoren eine Rolle. Warum sollten wir die Mannschaft unter Druck setzen? Jeder spürt doch, was wir wollen.
Steffen: Ich bin auch keiner, der die Theorie von Managementtrainern teilt, dass man als Mannschaft immer Ziele braucht. Ich muss die Spieler so einstellen, dass sie jeden Tag besser werden wollen. Die Mannschaft tut sich leichter, sich auf die nächste Aufgabe zu konzentrieren, wenn sie nicht immer dran denken muss: Geht unser nächstes Spiel verloren, ist unser Ziel in Gefahr.
Was wünschen Sie sich sportlich für 2015?
St effen: Dass wir weiter Gas geben.
Zeyer: Unser Ziel muss es sein, die Mannschaft und die Spieler weiterzuentwickeln und insgesamt weiter tollen Fußball zu spielen.