Siegbert (ganz links) und Andreas Lapp (ganz rechts) ziehen sich zurück. Neuer Vorstandsvorsitzender wird Matthias Lapp (39, Zweiter von rechts), neues Aufsichtsratsmitglied wird Katharina Lapp (24). Foto: Lapp Holding AG

Die dritte Generation des Stuttgarter Kabelherstellers Lapp steht in den Startlöchern: Von Oktober an übernimmt Matthias Lapp (39) den Vorstandsvorsitz.

Das Stuttgarter Familienunternehmen Lapp wird ab Oktober von der dritten Generation geführt: Matthias Lapp (39), Enkel der Firmengründerin Ursula Ida Lapp, übernimmt den Vorstandsvorsitz der Lapp Holding AG von seinem Onkel Andreas Lapp (66). Matthias’ Vater Siegbert E. Lapp (69), Aufsichtsratsvorsitzender, gibt seinen Posten an seinen bisherigen Stellvertreter Hans Schumacher (67) ab. Neues Mitglied im Aufsichtsrat wird Katharina Lapp (24), die Tochter von Andreas Lapp, teilte das Unternehmen mit.

„Klar, der Schuh ist groß“, sagt Matthias Lapp über seine künftige Rolle als Lapp-Chef, denn die zweite Generation habe ein extrem tolles und nachhaltig erfolgreiches Unternehmen aufgebaut. Er traue sich aber zu, das Unternehmen voranzubringen. „Wenn ich nicht dafür brennen würde, ginge es nicht“, sagt Lapp.

Internationale Betriebswirtschaftslehre studiert

Der Familienvater bringt viel Erfahrung mit: Nach Stationen bei verschiedenen anderen Arbeitgebern trat Matthias Lapp, der internationale Betriebswirtschaftslehre studiert hat, 2010 ins Unternehmen ein. Bereits 2017 hat er die Verantwortung für die größte Geschäftsregion Lateinamerika, Europa, Mittlerer Osten und Afrika übernommen. Zu dem Markt, der rund drei Viertel zum Gesamtumsatz von Lapp beisteuert, zählt auch das wichtige Deutschlandgeschäft. Mit der damaligen Entscheidung sei bereits der Generationswechsel eingeleitet worden, heißt es bei Lapp, dem Weltmarktführer für integrierte Lösungen im Bereich der Kabel- und Verbindungstechnologie. Die Führung dieses Bereichs wird Matthias Lapp neben seiner neuen Funktion weiterhin behalten.

„Der Klassiker: Sprich mit dem Karle, der weiß es“

Kontinuität ist dem künftigen Lapp-Chef offenbar wichtig. Allerdings will er die weltweite Lapp-Organisation schlagkräftiger und agiler machen – ein Prozess, den er in Europa schon angestoßen hat. „Das Unternehmen hat eine Größe erreicht, da sind bestimmte Strukturen, Prozesse und Verantwortlichkeiten noch wichtiger“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. „Im gewachsenen Familienunternehmen weiß man, wen man ansprechen muss. Der Klassiker ist doch: Sprich mit dem Karle, der weiß es“, verdeutlicht er. Bei einer bestimmten Größe des Unternehmens müsse da mehr „Professionalität“rein.

Treuhänder für die nächste Generation

Sein Ziel: Lapp auf Erfolgskurs zu halten, weiter voranzubringen und schneller als der Wettbewerb zu sein. „Ich freue mich auf die Herausforderung“, sagt Matthias Lapp. Er sieht sich als „Treuhänder“ für die nächste Generation, denn Lapp soll als Familienunternehmen fortgeführt werden.

Ob das Unternehmen auch Thema bei Familienfeiern ist? „Letzte Woche war eine Geburtstagsfeier, ich kam mit Unterlagen in der Mappe, weil ich noch drei Unterschriften brauchte. So agieren wir in der Familie“, sagt er. Auch monatliche Familien-Telefonkonferenzen sind wichtig, gerade in Krisenzeiten, um schnell Entscheidungen treffen zu können. „Putin hat unsere Familien-Calls erst einmal verlängert“, so Lapp. Auch regelmäßige Treffen finden statt. „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis in der dritten Generation“, sagt Matthias Lapp, das gehe bis zum gemeinsamen Skifahren und Wandern.

„Ich bin im Unternehmen groß geworden“

Auch seine Cousine Katharina Lapp blickt mit Vorfreude auf ihren Wechsel in den Aufsichtsrat, ist zu hören. Mit dem Wechsel von Matthias und Katharina Lapp auf ihre neuen Posten ist damit auch in Zukunft je ein Familienmitglied im Vorstand und im Aufsichtsrat vertreten.

Mit ihren 24 Jahren ist Katharina Lapp zweifellos ein junges Aufsichtsratsmitglied, aber keineswegs unbedarft. „Ich bin mit dem Unternehmen groß geworden“, sagt sie. Sie habe im Familienunternehmen in den Ferien gejobbt, bei Praktika in mehreren Bereichen Erfahrungen gesammelt und sich seit Jahren auf die anstehende Aufgabe vorbereitet und entsprechend ihr Studium ausgerichtet – Mechatronik und anschließend noch Internationales Management. Bei Letzterem hat sie den besonderen Schwerpunkt auf den Kontinent Afrika gelegt – „einen der großen strategischen Zukunftsmärkte der Lapp-Gruppe“, wie das Unternehmen mitteilt. Die 24-Jährige, die im Übrigen noch die Sprache Suaheli lernt, hat, so erzählt sie, die vergangenen zwei bis drei Jahre bereits den Aufsichtsrat begleitet, sich entsprechend weitergebildet und kennt die Kollegen. Einen solchen Vertrauensvorschuss von der Familie zu bekommen, halte sie für keine Selbstverständlichkeit. „Ich freue mich, dass ich mich einbringen kann“, sagt sie. Sie habe ja das große Glück, dass es aus eigenem Interesse heraus und keine Verpflichtung sei.

Die Lapp-Gruppe beschäftigt weltweit knapp 4600 Mitarbeiter und machte im Geschäftsjahr 2020/21 rund 1,42 Milliarden Euro Umsatz.

Familienunternehmen

Gründung
 Mit 50 000 Mark Startkapital gründete das Ehepaar Oskar und Ursula Ida Lapp die Firma, die 1959 als U. I. Lapp KG beim Amtsgericht in Stuttgart eingetragen wurde. U. I. steht für Ursula Ida.

Zweite Generation
 Siegbert und Andreas Lapp hatten 1987 nach dem überraschenden Tod ihres Vaters Oskar die Verantwortung übernommen und Lapp gemeinsam mit ihrer Mutter Ursula Ida weiter geführt. Sie starb 2021 im Alter von 90 Jahren.

Dritte Generation
 Mit Matthias und Katharina Lapp übernehmen die Enkel. Siegbert und Andreas Lapp bleiben der Firma als Eigentümer eng verbunden und wollen ihren Kindern als Mentoren zur Seite stehen.