Bernhard Weber alias MC Gringo singt in Rio „Deutscher Fußball ist geil“ Foto: StN

Alles will er dafür tun, dass sein Song „Deutscher Fußball ist geil“ bei der WM „durchbricht“. Seit zehn Jahren lebt der frühere StN-Journalist Bernhard Weber alias MC Gringo in einer Favela in Rio. Es ist ein Auf und Ab der Emotionen.

Alles will er dafür tun, dass sein Song „Deutscher Fußball ist geil“ bei der WM „durchbricht“. Seit zehn Jahren lebt der frühere StN-Journalist Bernhard Weber alias MC Gringo in einer Favela in Rio. Es ist ein Auf und Ab der Emotionen.

Stuttgart/Rio de Janeiro - Die Idee für den WM-Song kam ihm, als er das schwarz-rote Trikot der DFB-Elf sah. Schwarz und Rot sind seit 1896 die Farben von Flamengo Rio de Janeiro. Mit 39 Millionen Mitgliedern hat der legendäre Fußballclub die meisten Fans in Brasilien und zelebriert im Maracanã-Stadion vor einer Riesenkulisse „o jogo bonito“, wie man auf Portugiesisch sagt, ein „schönes Spiel“. Der Stuttgarter Bernhard „Börni“ Weber, der vor zehn Jahren der Liebe wegen nach Rio gezogen ist, kann sich über Schwarz und Rot also doppelt freuen.

Sein Herz schlägt für Deutschland und Brasilien gleichermaßen – nun verbindet er beide Leidenschaften, indem er sich das DFB-Trikot überstreift.

Schwarz-Rot-Geil.

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Als MC Gringo, so lautet sein Musikername, trägt er diese starken Farben für seine neue Single „Deutscher Fußball ist geil“, die er rechtzeitig zur WM zweisprachig rausgehauen hat. „Im brasilianischen Teil singe ich, dass die deutsche Mannschaft im Trikot von Flamengo abgeht wie Harry“, sagt der 44-Jährige den Stuttgarter Nachrichten, für die er bis 2004 als Hospitant, freier Journalist und Szene-Reporter gearbeitet hat.

Kevin Kuranyi war zu Besuch in den Favelas

Vor acht Jahren landete der Ausländer, der Gringo, in Rio mit „Dança Do Gringo“ schon mal einen Hit. Jetzt sieht es danach aus, dass ihm mit „Deutscher Fußball ist geil, frag nicht, weil, beweg dein Hinterteil“ erneut ein Volltreffer gelingt. In einem Pressetext rühmt der DFB den singenden Schwaben in den Favelas von Rio, der Pelé Konkurrenz mache – auch die brasilianische Fußball-Legende hat einen WM-Song aufgenommen. In den Bars der Copacabana, so ist zu hören, läuft Börnies Song öfter als der von Pelé.

Für Bernhard Weber ist die Copacabana „unten“ – er lebt mit Frau und zwei Kindern in einem der Armenviertel „oben“. Aus seiner schwäbischen Heimat weiß er, dass in Stuttgart Halbhöhenlage besonders begehrt und am teuersten ist. In Rio ist es andersrum: Menschen ohne Geld haben meist die beste Sicht. Die Bezeichnung für die Armenviertel kommt von der brasilianischen Kletterpflanze, die den Namen Favela trägt. Wie diese Pflanze sind die einfachen Behausungen an den Bergen „hochgeklettert“.

Der 44-Jährige führt Touristengruppen in den befriedeten Teil der Favelas, weil auch der zu Rio gehört. Er sammelt bei ihnen Geld und hat mitgeholfen, einen Sportplatz für Kinder zu bauen, die nicht das Glück hatten, in den besseren Gegenden der Millionenstadt aufzuwachsen. „In den Favelas müssten die Fernsehsender eigentlich ihre WM-Außenstudios haben“, sagt Börni, „es gibt keinen schöneren Blick über Rio.“

Ein Kumpel aus alten Stuttgarter Zeiten ist gerade abgereist. Der frühere Nationalspieler Kevin Kuranyi war bei Börni zehn Tage zu Besuch und musste zur Saisonvorbereitung der Rückrunde nach Russland zurück.

„Was MC Gringo in einem Monat erlebt, dafür brauchen andere ein ganzes Leben“, hat kürzlich die Tageszeitung „Die Welt“ über den Aussteiger aus Stuttgart geschrieben. Weil er sich in ein brasilianisches Model verliebt hatte, war er nach Rio gezogen. Heute lebt er mit einer anderen Frau und ihrem neunjährigen Kind sowie einem gemeinsamen dreijährigen Kind in der Favela. Finanziell kann er sich nichts anderes leisten. „Die Deutschen wissen nicht, was es heißt, wenn du keine sicheren Einnahmen hast“, sagt er, „in einem Land ohne soziales Netz ist der Überlebenskampf existenziell.“ Hilft ihm sein WM-Song, dass er etwas ruhiger in die Zukunft blicken kann?

Sein älteres Kind hat gerade schulfrei. „Krass ist, dass wegen der Fußball-WM einfach Schulferien sind“, berichtet Weber, „was hier mit Eltern passiert, ist eine Zumutung.“ Diese trage zur „Unorganisiertheit von Brasil“ bei. Anders als erwartet hätten die Lebensmittelpreise zur WM nicht angezogen, die Inflation bleibe also stabil.

Was ihn am meisten ärgert, ist, dass er sich einen Stadionbesuch nicht mehr leisten kann. Die Ticketpreise seien „abartig“. Der Fußball in Rio de Janeiro sei durch Funktionäre und Organisatoren zerstört worden. „Das leere Maracanã bei Spielen ist ein Dolchstich in unsere Herzen“, sagt Bernhard Weber. Das viele Geld der Sponsoren komme nicht dem Land zugute. Trotzdem freut sich Weber auf die Spiele der Löw-Elf im Fernsehen. Denn „deutscher Fußball ist geil“. So steht für ihn fest, wer Weltmeister wird: „Deutschland“. Beweg dein Hinterteil!