Der städtische Gebäudekomplex an der Nadlerstraße (Bildmitte) aus dem Rathaus betrachtet: In seinen Mauern soll nach Rückbauarbeiten ein neues Designhotel entstehen Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Für das Umfeld des Stuttgarter Rathauses wünschen sich die Stadtverwaltung und die Stadträte schon länger mehr Aufenthaltsqualität und Attraktivität. Jetzt gibt es einen neuen Baustein dafür. Hinter dem Rathaus soll ein Designhotel mit Café entstehen.

Stuttgart - Mindestens 80 Hotelzimmer sowie eine Lobby und ein Café im Erdgeschoss an der Nadlerstraße: An diesem Plan hat der Immobilienmakler Michael Bräutigam  in den vergangenen Monaten gefeilt, seit er Anfang 2014 die Idee hatte. Inzwischen ist er gut vorangekommen. Nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten stellten der Chef der Firma Colliers Bräutigam & Krämer und Städtebaubürgermeister Matthias Hahn (SPD) am Dienstag in nichtöffentlicher Sitzung das Projekt vor. Mit gutem Erfolg.

Aus dem Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik konnte Bräutigam das Gefühl mitnehmen, dass sein Vorhaben wohlwollend betrachtet wird. Am 6. Februar wird sich nun der Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen damit befassen, der sich weniger um die städtebaulichen Auswirkungen kümmert als um die finanziellen und organisatorischen Folgen für die Stadt. Die sind nicht ganz ohne, aber lösbar. Für das Hotelprojekt will Bräutigam einen städtischen Gebäudekomplex ausbeinen lassen, in dem bisher das von der Stadt betriebene Europahaus, die Mitarbeiter der städtischen Bäderbetriebe und des Sportamts sowie eine Buchhandlung und ein paar andere Läden untergebracht sind.

umindest für die städtischen Mitarbeiter und das Europahaus müssten Ersatzräume gefunden werden. Denn Bräutigam möchte, abgesehen von etwas Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss, den kompletten Komplex für das Hotel nutzen. Sogar noch etwas mehr. Damit die notwendige Zimmerzahl erreicht wird, verfolgt er die Aufstockung um eine Etage. „Der Gebäudekomplex wäre aber immer noch ein wenig niedriger als das Rathaus“, sagte ein Stadtrat unserer Zeitung nach der Vorstellung der Pläne im Ausschuss.

Dort war man nicht abgeneigt, weil das Vorhaben eine gewisse Belebung des Marktplatz-Umfeldes verspricht. Das würde gut ins Gesamtbild passen, denn die Stadt möchte mit einem Ersatzbau für die Rathausgarage das Viertel hinter dem Rathaus schöner machen und den Marktplatz durch Außengastronomie aufwerten. Auf sein Projekt angesprochen, sagte Bräutigam am Mittwoch allerdings: „Die Arbeit geht erst richtig los.“ Nach der zweiten Sondierung am 6. Februar möchte Bräutigam bis April einen Bauantrag einreichen. Bis Herbst erhofft er sich eine Genehmigung. Anfang 2016 könnte Baustart sein, 2017 Eröffnung.

Das Hotel soll quasi in das zurückgebaute Gebäude eingepasst werden und „etwas Individuelles“ sein. Bisher dominieren in Stuttgart Kettenhotels, Designhotels gebe es nur zwei oder drei, sagte Bräutigam, im Stadtzentrum innerhalb des Cityrings keines. Ja, direkt bei Marktplatz und Rathaus gibt es bisher sogar keinerlei Hotel. Die Entwicklung betreibt Bräutigam zusammen mit der Colliers Hotel GmbH in Berlin.

Parkplätze seien vorhanden, sagte er, sie seien unterirdisch an das Kaufhof-Parkhaus angeschlossen. Dieses wollten die Stadtplaner bisher zwar in Neubaupläne einbezogen wissen, doch das hat sich auf Jahre hinaus zerschlagen, daher die abgespeckte Hotelplanung. Das Investitionsvolumen belaufe sich auf eine Summe im unteren zweistelligen Millionenbereich. Geplant sei, dass das Eigentum an dem Komplex von der Stadt an eine Projektgesellschaft übergeht. Mit möglichen Betreibern sei man im Gespräch.

Anders als Hotelpläne in früheren Jahren ruft das Vorhaben auch beim Stuttgarter Kreisverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Wohlwollen hervor. Wenn ein schönes Hotel dazukäme, könne das eine Bereicherung der Innenstadt und des Hotelmarkts sein, sagte der Dehoga-Kreisvorsitzende Markus Hofherr. Als ausgesprochene Designhotels kenne er bisher nur den Zauberlehrling im Bohnenviertel und das Arcotel an der Heilbronner Straße. Das geplante Haus könne in der Stadtmitte eine Belebung bewirken. Der sehr zentrale Standort sei reizvoll. Andere Voraussetzungen seien auch gegeben: Die Zahl der Übernachtungen in Stuttgart sei zuletzt gestiegen, 2012 um rund acht Prozent, 2013 immerhin auch noch einmal um rund drei Prozent, und 2014 komme man vielleicht auf eine Größenordnung von plus acht Prozent.