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Am Dienstagmorgen ist am Stuttgarter Hauptbahnhof ein unbesetzter Zug entgleist. Es kommt erneut zu Behinderungen im Bahnverkehr.

Stuttgart - Am Stuttgarter Hauptbahnhof ist zum dritten Mal innerhalb eines Vierteljahres ein Zug entgleist. Bei einer Versuchsfahrt mit einem Intercity (IC) sprangen am Dienstagvormittag drei Waggons aus den Schienen, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und die sogenannten Parkschützer sehen sich nach dem jüngsten Vorfall in ihrer Ansicht bestätigt, dass die Unfälle im Zusammenhang mit dem Bau des „Stuttgart 21“-Tiefbahnhofs stehen.

Bereits Ende September und Ende Juli waren am Stuttgarter Hauptbahnhof Intercity-Züge entgleist. Mit dem Test am Dienstag sollten den Angaben nach diese Fahrten nachgestellt werden. Der jüngste Unfall werde unter Beteiligung der Aufsichtsbehörden untersucht, hieß es. Weil es sich um eine Probefahrt handelte, befanden sich in dem Zug keine Reisenden. Verletzt wurde niemand.

Am Samstag vor einer Woche waren die Lok und drei Waggons eines Intercity auf der Fahrt nach Hamburg-Altona kurz nach dem Verlassen des Bahnhofs aus den Gleisen gesprungen. Die Ursache wird noch ermittelt. Bei dem Unfall wurden mehrere Fahrgäste leicht verletzt. Erst am Dienstag wurden alle 16 Gleise des Bahnhofs wieder für den Verkehr freigegeben. Zuvor waren beschädigte Oberleitungsmasten ersetzt und an der Unfallstelle eine provisorische Weiche eingesetzt worden.

Durch den entgleisten Testzug gab es nun erneut Schäden, so dass derzeit nur 13 der 16 Gleise befahren werden können. In der Nacht auf Dienstag soll nun der Testzug wieder auf die Gleise gestellt und zur Seite gefahren werden. Dann sollen die Schäden repariert werden. Diese sind zwar nicht so schwerwiegend wie bei der Entgleisung am 29.September, trotzdem kann die Bahn keine Angaben machen, bis wann sich der Zugverkehr wieder normalisiert.

Einige Fernzüge halten nicht in Stuttgart

Reisende im Fernverkehr müssen sich wegen des Vorfalls vom Dienstag erneut auf Behinderungen einstellen. Von Betriebsbeginn am Mittwoch an fahren die Züge der IC-Linie 60 Salzburg–Stuttgart–Karlsruhe und der IC-Linie 62 Klagenfurt–Stuttgart–Frankfurt nicht über Stuttgart Hauptbahnhof und halten zusätzlich in Esslingen (Neckar) und Vaihingen (Enz). In der Gegenrichtung fahren die IC-Züge dieser Linien wie gewohnt über den Stuttgarter Hauptbahnhof.

Auch der IC 2010 (Tübingen–Düsseldorf) hält nicht in Stuttgart Hbf, dafür ersatzweise in Esslingen (Neckar) und Vaihingen (Enz).

Alle anderen Fernverkehrszüge halten planmäßig im Stuttgarter Hauptbahnhof.

Um den Stuttgarter Hauptbahnhof noch besser mit dem Bahnhof Esslingen zu verbinden, halten die IRE-Züge Fahrtrichtung Lindau-Stuttgart zusätzlich in Esslingen (Neckar). 

Auch im Regionalverkehr gibt es einige Änderungen: Die Regionalexpress-Züge der Linie Stuttgart–Karlsruhe beginnen und enden in Kornwestheim, genauso wie Regionalexpress-Züge der Linie Stuttgart–Heidelberg. Regionalbahn-Züge der Linie Stuttgart–Heilbronn beginnen und enden in Bietigheim-Bissingen. Einzelne Züge dieser drei Regionallinien verkehren davon abweichend bis und ab Stuttgart.

Die Stuttgarter S-Bahnen sollen planmäßig fahren - es kann aber zu Verspätungen kommen. Die Deutsche Bahn setzt im Raum Stuttgart zusätzliche Mitarbeiter zur Information der Bahnkunden ein.

Verkehrsclub VCD macht Bahnchef Grube verantwortlich

Gegner des neuen Tiefbahnhofs „Stuttgart 21“ machen die Bauarbeiten für das Projekt für die Vorfälle verantwortlich. Der Sprecher der sogenannten Parkschützer, Matthias von Herrmann, sagte: „Die dritte Zugentgleisung an der gleichen Stelle zeigt, dass die Bahn nicht einmal ihr eigenes Kerngeschäft, den Zugbetrieb, im Griff hat.“

Er warf dem Unternehmen vor, die Unfallursache nicht bekannt zu geben, obwohl unabhängige Bahnexperten die zu engen Radien als Ursache benennen würden. Von Herrmann rief Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und seinen baden-württembergischen Amtskollegen Winfried Hermann (Grüne) auf, die Notbremse ziehen.

Nach Ansicht des ökologischen VCD trägt Bahnchef Rüdiger Grube „mit seinem vehementen Engagement für das Milliardengrab in Stuttgart die Verantwortung für das aktuelle Fiasko“. Der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb sagte: „Der Dilettantismus der Deutschen Bahn bei der Umsetzung des Bauvorhabens 'Stuttgart' 21 ist erschreckend.“

Bereits nach dem Unfall Ende September hatten Verkehrsminister Hermann und Experten der „S 21“-Gegner erklärt, dass ein Zusammenhang mit den Bauarbeiten für den geplanten Tiefbahnhof denkbar sei.