Die Läden in der City sollen auch am Sonntag, 2. Oktober öffnen. Das will die Gewerkschaft Verdi verhindern. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi will den verkaufsoffenen Sonntag im Oktober unterbinden. Die Stadt, der Handelsverband und die City-Initiative sind empört. Denn die Gewerkschaft hatte vor neun Monaten die Möglichkeit des Widerspruchs, verzichtete damals aber darauf.

Stuttgart - „Sechs Tage sollst du deine Arbeit tun; aber des siebenten Tages sollst du feiern, auf dass dein Ochs und Esel ruhen und deiner Magd Sohn und der Fremdling sich erquicken.“ So übersetzt Martin Luther die Bibelpassage (2. Mose, 23:12). Bedeutet: Liebe Leut, lasst sonntags die Arbeit ruhen!

Was vor über 2000 Jahren selbstverständlich war, ist in der modernen Gesellschaft beinahe unmöglich. Und doch pochen Kirchen immer wieder darauf, den heiligen Sonntag als Ruhetag zu bewahren. Die Stuttgarter Stadtdekane, Sören Schwesig (evangelisch) und Christian Hermes (katholisch), vertreten diese Position ebenso vehement wie die Gewerkschaften. Insbesondere die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Sie geht gegen den verkaufsoffenen Sonntag am 2. Oktober in der Innenstadt vor. Verdi reichte bei der Stadt einen Widerspruch ein. Grundlage für Verdi ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Darin sind die Kriterien für eine Genehmigung folgendermaßen beschrieben: Der Anlass muss mehr Menschen anlocken als die Ladenöffnung an sich. Genau das, sei laut Verdi bei dem verkaufsoffenen Sonntagnicht gewährleistet.

Stadt fragt: Warum widerspricht Verdi erst jetzt?

Die Stadt prüft derzeit, ob es gegen diesen Widerspruch überhaupt eine rechtliche Grundlage gibt oder ob die städtische Allgemeinverfügung vom November 2015 unanfechtbar ist. Insgesamt sind in diesem Jahr 33 verkaufsoffene Sonntage – insbesondere in den Bezirken – auf Grundlage der Allgemeinverfügung genehmigt worden. Noch stehen laut Verwaltung 19 verkaufsoffene Sonntage aus. Betroffen davon zum Beispiel auch der offene Sonntag in Feuerbach samt Kirbe am 11. September, der nun auf der Kippe steht. Auch deshalb hält sich das Verständnis der Stadt für den Vorstoß von Verdi in Grenzen. Zumal die Gewerkschaft vor neun Monaten in Kenntnis gesetzt wurde und damals die Möglichkeit des Widerspruchs gehabt habe. Daher fühlt sich die Stadt nun von der Dienstleistungsgewerkschaft brüskiert. „Jetzt, neun Monate später, im laufenden Veranstaltungsjahr zu fordern, dass die noch ausstehenden Veranstaltungen an den verschärften Voraussetzungen der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geprüft werden, widerspricht dem Rechtsgedanken der Planungssicherheit und des Vertrauensschutzes“, sagt Dorothea Koller vom Ordnungsamt.

City-Managerin hat Rückendeckung vom Handel

Unabhängig davon kritisieren auch Vertreter des Handels die Vorgehensweise der Gewerkschaft scharf. Sowohl Sabine Hagmann vom Handelsverband als auch Citymanagerin Bettina Fuchs sind empört. „Ich finde das Vorgehen von Verdi nicht richtig“, sagt Hagmann. Fuchs weist zudem auf die breite Rückendeckung des Handels hin. In einer Umfrage unter allen Einzelhändlern in der Stadt hätten sich über 60 Prozent der Betriebe für den ersten verkaufsoffenen Sonntag seit zehn Jahren ausgesprochen. Beide, Hagmann und Fuchs, sehen in dem 2. Oktober eine Notwendigkeit für den stationären Handel, sich gegen das wachsende Online-Geschäft zu wehren.

Sollte der Zwist vor Gericht landen, sieht Verwaltungsjurist Stefan Oschmann gute Chancen für die Stadt: „Man kann davon ausgehen, dass die Stadt gut vorbereitet und nicht mit heruntergelassenen Hosen vors Verwaltungsgericht tritt“, so der Anwalt.