Aktivist gegen die Waffenindustrie: Jürgen Grässlin Foto: Martin Stollberg

Der Verein Die Anstifter hat Jürgen Grässlin mit dem Stuttgarter Friedenspreis ausgezeichnet. Der Freiburger setzt sich aktiv gegen die Machenschaften der Rüstungsindustrie ein.

Stuttgart - Jürgen Grässlin und seine Mitstreiter legen sich mit allen an, würdigte die Schauspielerin und Regisseurin Barbara Stoll das Engagement des Preisträgers in ihrer Moderation der Friedensgala des Vereins Anstifter, die am Samstagabend im Theaterhaus stattfand. „Sie scheuen kein Risiko“, sagte Stoll. Dabei schreckt Grässlin auch vor großen Namen nicht zurück. 2010 hat der Freiburger Realschullehrer bei der Staatsanwaltschaft Anklage gegen 15 teils leitende Mitarbeiter des Waffenherstellers Heckler und Koch erhoben. Das Unternehmen soll nach Grässlins Recherchen Sturmgewehre unter anderem nach Mexiko geliefert haben, wo korrupte Polizeibeamte und Kriminelle damit zahlreiche Menschen getötet haben sollen. Nach sechs Jahren Ermittlungen soll nun im nächsten Jahr der Prozess gegen einige wenige der ursprünglich Angeklagten beginnen. „Ich hoffe auf den größten Erfolg gegen das gefährlichste Unternehmen Deutschlands“, sagte Jürgen Grässlin.

Grässlin nennt Waffenexporte „Beihilfe zu Mord“

Der Pazifist schreibt Bücher über seine Recherchen, seinen Widerstand gegen die Rüstungsindustrie. Zuletzt hatte er zusammen mit Daniel Harrich und Danuta Harrich-Zandberg das Buch „Netzwerk des Todes. Die kriminellen Verflechtungen von Waffenindustrie und Behörden“ verfasst. 2015 erschien es zeitgleich zur ARD-Produktion „Tödliche Exporte“. Das Gesamtprojekt wurde mit dem Grimme-Preis für besondere journalistische Leistungen ausgezeichnet. „Grässlin zerrt die Machenschaften der Rüstungskonzerne ans Tageslicht“, sagte Ute Scheub in ihrer Laudatio. Scheub ist Publizistin und unter anderem Mitbegründerin der Berliner Tageszeitung Taz. Gegen Grässlin und seine Co-Autoren laufe allerdings wegen des Buches ebenfalls ein Ermittlungsverfahren. Die Begründung: Veröffentlichung von Dokumenten, die Teil des Ermittlungsverfahrens gegen den Waffenhersteller sind, erklärte Scheub.

Jürgen Grässlin sagte, dass er zwar den Preis der Anstifter entgegennehme, hinter seiner Arbeit jedoch zahlreiche weitere Menschen steckten. „Ich bin nicht alleine, ich bin ein Netzwerker. Ich glaube fest daran, dass wir zusammen diese Welt ändern können. Und wir werden sie ändern“, sagte Grässlin und verwies auf das Motto der Anstifter: „Eine andere Welt ist möglich“. Der Freiburger betonte, dass er den Stuttgarter Friedenspreis als Würdigung nicht für seine Person, sondern für die Kampagne gegen die Rüstungs- und Waffenindustrie sehe. Er wolle den Menschen klar machen, was die Waffenexporte für die Menschen weltweit bedeuten. „Ich bin Friedensaktivist. Ich möchte die Stimmen der Opfer nach Deutschland bringen. Wir müssen endlich verstehen, was wir mit den Waffenexporten anrichten“, sagte Grässlin. Der Autor bezeichnete die Exporte in den Irak, von wo aus die Waffen auch in die Hände des Islamischen Staats (IS) gelangten, als „Beihilfe zum Mord“.

Der Friedenspreis ist mit 5000 Euro dotiert

Die Anstifter hatten Grässlin als Preisträger aus 25 Vorschlägen ausgewählt. „Er zeichnet sich durch seine Aktivitäten gegen den Waffenwandel und für die Abrüstung aus“, erklärte Hermann Zoller von den Anstiftern. Der Stuttgarter Friedenspreis wird seit 2003 jährlich an Menschen und Projekte verliehen, die sich in besonderer Weise für Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität einsetzen. Die Vereinsmitglieder stimmen über den Preisträger ab. Im Rahmen einer Friedensgala wird die mit 5000 Euro dotierte Auszeichnung vergeben.

Jürgen Grässlin möchte den Betrag nutzen, um das laufende Strafverfahren gegen die Heckler und Koch-Mitarbeiter zu finanzieren. „Friedensarbeit kostet Geld. Ich finanziere meine Aktivitäten privat vor und bin froh über die Unterstützung der Anstifter“, sagte Grässlin.