Von diesem Samstag an dürfen Besucher wieder rauf auf den Fernsehturm. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

OB Fritz Kuhn (Grüne) und SWR-Intendant Peter Boudgoust steigen dem Fernsehturm gemeinsam aufs Dach, um ihn nach fast drei Jahren wieder der Öffentlichkeit zurückzugeben.

Stuttgart - Er ist das Wahrzeichen Stuttgarts und das Markenzeichen des Südwestrundfunks, dem der Turm auf städtischem Boden gehört. Auf diese Formel haben Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) und SWR-Intendant Peter Boudgoust das symbiotische Verhältnis rund um den Turm einmal gebracht. An diesem Freitag steigen die beiden dem Fernsehturm denn auch gemeinsam aufs Dach, um ihn nach fast drei Jahren wieder der Öffentlichkeit zurückzugeben. Und an diesem Samstag darf ganz Stuttgart Besitz davon nehmen. Das ganze Land, wenn es will. Spektakuläres wird es dabei nicht geben. Keinen Rummel. Fernsehturm pur, wenn man davon absieht, dass der Shopbereich unten neu gestaltet ist.

Fernsehturm wird 60

Mehr und vor allem eine durchgehende Öffnung in der Nacht will der SWR dann vom 5. zum 6. Februar bieten, wenn ein runder Geburtstag begangen wird. Der Fernsehturm wird 60. Und er steht besser da als mancher jüngere Artgenosse. So viel ist sicher, nachdem seit der Schließung aus Brandschutzgründen mit Wirkung vom 27. März 2013 viel Arbeit in das Kulturdenkmal investiert worden ist. Auch viel Geld. Rund 1,8 Millionen Euro. Damit hat der SWR die Brandlasten im Turmschaft beseitigen lassen, weshalb unter anderem die Kabel für die Sendeeinrichtungen, jedes knapp zehn Zentimeter dick, vorzeitig ausgetauscht und brandsicher verlegt wurden. Viele andere Kabel wurden auch umkapselt, damit sie den Besuchern nicht gefährlich werden können, wenn sie durch den Aufzugschacht bewegt werden. Die Lokale unten und oben und der Shopbereich sind auch erneuert.

Den Stuttgarter Fernsehturm, weltweit der erste seiner Art in Spannbetonausführung, haben sich vor über 60 Jahren der Bauingenieur Fritz Leonhardt und Architekt Erwin Heinle ausgedacht. Die Stuttgarter Nachrichten bekamen seinerzeit als erste Wind von den Plänen und veröffentlichten 1953 eine futuristisch anmutende Skizze des Turms. Ohne den Computer als Hilfsmittel waren die Erbauer weitgehend auf ihre Intuition angewiesen. Und Leonhardt war sich seiner Sache so sicher, dass er in einer Gewitternacht auch seiner besorgten Frau herzhaft lachend widersprach. Der Turm könne gar nicht umstürzen, erklärte ihr der Baumeister.

Einfühlungsvermögen ins technisch machbare

Wie häufig bei seinen Projekten hatte sich Leonhardt auch beim Fernsehturm der Natur bedient: So knickt etwa auch eine Weizenähre – eine Röhre – selbst bei starkem Wind nicht um. „Sein Einfühlungsvermögen ins technisch Machbare ist unglaublich“, sagte einmal Hans-Peter Andrä, der Sohn von Wolfhart Andrä, mit dem Leonhardt einst sein Ingenieurbüro gegründet hatte. Alle späteren Berechnungen am Computer haben die Pläne von Leonhardt und Heinle übrigens bestätigt.

Obwohl der Stuttgarter Fernsehturm die Blaupause für Fernsehtürme auf der ganzen Welt darstellt, fehlt er in einem speziellen Club. Jetzt ist er endlich auch reif für die Aufnahme in die Vereinigung der hohen Türme der Welt. Der Aufnahmeantrag liegt bereits in den Büros der SWR Media Services GmbH, die den Turm im Auftrag des Senders verwaltet und vermarktet. Den Antrag habe man schon länger im Sinn gehabt, sagt Annette Schmidt, von der Marketingabteilung bei der Turmbetreiberin. Doch an verschiedenen Stellen hätte man bisher auf dem Antragsformular „geschlossen“ eintragen müssen. Das wollte man nicht.

Jetzt steht dem Ausfüllen des Antrags nichts mehr entgegen. Denn jetzt leuchtet er ja wieder, der Stuttgarter Fernsehturm, dieser Leuchtturm der Baukunst.