Wenn es für die Paketpost zu spät ist: Osiander fährt in der Innenstadt mit dem Fahrrad zu den Kunden. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Schlag kam plötzlich und unvermittelt: Mit einer extrem kurzen Vorlaufzeit musste der Einzelhandel just in der so rentablen Vorweihnachtszeit schließen. Das Abholangebot musste ebenfalls eingestellt werden. Nun liefern die Händler eben in der Stadt aus!

Stuttgart - Eine ganze Branche erstarrt förmlich, mental auf die vorweihnachtliche Hektik eingestellt, ist es im Einzelhandel nun unfreundlich still. „Als ich meine Mitarbeiter eingestimmt habe, war das schon ein komisches Gefühl“, sagt Thomas Breuninger, der Geschäftsführer von Tritschler, dem Traditionshaus am Marktplatz. Alle hatten sich darauf eingestellt, dass der Lockdown nach Weihnachten komme und die Tage davor in dem Fachgeschäft für Tischkultur und Küchenutensilien extrem stressig würden. Nun herrscht Ruhe. Breuninger teilte seine Mannschaft dennoch ein, das Telefon ist in diesen Tagen dauerhaft besetzt. „Das wird auch angenommen“, sagt er, für manche Dinge brauche es Beratung, trotz des funktionierenden Online-Shops.

Der Unterschied zwischen Pizza und Kochtopf

Bei Tritschler wollte man sich allein darauf nicht verlassen. Wenn es vor Weihnachten eng werden sollte mit dem Versenden, dann fahren die Mitarbeiter die Geschenke auch selbst innerhalb der Stadt und bestimmter Grenzen aus. Online mache zwar nur einen Bruchteil des Weihnachtsgeschäfts aus, aber immerhin dies. Breuninger versteht nur nicht, warum die Kunden die Waren nicht beim Laden abholen dürfen, dies wäre leicht mit Abstand und allen Regeln zu machen gewesen. In anderen Bundesländern ist dies auch nach wie vor möglich. „Den Unterschied zwischen einem Kochtopf und einer Pizza sehe ich nicht“, sagt er.

Auf das Prinzip Lieferservice vertraut auch das Kaufhaus Mitte, der trendige Shop. In den Sozialen Medien wurde eine Mobilnummer veröffentlicht, hier kann man per WhatsApp ordern, das Kaufhaus liefert dann.

Buchhändler steigen aufs Fahrrad

Vorreiter beim Lieferservice waren schon immer die Buchhändler, die der Konkurrenz von Amazon unbedingt etwas entgegensetzen mussten. Thalia-Wittwer, der Platzhirsch in der Stadt, hat schon länger einen Online-Shop, auch die kleinen Buchläden haben hier längst aufgerüstet. Osiander am Marktplatz ebenfalls, aber in diesen Zeiten geht dieser Betrieb noch weiter. Da bei einer Verschickung mit DHL nicht mehr garantiert werden kann, dass die Bücher auch zum Fest ankommen angesichts des immensen Paketpostaufkommens, liefert Osiander nun zumindest in einigen Postleitzahlenbereichen in der Innenstadt selbst aus. Die Beratung erfolgt telefonisch. „Wir versuchen alles möglich zu machen“, sagt Filialleiterin Sandra Werner. Während in Tübingen Osiander-Chef Christian Riethmüller selbst aufs Fahrrad steigt, macht das in Stuttgart ein Mitarbeiter.

In anderen Bundesländern wie Berlin und Brandenburg gehören Buchhändler übrigens zur Grundversorgung und dürfen unter Auflagen geöffnet bleiben.

Wie sehr solche Angebote angenommen werden, zeigt der Laden Buchstäbchen im Stuttgarter Westen. Das Team sei zwar noch bis zum 23. Dezember im Laden, arbeite in dieser Zeit aber die ganzen Bestellungen ab, die bis zum 17. Dezember eingegangen sind, damit all diese auch noch rechtzeitig bis Weihnachten ankommen. Der Tipp allerdings lautet auch hier wie bei Osiander oder Tritschler: Einfach zum Hörer greifen und direkt besprechen, was noch möglich ist.