Ursel und Hans Bucher vor ihrem mobilen Zuhause. Foto: Achim Zweygarth

Die FDP-Altstadträtin Ursel Bucher bricht mit ihrem Mann im Wohnmobil zu einer Weltreise auf.

S-Nord - Den letzten Abend vor dem großen Abenteuer haben die Buchers auf einem Parkplatz eines Stuttgarter Hotels im Wohnmobil verbracht. Mit Freunden feiern, und es war noch Zeit für ein Fest vor dem Aufbruch. Als die anderen Gäste in ihren Hotelzimmern verschwunden sind, haben sich die Buchers auf ihren Liegen im Wohnmobil ausgestreckt.

An das Fehlen eines Bettes müssen sie sich gewöhnen. In den kommenden zwei Jahren werden sie praktisch jede Nacht im Wohnwagen verbringen. Auf ihrem Weg von Stuttgart nach Asien, von dort nach Australien und Neuseeland und schließlich, im Flieger nach Mittelamerika. Das Wohnmobil wird schon in einem Frachter Panama erreicht haben, wenn sie in dem zentralamerikanischen Land am Flughafen ankommen.

Zunächst fahren die Stuttgarter allerdings quer durch Europas Südosten und die Türkei nach Georgien. In Batumi, einer Stadt am Schwarzen Meer, treffen sie andere Mitglieder ihrer Reisegruppe. Gemeinsam steuert dann ein Konvoi von Wohnmobilen den Iran an.

„In Deutschland herrscht schlechte Laune im Wohlstand. In den ärmsten Ländern ist es umgekehrt“

Der Runner, so heißt das Wohnmobil der Buchers, ist voll gepackt. Vor der Abreise hatten sie jetzt Zeit, noch mal zur Ruhe zu kommen und nachmittags auf ihrem Balkon zu sitzen. Die Buchers genießen den Ausblick auf den Stuttgarter Kessel. Der Hauptbahnhof ist deutlich zu erkennen und natürlich der Fernsehturm.

Es ist nicht so, dass sie es nicht in Stuttgart aushalten würden. Für die Stadt hat sich Ursel Bucher als Gemeinderätin der Liberalen eingesetzt. In Stuttgart war ihr Mann bis zur Rente erfolgreicher Unternehmer. Hier haben die Buchers schließlich auch drei Kinder groß gezogen. Stuttgart, das ist für sie fast schon ein Synonym für ein arbeitsreiches und pflichterfülltes Leben. Doch dieser Lebensabschnitt sei jetzt eben vorbei, sagt Hans Bucher.

Was das Paar im Ruhestand hinauszieht in die Welt und in Länder, die andere nur unter dem Begriff „Krisengebiet“ kennen, lässt sich anhand von Erzählungen und Anekdoten von früheren Reisen ermessen. Irgendwo in Indien ging auf einer früheren Reise einmal der Nutzwassertank des Wohnmobils leer. Doch das nächste Dorf war wenigstens nicht fern. Auf dem staubigen Dorfplatz gab es auch einen Brunnen. Der Dorfälteste begrüßte Ursel Bucher und ihren Mann Hans, die nach Wasser fragten. Der Dorfälteste nahm ein paar Rupienscheine von den Ausländern. Dann durften sie den Eimer in den Brunnen senken. Andere westliche Wohnmobilfahrer taten es ihnen gleich. Doch es blieb nicht bei einem Eimer. Der Dorfälteste wollte, dass die Ausländer ihre Tanks komplett füllen, ohne dass er dafür Geld verlangte. „Am Ende war der Brunnen leer und wir beschämt“, sagt Ursel Bucher.

Nach einer anderen Reise fuhren die Buchers auf den letzten Kilometern vor Stuttgart unter einer Brücke durch. Die Menschen, die oben gingen, richteten den Blick auf den Boden. „Wir dachten, es wäre etwas Schlimmes passiert“, sagt Ursel Bucher. Einige Tage später war den Stuttgartern klar, dass sie lediglich wieder zuhause waren. „In Deutschland herrscht schlechte Laune im Wohlstand. In den ärmsten Ländern ist es umgekehrt“, sagt sie.

Dem Glück auf der Spur

Eigentlich sind die Buchers auf ihren Reisen dem Rätsel des menschlichen Glücks auf der Spur. Ursel Bucher hat es zum Beispiel entdeckt, als sie im Iran in einem Museum auf die Toilette ging. Kichernde junge Mädchen richteten ihre Haare unter dem Tschador und legten Make-up auf. „So viel Lebensfreude angesichts enger Grenzen, die andere setzten, das hat mich zutiefst beeindruckt“, sagt sie.

Äußere Umstände setzen auch den Buchers Grenzen auf ihren Reisen. Beide sind bereits über siebzig. Sie könnten sich auch darauf beschränken, nur für ihre Enkel da zu sein oder für ihren Garten – wie so viele. Für Ursel Bucher ein Graus. „Ich kenne viele Leute in unserem Alter, die alles mögliche vorschieben, um ihre Träume nicht zu verwirklichen. Eigentlich wollte ich noch, aber ging nicht, das gibt es bei uns nicht.“

Hans Bucher ist zudem seit Jahren an Krebs erkrankt. „Wir haben einen Berg an Medikamenten mit dabei“, sagt Ursel Bucher. Wegen seiner Erkrankung rechnen die Buchers mit allen Eventualitäten. Auch damit, dass die Reise vorzeitig endet. „Das wäre nicht schlimm“, sagt Ursel Bucher. „Für uns ist jeder Tag das Ziel.“