Renata Horvat ist Krankenschwester aus Überzeugung. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Freiwilliges Engagement: Renata Horvat ist eine von drei Stuttgarter DRK-Schwestern, die sich in Berlin um China-Heimkehrer in Quarantäne gekümmert hat.

Stuttgart/Berlin - Renata Horvat sitzt bei einer Tasse Kaffee im Mutterhaus der Württembergischen Schwesternschaft vom Roten Kreuz in Stuttgart. Am Revers ihrer schwarzen Bluse trägt sie den Button mit dem roten Kreuz. Es waren vor allem die sieben berufsethischen Grundsätze, warum sie sich vor knapp 20 Jahren dafür entschieden hat, ihren Weg als Krankenschwester bei der Schwesternschaft zu gehen. „Wichtige Punkte dabei waren für mich die Neutralität und die Menschlichkeit“, sagt Horvat, die normalerweise auf der Intensivstation des Klinikums Stuttgart arbeitet. Jetzt liegt aber ein besonderer Einsatz hinter ihr: Die 45-Jährige war eine von drei Rotkreuzschwestern aus Stuttgart, die sich in den DRK-Kliniken Köpenick in Berlin um die Wuhan-Rückkehrer gekümmert hat.

Demonstrationen gegen die Unterbringung der möglichen Coronavirus-Patienten

Und wie hat ihr privates Umfeld auf ihre Entscheidung reagiert? „Die haben das sehr positiv aufgenommen, und keiner macht sich jetzt Gedanken, ob er mir die Hand schütteln soll“, sagt sie. Sie weiß aber, dass es auch andere Fälle gegeben hat, dass Bekannte von Helfern auf Distanz gegangen sind. Und auch vor dem Klinikum in Köpenick gab es Demonstrationen gegen die Unterbringung der möglichen Coronavirus-Patienten, obwohl die Menschen in einem separaten Gebäude untergebracht waren. Die Stuttgarterin hat dennoch Verständnis für die Leute. „Man hat immer Angst vor allem Unbekannten, deshalb ist ja die Aufklärung so wichtig“, sagt sie.

Seit Freitag ist Renata Horvat wieder in Stuttgart. Sie hat sich freiwillig für das siebentägige Engagement meldet. „Ich musste nur abklären, ob in der Klinik so lange jemand meinen Job macht“, sagt Horvat. Rückblickend ist sie dankbar für die interessante Arbeit im Team, den Austausch mit den Kollegen. „In diesem Kontext war ich zum ersten Mal im Einsatz“, sagt sie. Im zweiten Stock eines Verwaltungsgebäudes waren in Köpenick zwölf Räume für die 16 Erwachsenen und vier Kinder hergerichtet worden. Es ist nicht leicht, zwei Wochen in der Isolation zu leben. Die Dauer rührt daher, dass Experten diese Zeit als maximale Inkubationszeit des Erregers annehmen, also als Zeit zwischen Ansteckung und Krankheitsausbruch. Getrennt von den Familien, auszuharren auf wenigen Quadratmetern, umgeben von Menschen, die man nicht kennt – das kann eine starke Belastung sein. Den Menschen fehlt vor allem Normalität.

Renata Horvat hat deshalb auch Respekt vor den Patienten, wie sie mit dieser Situation umgehen. Und natürlich verarbeite jeder Mensch die Quarantäne unterschiedlich. Sie verrät dennoch nicht, was die Menschen im Einzelnen bewegt: „Zum einen geht es um den Schutz der Privatsphäre, zum anderen beruht meine Arbeit generell auch darauf, dass die Menschen mir Vertrauen können.“ Denn auch wenn die Chinarückkehrer anonym geblieben sind, standen sie doch dauernd unter Beobachtung der Öffentlichkeit. Ernsthaft krank war hier niemand – anders als die Patienten, mit denen sie es normalerweise auf der Intensivstation zu tun hat, die sich beispielsweise nach einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt zurück in Leben kämpfen. „Aber für jeden Menschen ist seine Ausnahmesituation eben eine Ausnahmesituation, das gilt auch für die Patienten in Köpenick.“

Sich kümmern, ein offenes Ohr für die Menschen haben oder einfach nur zuhören

Horvat wurde in der Nachtschicht eingesetzt, die je nachdem zwischen acht und zwölf Stunden dauerte, war für die medizinische, aber vor allem für die soziale Betreuung der Menschen zuständig. Sich kümmern, ein offenes Ohr für die Menschen haben oder einfach nur zuhören. Das kennt sich auch aus ihrem Alltag auf der Intensivstation, wo sie die Angehörigen der Patienten trösten und beruhigen muss, weil oft die Nerven blank liegen. Sie weiß nicht, wie oft sie sich auf der Isolierstation am Tag die Hände desinfiziert hat, den Mundschutz hat sie alle zwei Stunden gewechselt, den Schutzmantel vor jedem Eintritt in die Schleuse. Für Horvat ist das gelebte Routine. Sie hat eine Weiterbildung zur Hygienefachkraft gemacht – ein Bereich, der in Krankenhäusern immer wichtiger wird.