Haftbefehl wollte wohl ins Dönergeschäft einsteigen. Der Alaturka-Gründer Yüksel Dogan aus Stuttgart erinnert sich an ein Geschäftstreffen mit dem Rapper.
2019 war Rapper Haftbefehl noch ein Mann, der vor Kraft nur so strotzte, und kein Vergleich zu dem von schwerem Drogenmissbrauch gezeichneten Musiker, den die viel beachtete Netflix-Doku „Babo – Die Haftbefehl-Story“ heute zeigt. So erinnert sich jedenfalls Yüksel Dogan, Gründer des legendären Dönerladens Alaturka in Stuttgart an jenen Aprilmorgen vor sechs Jahren, als der Musiker plötzlich bei ihm an der Theke stand.
„Ich dachte ehrlich gesagt, dass er besoffen ist“, sagt Dogan, der seit 2024 bei Alaturka komplett ausgestiegen ist. Er hatte keine Ahnung, wer der junge Mann war. Als Aykut Anhan, wie der Rapper aus Offenbach bei Frankfurt bürgerlich heißt, sage und schreibe 70 Euro Trinkgeld für einen Döner gegeben habe, sei er dann aber doch neugierig geworden. Eigentlich habe er das Geld auch gar nicht annehmen wollen – aber der Rapper habe darauf bestanden.
„Da offenbarte er mir seinen Plan“
Auf die Frage hin, wer der junge Mann denn sei, habe Haftbefehl mit geantwortet: „Abi (Bruder), ich mache Musik.“ Dogan habe zunächst an einen türkischen Hochzeitsmusiker gedacht, erinnert er sich. Erst ein Gast habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass hier einer der bekanntesten deutschen Rapper vor ihm stehe. „Ich habe zuerst nicht verstanden“, sagt Dogan, „Haftbefehl – ich habe gefragt: Wird der gesucht?“
Später habe Yüksel Dogan dann erfahren, dass der heute 39-Jährige nicht ganz zufällig über seinen Dönerladen an der Olgastraße gestolpert war, als ihn der Hunger überkam. „Aykut wollte sich mit mir treffen“, erinnert sich Dogan.
Das Treffen fand in einem Hotel an der Heilbronner Straße statt. In Stuttgart wird gemunkelt, dass Aykut Anhan dort zeitweise lebte. „Da offenbarte er mir seinen Plan, eine Alaturka-Filiale in Frankfurt eröffnen zu wollen.“ Im Laufe des Abends habe Haftbefehl Haftbefehl-Sachen gemacht, auf die Dogan nicht näher eingehen möchte. Schaut man sich die Doku über den Musiker an, die seinen Absturz und seine Drogensucht, seine psychischen Abgründe schonungslos dokumentiert, lässt sich erahnen, was Dogan meinen könnte.
Jedenfalls habe Anhan es sich auf einem Sofa sehr gemütlich gemacht und mit seinem Geld geprahlt. Wie viel Geld er an diesem Tag in Stuttgart wohl ausgegeben habe, soll der Rapper den Dönerverkäufer gefragt haben. „Ich habe geschätzt: ein paar hundert Euro vielleicht“, sagt Dogan. Die Antwort sei gewesen: mehrere Tausend Euro. Und einen Maybach habe Haftbefehl sich auch gleich bestellt. Und seine Uhr habe er gezeigt – angeblich so teuer wie ein Luxusauto. Dogan war sich nicht sicher, was davon stimmte und was nicht.
Dogan wahrte einen gewissen Abstand zu Haftbefehl
Sicher sei er sich dagegen gewesen, dass es als Geschäftspartner zwischen den beiden nicht passen würde. „Ein lustiger Abend war es trotzdem“, erinnert er sich – und sehr spät sei es geworden.
Anhan und Dogan hielten auch weiterhin Kontakt, immer mal wieder sei der Rapper im Dönerladen aufgetaucht, durfte auch in die Küche. Rückblickend betrachtet er es dennoch als richtig, einen gewissen Abstand zu Haftbefehl gewahrt zu haben. „Aykut ist ein Mensch mit einem reinen Herzen und guten Absichten“, sagt der Gastronom, „doch er hat Schwierigkeiten, diese Güte in die Tat umzusetzen.“
Nicht weil er nicht wolle, sondern weil sein Geist vom Drogenkonsum betäubt sei. „Selbst zu der wichtigen Hilfsaktion für die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien, die ich organisiert hatte, ist er nicht erschienen.“ Das habe ihn damals sehr enttäuscht. „Er hat mich nicht einmal angerufen, um sich zu entschuldigen.“
Das wäre zumindest demzufolge, was in der Doku zu sehen ist, auch überhaupt nicht Haftbefehls Art gewesen. Weggefährten berichten, wie er selbst eigenen Auftritten einfach ferngeblieben sei. Eine Szene zeigt, wie er sich kurzfristig entschließt, einen Familienurlaub nach dem Packen der Koffer spontan abzusagen – keine Lust. Nina Anhan, mit der er zuletzt in der Region Stuttgart lebte, schildert in dem Film häufig den Tränen nahe, wie herausfordernd die Ehe mit dem Star sei.
Yüksel Dogan glaubt, dass Haftbefehl kein Vorbild ist. „Natürlich finden viele Jugendliche Geschichten voller Luxus und Abenteuern spannend.“ Aber das wahre Leben bestehe aus anderen Werten.