Wirtin Laura Halding-Hoppenheit ist auf dem Cover der Frauenedition der „Stuttgarter Charakterköpfe“. Foto: Klaus Schnaidt

Die meisten kannten sich bisher nur aus der Zeitung: Designerin Lissi Fritzenschaft hat kreative und starke Stuttgarterinnen eingeladen, die im weiblichen Fortsetzungsband der „Stuttgarter Charakterköpfe“ erscheinen.

Stuttgart - Im Frühling fühlt sich die Primaballerina Alicia Amatriain, Star des Stuttgarter Balletts, in ihrer schwäbischen Wahlheimat am wohlsten. „Wenn die Sonne scheint, es wärmer wird und grüner, kommt Leben in die Stadt“, schwärmt die Spanierin. Dann blühe Stuttgart nahezu südländisch auf. So bunt, wie’s die Natur treibt, ist die Gästeschar, die Modedesignerin Lissi Fritzenschaft an diesem Maienabend in ihrem gastfreundlichen Heim in Feuerbach versammelt. Stuttgarts starke Frauen lernen sich kennen – die Erste Solistin im Opernhaus ist eine von ihnen.

Vom Youtube-Star Jenny Marsala bis zur Sommelière Christina Hilker, von der Galeristin Imke Valentien bis zu den Verlegerinnen Karin Endress und Jolanta Gatzanis, von den Künstlerinnen Iris Caren Herzogin von Württemberg, Susanne Adelmann und Christa Winter bis zur Foodbloggerin Christine Garcia Urbina, von der Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle bis zur Volksfestwirtin Sonja Merz – bei Kartoffelsalat mit Fleischküchle und Spätburgunder, den Winzerin Sonja Beck mitgebracht hat, kommen sich die Gäste rasch näher, von denen sich etliche bisher nur aus der Zeitung kannten.

Gäste singen gemeinsam

Kaum, dass alle „Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus“ singen (bei den Festen von Lissi Fritzenschaft wird immer gesungen), scheint es, als wären die Mädels, die jungen wie die jung gebliebenen, schon recht lange ziemlich beste Freundinnen. Einige haben ihre Männer dabei. Die meisten aber sind gut gelaunt allein erschienen.

So verschieden die Frauen sind, so haben sie doch was gemeinsam: Sie lieben Stuttgart. Und alle standen vor der Kamera von Wilhelm Betz für die Frauenedition seines Bildbandes „Stuttgarter Charakterköpfe“. Jetzt will er mit Christa Tesch vom Silberburg-Verlag verkünden, wer es bis nach vorne aufs Buch geschafft hat, das im Herbst erscheint. Die Spannung ist groß. Das Cover, von schwarzem Tuch umhüllt, steht auf einer Staffelei. Im Band werden knapp 60 starke Frauen sein, die, jede in ihrem Bereich, also auf vielfältige Weise, ihre Stadt mitprägen. Eine Besonderheit von Stuttgart: Vier Museen werden von Frauen geführt – dieses Direktorinnen-Quartett fehlt nicht im Buch. So hoch ist die Chefinnenquote sonst nicht.

Langsam, fast feierlich zieht Betz die Umhüllung fort, und schon brandet Beifall auf. Die Entscheidung der Buchmacher, Laura Halding-Hoppenheit aufs Cover zu setzen, stößt auf Zustimmung. Über Parteigrenzen hinweg wird die Chefin des 40-jährigen Kings Club, Stadträtin und „Schwulen-Mutti“ für ihr soziales Engagement und ihren Einsatz für Toleranz und gegen Homophobie geschätzt. Eine Frau nach der anderen umarmt die lebende Club-Legende, als wolle man dem „Titelgirl“ für eine hohe Auszeichnung gratulieren.

Wirtin fliegt zum CSD nach Bukarest

Am Tag nach der Ladys’ Night fliegen zwei in Feuerbach feiernde „Charakterfrauen“ nach Bukarest: Laura Halding-Hoppenheit und MdL Brigitte Lösch werden in der rumänischen Hauptstadt an der CSD-Demonstration teilnehmen. Noch immer geht dies nur unter Polizeischutz. „Rumänien ist, was die Rechte für Schwule und Lesben angeht, dort, wo wir vor 40 Jahren waren“, sagt die Wirtin. Am Sonntag kehren die Frauen in aller Frühe zurück. Brigitte Lösch will mit dem VfB den Aufstieg feiern und rechnet fest damit.

Am späten Abend setzt die Gastgeberin der Maienparty ihren etwa 40 Gästen lustige Hütchen oder Stirnbänder auf. Die Stimmung wird noch besser. Verkleidungsfeste hat sie auch schon mit dem Designerkollegen Wolfgang Joop gefeiert. „Wir sind mal alle als Spielkarten gekommen“, erzählt Lissi Fritzenschaft. Joop wollte am selben Abend in Stuttgart sein Label Wunderkind vorstellen, nicht bei ihr, aber in der Boutique Bungalow. Kurzfristig hatte er abgesagt, angeblich wegen Krankheit. Zum Trost gab’s für die Gäste Schampus.

Stuttgarts starke Frauen brauchen bei den Fritzenschafts zum Fröhlichsein keinen Stardesigner aus Berlin. „Wir müssen den Moment genießen“, findet die Hausherrin und sagt es mit Ustinov: „Jetzt sind die guten alten Zeiten, an die wir uns später so gern erinnern werden!“