Mario Gomez (re.) zieht ab, trifft aber nicht. Am Ende muss sich der VfB Stuttgart mit einem Punkt gegen Hannover 96 begnügen. Foto: Pressefoto Baumann

Der VfB Stuttgart steht in der Tabelle der Fußball-Bundesliga auch nach dem 1:1 gegen Hannover 96 sehr gut da, dennoch gibt es Diskussionen.

Stuttgart - So eine Fahrradtour am Sonntagmorgen, noch dazu bei herrlichem Frühlingswetter, hat durchaus das Zeug dazu, böse Gedanken aus den Köpfen zu verbannen. Aber ob das auch den Fußballprofis des VfB Stuttgart gelungen ist, als sie am Tag nach der Partie gegen Hannover 96 in die Pedale traten?

Schon vergessen dürfte der Ärger wohl nicht gewesen sein, den sich die Truppe im Heimspiel selbst eingebrockt hat – in der Nachspielzeit einer Partie, die längst als gewonnen galt. Ein langer Ball, ein verlorenes Kopfballduell, eine schlechte Position des Keepers – schon hieß es 1:1 statt 1:0 (durch ein schönes Tor von Erik Thommy) gegen den Mitaufsteiger in die Bundesliga, gegen den der VfB sein Heimspiel eigentlich unbedingt gewinnen wollte. „In der äußeren Wahrnehmung wäre ein Sieg wichtig gewesen“, sagte hinterher Michael Reschke.

Keine Abstiegssorgen mehr

Der Sportvorstand des VfB ist zwar mehr als zufrieden mit den 39 Punkten, die das Team mittlerweile gesammelt hat, und am Klassenverbleib hat er auch keinerlei Zweifel mehr. Allerdings hat er auch keine Lust, nach dem letzten Spieltag auf eine ganze Reihe von Partien zu schauen, die sein Club in Serie nicht mehr hat gewinnen können. Mit acht ungeschlagenen Partien (darunter fünf Siege) hat sich der VfB nach dem Trainerwechsel von Hannes Wolf zu Tayfun Korkut recht souverän seiner Abstiegssorgen entledigt. Mittlerweile aber sind es auch drei Spiele ohne Sieg – und das Restprogramm (Werder Bremen, Bayer Leverkusen, 1899 Hoffenheim, FC Bayern) klingt nicht gerade nach einer Kaffeefahrt ins Grüne. „Wir können es nächste Woche im Heimspiel gegen Werder besser machen“, sagte Coach Korkut mit Blick auf den kommenden Samstag. Und Mario Gomez ergänzte: „Klar, Fußball ist auch ein Erlebnissport.“

In den vergangenen Wochen allerdings ging es völlig zurecht viel mehr um die Ergebnisse, die den Verbleib in der Bundesliga sichern. Deshalb sagte Stürmer Gomez auch: „Wir können stolz auf unsere bisherigen Leistungen sein.“ Korkut sah es ähnlich: „Wir hatten sehr, sehr gute Wochen.“ Erlebnis vor Ergebnis – das gilt für den Coach nun dennoch nicht. Was einerseits verständlich ist.

Korkut versichert: „Kein Spannungsabfall“

Würde Korkut nach erfolgreichen Wochen ohne Not Personal und Spielanlage verändern, würde er womöglich die erlangte Stabilität und Struktur der Mannschaft riskieren – und, wenn’s schief geht, die Frage aufwerfen: Ist der Korkut-Effekt schon wieder verpufft? Und als Basis für den Einstieg in die nächste Saison sind verlässliche Größen wohl auch besser als ein wildes Experimentieren als letzter Eindruck. Andererseits gibt es schon jetzt Stimmen, die zwar zufrieden sind mit der aktuellen Ausbeute an Punkten, die im Anschluss an die praktisch erreichte Rettung aber zwei Vorwürfe formulieren.

Der erste: Die Mannschaft ist zufrieden mit dem Erreichten und nicht mehr heiß auf weitere Erfolge noch in dieser Saison. Der Satz „Wir müssen sehen, wo wir herkommen“ gilt bei diesen Kritikern zwar nicht als falsch, taugt ihnen aber mit Blick auf die namhafte Startelf (mit acht aktuellen oder ehemaligen Nationalspielern) im Saisonfinale nicht mehr als stete Erklärung für Minimalanforderungen (Platz 15). Korkut hält dagegen: „Es gab keinen Spannungsabfall. Wenn die Mannschaft so weiterspielt, wird die Stimmung nicht kaputt gehen.“

Gomez verspricht „mehr Angriffsfußball“

Der zweite Vorwurf trifft den Coach selbst: Er bleibe zu vorsichtig und sicherheitsorientiert. Auch das will Korkut nicht so stehen lassen, verweist auf „Umschaltmomente“ im Spiel gegen Hannover 96 und versichert: „Wir haben nach vorne gespielt, wir hatten Chancen, wir waren offensiv.“ Mögliche offensive Auswechslungen seien außerdem durch die Verletzungen von Andreas Beck und Benjamin Pavard nicht möglich gewesen. Ein konsequentes Drängen auf einen zweiten Treffer und die Entscheidung gegen den Mitaufsteiger war dennoch eher weniger auszumachen. Für die Fans – aber auch manch einen Spieler.

„Der wichtigste Ball ist der erste nach einem Ballgewinn“, dozierte Gomez, „der muss nach vorne, da musst du ein, zwei Linien des Gegners überspielen. Aber da haben wir zu sehr auf Sicherheit und den Ball zu oft nur nach hinten gespielt.“ Der Stürmer ergänzte: „Wenn der Gegner weit aufmacht, sehen wir die Räume nicht, da fehlt uns das Spielerische.“ Immerhin ist er sicher: „Wir werden auch wieder mehr Angriffsfußball zeigen.“ Was wohl aber ein Projekt für die nächste Spielzeit ist.

Der Kader soll dann eben um dieses spielerische Element bereichert sein, die Folgen einer Negativserie gilt es am Beginn einer Saison erst einmal nicht zu verdrängen, und im zweiten Jahr nach dem Aufstieg sind womöglich auch Selbstverständnis und Selbstvertrauen des Teams noch einmal gewachsen. Bis dahin „wollen wir in dieser Saison noch so viele Punkte wie möglich holen“, versicherte Korkut, wobei Reschke schon ahnte: „Jeder Zähler, den wir jetzt noch holen, wird hart erarbeitet sein müssen.“ Personelle Versuchsreihen deutete der Sportchef zwar an, auf den Kopf stellen wird Tayfun Korkut seine Prioritätenliste aber nicht mehr. „Ergebnisse“, sagt der Coach, „stehen weiter über allem.“

VfB Stuttgart - Bundesliga

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