Für einen guten Zweck sind zwei Mitarbeiter des Stuttgarter Kosmos-Verlags mit einer motorisierten Rikscha auf einem Abenteuertrip 2700 Kilometer durch Indien gereist.
Stuttgart - Der Motor einer Rikscha hat ein sensibles Innenleben. Jede Stunde muss man ein kleines Päuschen einlegen, damit er abkühlen kann. Und streng genommen ist das dreirädrige Fahrzeug nicht wirklich für die Langstrecke konzipiert. Das hindert rund 140 Abenteuerlustige aber nicht daran, sich mit 70 dieser Fortbewegungsmittel auf eine 2700 Kilometer lange Reise durch den Nordwesten von Indien zu begeben.
Mit am Start bei der Rikscha-Rallye sind auch Katja Ermitsch und Christian Boochs vom Stuttgarter Kosmos-Verlag. Anlass ist das 20-Jahr-Jubiläum der „Siedler von Catan“. Der Spiele-Hit von Claus Teuber, der im fiktiven Catan spielt, wurde seit 1995 über 22 Millionen Mal in 30 Sprachen und in 40 Ländern verkauft. „Die Platzierung ist bei diesem Abenteuer eher nebensächlich, Ankommen ist wichtig und Spendensammeln für Childaid Network“, sagt Christian Boochs, der beim Verlag für das Online-Marketing zuständig ist.
Diese Organisation fördert mit lokalen Partnern vor Ort Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche unter anderem in Nordostindien. Das Lampenfieber ist dem 30-Jährigen anzumerken, als er in seinem Büro in der Pfizerstraße mit der Presseabteilung die letzten Daten abstimmt. Über einen Blog und Twitter können die Catan-Fans die Reise verfolgen.
Boochs hatte schon immer eine Affinität zu Asien. Sechs Monate hat er im indonesischen Jakarta studiert und das Land mit einem Moped bereist. Aber die Rikscha ist auch für ihn Neuland.
Drei Tage lang wurde er mit seinen Mitstreitern in der Wüstenstadt Jaisalmer in die Feinheiten der Rikscha eingeweiht und das Dreirad auf Catan gestylt. Die wichtigsten Dinge beim Rikschafahren hat er schnell verinnerlicht – die Bremse, die Hupe, viel Glück und natürlich den Wert eines Schraubenschlüssels. 1800 aufregende Kilometer liegen inzwischen hinter ihm und Katja Ermitsch, obwohl die Rikscha maximal auf 50 Stundenkilometer beschleunigen kann. Übernachtet wird in einfachen Hotels, oft ist die Bettruhe um 5 Uhr morgens vorbei, damit man das Tagespensum von rund 300 Kilometern auch schafft.
Sie haben viel gesehen: das faszinierende Tadsch Mahal in Agra oder Varanasi, die heiligste Stadt des Hinduismus mit ihren Marktstraßen voller Gewürzwagen und Seidenständen. Von dort machen sie mit der Rikscha eine kleine Bootsfahrt entlang des Ganges, um dann weiter Richtung Nordosten zu fahren. Die Ruhe auf dem Fluss ist ein willkommener Kontrast zu den vollgestopften und lauten Straßen.
Doch die Fahrt zehrt auch an den Kräften, die Schlaglöcher zählen sie schon lange nicht mehr. „Es wird immer schwerer, Tankstellen zu finden, und zum Essen kommt man oft erst am Abend“, erzählt Christian Boochs auf seinem Blogg. Und planen kann man auch nicht alles. Einmal wurden sie von einem 15-minütigen Sandsturm aufgehalten, einmal streikte die Batterie und am Mittwoch das ganze Gefährt.
Den zusätzlichen Tag Pause in Siliguri nutzten sie, um sich mit Martin Kasper zu treffen, der die Stiftung Childaid Network gegründet hat. Das Geld der Spenden fließt in Projekte für Straßenkinder, Waisenheime und Schulen für Flüchtlingskinder. Die Analphabetenquote ist in dieser Region sehr hoch. Deshalb bekommen junge Erwachsene, die nicht die Möglichkeiten hatten, zur Schule zu gehen, die Chance, in einer Abendschule zu lernen.
Die jungen Menschen sollen ihren Lebensunterhalt vor Ort verdienen können. Es geht um Nachhaltigkeit. Das jeweilige Dorf verpflichtet sich, ein Gebäude für die Schulklassen zur Verfügung zu stellen. Einige der Kinder werden später selbst als Lehrer ausgebildet, um das Vermittelte weiterzutragen. Unter anderem besuchte das Catan-Team in Krokjahar ein Childaid-Projekt vor Ort. Ein anonymer Unterstützer will alle Spenden verdoppeln.
„Ich hoffe, dass die Leute noch bis zum Ende mitfiebern und vor allem mitspenden“, sagt Christian Boochs von dem Kosmos-Verlag. Es ist nicht mehr weit zum Ziel nach Shillong in den Anhöhen der Khasi-Berge, und er zieht sein erstes Fazit. „Inzwischen gibt es kaum noch etwas, das einen beim Rikschafahren aus der Ruhe bringt.“
Infos und Spenden unter www.catan.de/catan-rickshaw-run-2015.