Der Wahl-Stuttgarter Bernd Mlady will an diesem Wochenende in Göppingen seinen dritten WM-Titel holen. Foto: Imago/Zink

Obwohl Bernd Mlady und Raphael Kopp 430 Kilometer voneinander entfernt wohnen, sind sie das beste Radball-Duo der Welt. Bei der WM in Göppingen können sie sich nur selbst schlagen.

Radball zählt zwar nicht zu den populärsten Sportarten, ist aber trotzdem reich an großen Namen. Legendär sind die tschechischen Brüder Jan und Jindrich Pospisil, die 20 (!) WM-Titel gewannen. Erfolgreiche Duos stellten aber auch die deutschen Familien Buchholz (5), King, Steinmeier (je 3) oder Lomuscio (2). Und trotzdem sagt Bundestrainer Jörg Latzel: „Was wir derzeit erleben, wird es nie wieder geben.“

 

Bernd Mlady (35) und Raphael Kopp (37), die amtierenden Weltmeister, wollen an diesem Wochenende in Göppingen erneut Gold holen – und sie sind auch die klaren Favoriten. „Wenn sie gut spielen, sehe ich niemanden, der sie bezwingen kann“, sagt Jörg Latzel, der 1998 selbst WM-Champion wurde, „es gab nie ein besseres Radball-Team. Sie hätten mit ihrer Technik und Offensivpower alle geschlagen, auch die Pospisils.“ Und das, obwohl sie eine Fernbeziehung führen.

Gold verloren, in der Liebe gewonnen

2017 sicherte sich Bernd Mlady in Dornbirn seinen ersten WM-Titel, damals noch an der Seite seines Cousins Gerhard. Ein Jahr später, in Lüttich, lief wenig nach Plan. Erst wurden ihnen die Räder aus dem Auto geklaut, dann reichte es nur zu Silber. Doch dafür gewann Bernd Mlady das Herz der neuen Kunstrad-Weltmeisterin Iris Schwarzhaupt. Zunächst wohnte das Paar in Nürnberg, die Mladys trainierten gemeinsam in Stein und holten 2021 in der Stuttgarter Porsche-Arena noch einmal Gold, ehe zwei Jahre später die Luft raus war. Gerhard Mlady beendete seine Karriere, Bernd Mlady zog mit seiner Freundin in deren Heimatstadt Stuttgart – und orientierte sich sportlich neu.

Zwei Radball-Könner: Raphael Kopp (li.) und Bernd Mlady. Foto: Imago/Zink

Sein langjähriger Konkurrent und Freund Raphael Kopp, der gerade in Glasgow mit André Kopp (überraschenderweise weder verwandt noch verschwägert) erstmals Weltmeister geworden war, suchte ebenfalls einen Partner. Also starteten die beiden ein gewagtes Experiment: Ist es möglich, aus zwei Weltklasse-Radballern, die noch nie miteinander gespielt haben, deren Positionen (zwei Feldspieler, kein Torwart) nicht zusammenpassen und die auch noch knapp 430 Kilometer voneinander entfernt wohnen (Stuttgart, Obernfeld im Landkreis Göttingen), das beste Team der Welt zu formen? Die Antwort war schnell klar.

Bernd Mlady und Raphael Kopp: zwei starke Typen

Anfangs wurde viel geredet – über die Spielidee, den Spielaufbau, die Spielzüge. Jedes der wenigen persönlichen Treffen bestand vor allem aus harter Arbeit. Und bei jedem Turnier wurde die emotionale Verbindung größer. „Zu Beginn wussten wir, dass wir Radball spielen können, aber nicht, wie der andere in Drucksituationen tickt und was er braucht“, sagt Bernd Mlady, „doch auch das hat schnell geklappt.“ Weil sich zwei starke Typen getroffen haben. „Die beiden sind unfassbar professionell, fokussiert, intelligent und ehrgeizig“, erklärt Bundestrainer Jörg Latzel, „eigentlich war es angesichts der Rahmenbedingungen ein idiotisches Projekt. Doch es ist voll aufgegangen.“ Dazu trug auch die Radball-Gemeinschaft bei.

Da Bernd Mlady, der als Führungskraft im Cube-Store im Stuttgarter Osten arbeitet, und Raphael Kopp oft auf sich allein gestellt waren, suchten sie immer wieder Trainingspartner. Und wurden in umliegenden Vereinen fündig. Mlady war bei Einheiten in Gärtringen, Denkendorf, Wendlingen oder Kemnat ein gern gesehener Gast. „Ich bin super unterstützt worden“, sagt der Ausnahmesportler, dem allerdings auch bewusst ist, dass nicht alle Nachteile zu kompensieren sind: „Radball ist extrem anspruchsvoll, was Körperbeherrschung, Kraft, Übersicht und Spielverständnis angeht. Es gibt sicherlich Kleinigkeiten, in denen wir noch besser wären, wenn wir öfter und intensiver miteinander trainieren würden.“ Gereicht hat es für die Konkurrenz aber auch so.

Favorit zu sein, ist ein gutes Gefühl

Schon in der ersten Saison räumte das neue Team ab, gewann am Ende in Bremen sogar den WM-Titel. Und setzte seine Siegesserie in diesem Jahr fort: Mlady und Kopp waren im Deutschlandpokal, in der Bundesliga und bei der DM nicht zu stoppen, nun soll bei der WM in Göppingen der nächste Triumph her. „Ich bin sicher, dass die Stimmung in der Arena super sein wird“, sagt Bernd Mlady, „wir sind als Titelverteidiger der große Favorit. Doch das ist für uns kein Druck, sondern ein gutes Gefühl. Wenn wir nichts falsch machen, werden wir Gold holen.“ Ein letztes Mal.

Nach der Weltmeisterschaft folgt am 6. Dezember noch das Weltcup-Finale in Aalen, danach ist Schluss. Mlady und Kopp, der Vater von zwei Kindern ist und im Außendienst eines Automobilzulieferers arbeitet, werden ihre Karrieren beenden. „Spitzensport, in dem man kaum etwas verdient, und einen 40-Stunden-Job auf die Reihe zu bekommen, ist nicht ganz einfach“, sagt der Wahl-Stuttgarter, „wir haben alles erreicht, jetzt ist die Zeit gekommen, um aufzuhören.“ Auch wenn der Bundestrainer damit ein Problem hat. „Die beiden“, erklärt Jörg Latzel (64), „werden eine riesige Lücke hinterlassen.“ Schließlich gehen zwei ganz große Namen.