Josef Rottenbücher mixt im Hanky Panky seine My Lady. Alle Rezepte der Sommercocktails finden Sie in der Bildergalerie. Foto: Matthias Ring

Wenn es voll wird in der Stadt, möchten manche lieber in Ruhe genießen. Wir haben schöne Signature Drinks abseits der überlaufenen Hotspots gefunden. Einen der drei Cocktails kann man sogar mit nach Hause nehmen.

Stuttgart - Noch haben nicht alle Bars wieder geöffnet, aber nach dem langen Lockdown gibt es inzwischen genügend Möglichkeiten, sich den einen oder anderen Sommerdrink zu gönnen. Wer’s ruhiger mag ohne Gedränge im Stehen, für den empfehlen sich Locations mit Außenbereich und Sitzplätzen.

 

Das erste Mal in mehr als zwanzig Jahren bietet ein Klassiker in der Augustenstraße eine Außengastro. Auf Kosten einiger Parkplätze stehen vor der nur Bar genannten Bar fünf Tische mit Stühlen. Mit Europaletten und Pflanzen, die noch ein bisschen ranken dürfen, hat man hier mitten im Wohngebiet eine kleine Wohlfühloase abgegrenzt. Gegenüber an der Einfahrt zur Tiefgarage sind als „psychologische Kriegsführung“, wie der Bar-Chef Ralf Groher sagt, noch ein Tischchen mit zwei Stühlen hingestellt. Weitere psychologische Maßnahmen: „Immer schön kehren und gießen“, dann passe das alles. „Wir haben gute Gäste und gute Nachbarn“, weiß Groher, der darauf achten muss, dass um 23 Uhr Ruhe draußen ist und sich das Geschehen verlagert. Den Außenbereich habe Groher schon im Juli 2020 bei der Stadt beantragt, denn: „Im Sommer und dann auch noch mit den Abstandsregeln ergibt ein Betrieb nur drinnen keinen Sinn.“ Mitte Oktober sei dann die Genehmigung gekommen. Dieses Jahr nun ging alles schneller.

Die Bar: Psychologische Kriegsführung mit den Anwohnern

Den Lockdown hat Groher für verschiedene Projekte genutzt, etwa sich weiter für den sogenannten Augustenpark mit Begrünung und Verkehrsberuhigung einzusetzen. Außerdem entsteht ein hochwertiges Bar-Buch mit analogen Fotografien in einer Liebhaberedition von zwölf Exemplaren mit Original-Abzügen. Für eine größere Verbreitung soll es eine digitale Auflage geben. Ob auch der Hidetoshi Nakata darin auftaucht? Gut möglich. Zumindest ist der alkoholfreie Cocktail, benannt nach einem Ex-Fußballer, dessen Haarfarbe zeitweise dem Drink ähnelte, ein Klassiker der Bar: Grapefruitsaft mit Granatapfel- und Mandelsirup, Limette und Tonic; süß, bitter und vor allem fresh.

Hanky Panky: American Bar mit Terrasse und Gewölbekeller

Noch komplexer ist der Sommerdrink im Hanky Panky. Der Inhaber Josef Rottenbücher empfiehlt nicht den namensgebenden Cocktail der Bar in der Sophienstraße, sondern ebenfalls eine Eigenkreation, einen Signature Drink. My Lady ist eine Hommage an seine Frau Hanna, die vor Kurzem Mutter geworden ist. Der Cocktail besteht aus mit Hibiskus infusioniertem Gin, Himbeerpüree, Grapefruitsaft, Rosenwasser und Limette – und ist eine Rundreise durch Gaumen und Kopf.

Mit dem Hanky Panky hat sich Rottenbücher „einen großen Traum erfüllt“. Der gebürtige Ungar war ein Jahr lang als Bartender in den USA unterwegs, später Barchef im Münchner Raum und lange auf der Suche nach einer passenden Location für eine American Bar. Im Heusteigviertel in den ehemaligen Räumlichkeiten des Restaurants Le Pastis hat er sie gefunden. Außer der kleinen Terrasse punktet vor allem der „coole Gewölbekeller“, in dem es auch an heißesten Tagen angenehme 22 Grad sind. Chillig geht es hier im doppelten Sinne zu, denn es ist nicht nur kühl, sondern klassisch gediegen, was auch amerikanische Offiziere zu schätzen wüssten. Obwohl das Hanky Panky schon seit anderthalb Jahren existiert, ist die Bar immer noch neu. Achselzuckend erzählt Rottenbücher, dass er sechs Tage vor dem ersten Lockdown eröffnet habe. Vergangenen Sommer ging’s dann irgendwie weiter – bis der zweite Lockdown mit seinen sieben Monaten Schließungszeit kam. Die habe man für Renovierungen genutzt, und jetzt kann es endlich richtig losgehen.

Spirituosengalerie: Bottled Cocktails to go

Auch die Spirituosengalerie hat einen eher suboptimalen Zeitpunkt für die Eröffnung erwischt: drei Monate vor dem ersten Lockdown. Eigentlich sollte die ehemalige Stitzenburg-Apotheke an der Hohenheimer Straße nicht nur ein Verkaufsraum, sondern auch ein Verkostungsraum sein. Nun ist die Spirituosengalerie auch Online-Shop und DHL-Station. Ein schönes Erlebnis ist ein Besuch vor Ort so oder so, denn „nicht nur das Gebäude, auch die Einrichtung steht unter Denkmalschutz“, wie der Chef Leo Langer erzählt. Schließlich wurde die Apotheke mit ihrer Jugendstiltapete und maßgefertigten Schränken 1901 eröffnet und bietet sich nun auch bestens für die Präsentation von 1200 ausgesuchten Spirituosen an. Mit Blick auf die horizontale Schottlandkarte in 3-D sagt Langer, dass man trotz einiger höchstwertiger Raritäten im Sortiment zeigen wolle, „dass man schon für 30 Euro einen guten Whisky bekommt“.

Langer leitete bis 2018 die Ludwigsburger Schwarz-Weiß-Bar, die er inzwischen als Chaplins Bar betreibt. Mit der gelernten Hotelfachfrau und Bartenderin Sarah Deuss hat er eine kompetente Mitarbeiterin, die sich besonders bei den Bottled Cocktails einbringt. Sauber in – natürlich – Apothekerfläschchen abgefüllt bekommt man verschiedene Mischungen to go. Exklusive Empfehlung des Hauses für unsere Zeitung: der Milk Punch Batch #1. Der vegane Drink besteht aus Scotch, Apfel- und Zitronensaft und Ahornsirup, wird mit Sojamilch geklärt und haltbar gemacht. Zum sanft erfrischenden Getränk – eine 0,5-l-Flasche reicht für vier bis fünf Drinks – gibt es obendrauf eine gedörrte Apfelscheibe. Als Extra zieht Sarah Deuss noch eine Picknick-Thermokühltasche hervor, die mit vakuumierten Big Ice Cubes, Leihgläsern und Garnituren bestückt werden kann.

„Bottled Cocktails sind sicher auch nach Corona ein Thema“, sagt Langer. Da könnte er recht haben, denn die bieten sich grundsätzlich für einen geselligen Abend zu Hause an, wenn man nicht extra ein halbes Dutzend Flaschen für einen gemixten Drink anbrechen möchte.