Wie oft sollten Paare miteinander schlafen, um glücklich zu bleiben? Ist es schlimm, wenn es länger nicht klappt? Roswitha Engel-Széchényi, Gynäkologin, Psycho- und Sexualtherapeutin aus Stuttgart, hat Antworten.
Wer frisch verliebt ist, kennt es nicht anders: Man will den anderen förmlich auffressen, ist unersättlich, knutscht wie wild und landet die ganze Zeit im Bett. Doch wie sieht das nach mehreren Jahren Beziehung oder Ehe aus? Und wie viel Sex ist für eine glückliche Beziehung normal?
Laut einer Umfrage von Parship im Jahr 2020 haben rund ein Drittel der unverheirateten Paare mehrmals pro Woche Sex. Das gleiche gilt für 19 Prozent der verheirateten Paare. Eine andere Befragung, nämlich eine repräsentative Umfrage des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf unter 4955 Deutschen aus dem gleichen Jahr kam zu dem Ergebnis: Männer und Frauen zwischen 18 und 35 Jahren haben im Schnitt etwa fünf Mal pro Monat Sex, 36- bis 55-Jährige etwa vier Mal.
Man will Sex miteinander, egal zu welcher Tages- und Nachtzeit
Roswitha Engel-Széchényi, Gynäkologin, Psycho- und Sexualtherapeutin aus Stuttgart, sagt: „Zum Beginn ihrer Beziehung haben Paare am häufigsten Sex. Das hält bis zu anderthalb Jahren an.“ Dann haben die meisten auch am häufigsten sogenannte Spontanlust: man will Sex miteinander, egal zu welcher Tages- und Nachtzeit, egal was sonst so um einen herum passiert. Das lasse logischerweise immer mehr nach, berichtet die Expertin, nämlich dann, „wenn Paare einen Beziehungsalltag miteinander haben – das ist ganz normal.“
Die Gynäkologin weist darauf hin, dass bereits die Vorstellung davon, was häufiger Sex genau bedeute, bei jedem Paar anders sein kann: „Für manche wäre das dreimal am Tag und für manche zweimal in der Woche.“
Deswegen warnt sie davor, pauschal zu urteilen, wie oft Paare Sex haben sollten. „Manche haben einmal im Monat oder noch seltener Sex – der ist aber dann für beide schön, genussvoll, befriedigend, und das reicht ihnen“, sagt Roswitha Engel-Széchényi. „Ein anderes Paar würde wiederum sagen: Das wäre uns zu selten, wir nehmen uns vor, einmal die Woche miteinander körperlich zu sein – egal was da auch passiert, ob es da immer zu Penetration, zum Höhepunkt kommt, ist egal.“
2015 hat ein Team der University of Toronto erforscht, wann Paare am zufriedensten sind bezüglich ihres Sexlebens. Wie oft wollen sie Sex? Eines der Ergebnisse dieser Untersuchungen, in denen insgesamt mehr als 30 000 Menschen befragt wurden, war: Einmal pro Woche Sex reicht.
Wer in seiner Partnerschaft etwa einmal pro Woche Sex habe, sei der Studie zufolge besonders zufrieden. Wer seltener miteinander schlafe, sei weniger zufrieden. Bei einer höheren Frequenz steige die Zufriedenheit aber nicht, fanden die Forscher heraus.
„Manche Männer ziehen sich dann emotional zurück“
Roswitha Engel-Széchényi versucht in ihrer Stuttgarter Praxis herauszufinden, wie zufrieden die Paare sind. Wenn schon längere Zeit gar kein Sex mehr stattgefunden habe, frage sie erst einmal nach dem Leidensdruck. Manche Frau sage dann: „Ich bräuchte gar keinen Sex mehr mit ihm, aber habe deswegen Schuldgefühle, er ist ja eigentlich nett und kümmert sich so gut um die Kinder und er will ja so.“ Der Mann leide dann. „Manche Männer ziehen sich dann emotional zurück“, glaubt Engel-Széchényi.
„Dann ist die Beziehungsebene gleich mitbedroht“, so die Ärztin. In der Therapie befragt sie dann die Paare: „Wie war der Sex früher, wie kam es so, wie es jetzt ist? Wer leidet? Wer hat welche Wünsche?“ Wenn hingegen beiden egal oder nicht so wichtig sei, miteinander zu schlafen, gebe es aus ihrer Sicht gar kein Problem.
Eine positive Nachricht für viele Frauen immerhin gibt es. „Das Lusthormon der Frau ist das Testosteron, genau wie bei den Männern“, erklärt Roswitha Engel-Széchényi. Das Testosteron falle langsamer ab als das Östrogen, erst mit Mitte 60 ist die sogenannte Andropause erreicht. Das bedeute, dass Frauen auch im höheren Alter viel Lust auf Sex haben können.