Die Häuser an der Tübinger Straße werden abgerissen. Foto: Leif Piechowski

In der Tübinger Straße weichen alte Häuser aus den 60er Jahren neuen Wohnbauten. Die Stadt fordert von den Investoren Ladengeschäfte in den Erdgeschossen, um das Viertel zu beleben.

In der Tübinger Straße weichen alte Häuser aus den 60er Jahren neuen Wohnbauten. Die Stadt fordert von den Investoren Ladengeschäfte in den Erdgeschossen, um das Viertel zu beleben.

Stuttgart - Gegenüber der Dinkelacker-Brauerei in der Tübinger Straße haben Kneipen und ein Café Fuß gefasst, in einigen stark heruntergekommenen Häusern gab es im zweiten und dritten Geschoss vergleichsweise günstige Wohnungen. Doch die letzte Fête stieg an Silvester, jetzt sind die Türen verrammelt und die Möbel abtransportiert.

Dies ließ darauf schließen, dass die Gebäude Tübinger Straße 65, 67 und 69 sowie das Eckhaus Fangelsbach-/Hauptstätterstraße bald abgerissen werden. Geplant sind an diesen Stellen neue Wohngebäude. „Für diese Flächen gibt es ein großes Bauvorhaben, der Bauantrag dafür ist aber zurückgezogen worden, weil im Erdgeschoss keine Läden eingeplant waren“, sagt Rainer Grund, der stellvertretende Leiter des Baurechtsamts.

Das Ludwigsburger Wohnbauunternehmen Strenger will an der Tübinger Straße investieren, zumal sich die Straße seit dem Bezug der großen, neuen Bürokomplexe stark gewandelt hat und mit dem Bau der Einkaufszentren künftig wesentlich belebter sein wird. Die Nähe zum Handel macht sie außerdem attraktiv als Wohnquartier.

Im März vergangenen Jahres war der Investor mit dem Plan an die Öffentlichkeit gegangen, 40 Eigentumswohnungen und 20 Mietwohnungen, zur Hauptstätter Straße hin Büros und Praxen bauen zu wollen. Am Mittwoch gab er allerdings keine neuen oder weiteren Auskünfte mit der Begründung, man sei „im Gespräch mit der Stadt über die geplante Bebauung“, so Pressesprecher Thomas Casper. Im Mai, so hofft man, könne man die Baupläne offenlegen.

An der Ecke Cotta- /Tübinger Straße wird längst gebaut; dort schafft die Dinkelacker AG Mietwohnungen. Am Ende soll die Bebauung der Tübinger Straße zwischen Cottastraße und Fangelsbachstraße „am Rand gegliedert“ sein, laut Bebauungsplan von 1981 „ist die Traufhöhe auf 15 Meter begrenzt“, sagt Rainer Dörr vom Stadtplanungsamt. Das lasse eine Bebauung mit vermutlich fünf Geschossen zu. Unter Denkmalschutz steht keines der Gebäude in der Zeile, die neu bebaut wird. Auch wenn beispielsweise das Eckhaus an der Fangelsbachstraße mit dem halbrunden Vorbau interessant aussehe – „was abgerissen oder saniert wird, entscheidet der Eigentümer“.

Während also weder Baupläne noch Baubeginn feststehen, ist jenseits der Hauptstätterstraße im Heusteigviertel bereits mit den Bauarbeiten begonnen worden. Dort investiert die Bietigheimer Wohnbau, erstellt für den Discounter Lidl ein Ladengeschäft und schafft in einem l-förmigen Gebäudekomplex fünf kleinere Läden sowie 46 Eigentumswohnungen unterschiedlichster Größe. Das benachbarte Möbelhaus soll neu vermietet werden.

Die Preise für das Wohnen im so genannten „Heusteig Living“ reichen laut Internetauftritt des Investors von 434 000 Euro für eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 85 Quadratmetern bis hin zur Dachgeschoss-Maisonette-Wohnung mit 140 Quadratmetern für 579 000 Euro. Die Wohnungen haben zumeist Terrasse, Gartenzugang oder eine Loggia, der Preis differiert unter anderem auch je nach Lage. Wer etwas ruhiger in Richtung Heusteigstraße wohnen will, muss tiefer in die Tasche greifen.

Die Bebauung zwischen Heusteigstraße und Hauptstätterstraße ist nicht nach dem Geschmack aller Mitglieder des Bezirksbeirats Süd. Auch wenn beide Gebiete von der Stadt als besonders sanierungsbedürftig eingestuft sind – „unter Sanierung verstehe ich nicht, alles abzureißen und Neubebauungen in Uniformierung zu betreiben“, sagt Wolfgang Jaworek, Mitglied des Bezirksbeirats für die Grünen.

Seine Fraktion beharrt darauf, dass die Stadt für das Gebiet Tübinger Straße einen Rahmenplan aufstellen sollte. Damit, so hoffen die Grünen, könnte eine homogene Neubebauung verhindert werden und ein Mix aus alten und neuen Häusern entstehen. Ob die Eigentümer der Immobilien dies mittragen, ist damit nicht garantiert. Deshalb müsse die Stadt selbst Gebäude kaufen, die sie erhaltenswert findet.