OB Frank Nopper (M.) hört sich die Sorgen und Nöte der Bürger an. Foto: Marta Popowska

Bei seinem Rundgang durch den Stuttgarter Westen erfährt Oberbürgermeister Frank Nopper, was den Menschen unter den Nägeln brennt: Verkehr, Verweilmöglichkeiten und nicht vorangehende Projekte – aber auch das Thema Gerechtigkeit.

Stuttgart-West - Es ist Freitag: Am Bismarckplatz herrscht spätsommerliche Stimmung. Familien mit Kindern genießen die frühabendliche Sonne, ein Paar tanzt Tango, andere wechseln sich beim Tischtennis ab. Die Platte steht mitten auf der Bismarckstraße im Stuttgarter Westen.

Unmittelbar daneben vor der Kirche Sankt Elisabeth wächst gegen 17 Uhr eine Menschenmenge auf gut 50 Personen an. Sie warten auf den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt. Mit wenigen Minuten Verspätung trifft auch der gut gelaunte Frank Nopper (CDU) gemeinsam mit dem Bezirksvorsteher aus Stuttgart-West, Bernhard Mellert, ein. Und schon geht es für ihn los, es ist der dritte Rundgang des Oberbürgermeisters durch einen Bezirk an diesem 3. September. Seit Anfang August besucht er die Stadtbezirke und hört sich Sorgen, Wünsche und Anregungen aus der Bürgerschaft und der Lokalpolitik an.

Elektroroller, die überall herumstehen, oder nicht ganz regelkonform über die Gehwege manövriert werden, ärgern eine Dame. „Es wird viel für die Jüngeren getan, aber für Ältere nicht“, bemängelt sie. Nopper hört aufmerksam zu und sagt, die Roller sorgten auch in anderen Bezirken für Unmut.

Der Schulcampus West soll angegangen werden

Doch am Bismarckplatz beginnt der Rundgang nicht wegen der E-Roller, sondern aufgrund eingangs genannter Verweilmöglichkeiten. Der Verkehrsversuch, der seit rund einem Jahr läuft, erfreut die einen, andere Gemüter erhitzt er, weil das Verkehrsaufkommen sich nun verlagert hat. Jens-Peter Wedlich, Inhaber des Geschäfts Schüttguttyp, ist aufgebracht. Zum einen, weil die 7,5-Tonner über andere Straßen ausweichen würden und es kein Durchkommen gäbe. Sowohl seine Lieferanten als auch seine Kundschaft, die oft von weiter weg käme, hätten Schwierigkeiten. „Nicht die 40 Meter gesperrte Straße sind das Problem, sondern die vielen Falschparker“, sagt eine junge Frau, die das Projekt befürwortet. Zudem hätten die Laster ja wohl ein Navi. Frank Nopper sagt, er habe auch mit Bernhard Mellert gesprochen: „Wir warten ab, was bei der Versuchsauswertung herauskommt.“ Im September solle laut dem Bezirksvorsteher noch eine letzte Zählung stattfinden.

Die Gruppe setzt sich in Bewegung. Es geht bergab Richtung Schwabschule. Der seit Jahren diskutierte Schulcampus West liegt dem Bezirksvorsteher am Herzen. Der OB fragt, wann denn hier mit den Arbeiten begonnen werden solle. „Ja, das ist der Punkt“, antwortet Mellert, „es braucht jemanden in der Verwaltung, der da dranbleibt“. Laut Mellert dauert es schon „extrem lang“.

Ein paar Schritte weiter steht die Gruppe vor der Elisabethenanlage. Mellert erklärt dem OB auch hier die Bedeutung des Platzes für den Westen. Bereits vor vier Jahren hatte der Gemeinderat beschlossen, die Anlage umzugestalten.

Durchgangsverkehr soll vermieden werden

Nachdem der Bismarckplatz umrundet wurde, geht es entlang der Schwabstraße weiter zum Kulturzentrum Merlin. Final soll noch ein anderer Verkehrsversuch Thema sein. Die Lebensqualität im dicht bebauten Westen hängt stark mit dem Verkehr zusammen. Das machen die Beteiligten dem Stadtoberhaupt deutlich. Gerade noch hat ein Anwohner den Bismarckplatz als Herz des Westens betitelt, nun ergänzt Bernhard Mellert das Bild: „Die Schwabstraße ist die Lebensader des Bezirks.“ Nur der Zustand sei schlecht.

Vor dem Merlin an der Augustenstraße warten die Macher des Kulturzentrums Arne Hübner und Annette Loers. Letztere erklärt dem interessierten Nopper, was es mit dem sogenannten Superblock, der hier entstehen soll, auf sich habe. Insgesamt umfasst er zehn Häuserblocks, die Augustenstraße ist das Herzstück. In dem Areal soll der Autoverkehr auf dem kürzesten Weg aus dem Gebiet geführt und dadurch Durchgangsverkehr vermieden werden. „Kommt man denn mit dem Auto überall hin?“, will der OB wissen. Loers bejaht und ergänzt: „Bislang gibt es hier nichts zum Verweilen.“ Mit dem Superblock solle sich das ändern.

Als es um die Parksituation geht, wird es hitziger. Rund 30 Euro zahlen Autoinhaber im Jahr für einen Anwohnerparkausweis. Viele Kommunen planen die Gebühr künftig auf weit über 300 Euro anzuheben. Frank Nopper sagt, er sei gegen einen Parkausweis für 365 Euro. Das sei zu viel. Eine Frau entgegnet ihm, dass es Menschen gebe, die sich kein Auto leisten könnten. Sie zahlten schon jetzt das Vielfache für ein VVS-Jahresticket. Die Botschaft an ihn wird deutlich. Er müsse für Gerechtigkeit sorgen, sagt sie. Ein bisschen prallen hier Welten aufeinander. Für einen spontanen Ausklang sorgen zwei Mitarbeitende des benachbarten Restaurants „Italo Disco“ als sie dem OB einen kleinen Limoncello auf Eis rausbringen. Nopper lacht, nimmt sich die Zeit für einen Schluck. Er sagt, er wird aus jedem der Rundgänge ein paar Projekte mitnehmen. Die Verkehrsthemen und der Schulcampus seien dabei. Aufgrund der engen Bebauung sei im Westen vieles sehr anspruchsvoll. Dann muss er los, zum nächsten Termin.