Müllberge wie diesen gibt es in ähnlicher Form nicht nur in Weilimdorf, wo das Thema aktuell im Bezirksbeirat hochkocht. Foto: Georg Linsenmann

Im Kampf gegen den Müll im Herzen des Stadtbezirkes Weilimdorf wird Müllsündern von Seiten der Stadtverwaltung jetzt mit Anzeigen gedroht. Darüber hinaus hat sich Bezirksvorsteherin Ulrike Zich in einem Schreiben an die Anwohner gewandt

Weilimdorf - Die Sache sticht ins Auge und in die Nase. Und sie stinkt zum Himmel, und das in jeder Hinsicht: wilde Müllablagerung mitten im Stadtbezirk. Am Löwen-Markt und darüber hinaus. Per Antrag wollte deshalb die Fraktion der Freien Wähler in der vergangenen Sitzung des Bezirksbeirates „geeignete Maßnahmen zur Unterbindung solcher Maßnahmen“ forcieren.

Als zentrale Problemzone ausgemacht wurde die südwestliche Ecke des Löwen-Marktes: „Dort stehen oft über mehrere Tage Mülltonnen, Gelbe Säcke oder Abfälle in anderen Müllsäcken“, heißt es in der Begründung. Es helfe nicht einmal das von der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) angebrachte Schild: „Abladen von Gelben Säcken und wildem Müll strengstens verboten!“ Gefordert wurde etwa eine „Haustüraktion zur Aufklärung der Anrainer“. Und bei „fortwährender Zuwiderhandlung die Androhung und Eintreibung von Bußgeldern“. Einstimmig wurde der Antrag beschlossen.

Der Kragen platzte danach trotzdem, und zwar Ursula und Jürgen Bräuninger, die direkt an einem weiteren aktuellen Krisenpunkt der Müllproblematik ihr Haus haben und dann auch schnurstracks dorthin führen: ans Ende der Raithstraße, wo sich um den Parkscheinautomaten ein vier mal zwei Meter großer, unförmiger Berg aus Gelben Säcken türmt: „Wir wohnen hier an einer Müllhalde und nichts passiert!“, klagt Jürgen Bräuninger. Wenn die im Drei-Wochen-Turnus abgeholten Säcke weg seien, „liegen eine Stunde später schon wieder die ersten da“.

Mischung aus Zorn und Fassungslosigkeit

Tatsache sei auch, „dass die ganze Straße herunter der Müll hierher gebracht wird. Keiner will das offensichtlich bei sich zuhause haben!“ Hinzu kämen die Putzkolonnen vom Dienstleistungsgebäude Pforzheimer Straße, auf dessen Rückseite sich diese zweite Problemzone befindet: „Die bringen Gelbe Säcke einfach hierher. So, als ob das eine Müllsammelstelle wäre!“, sagt Bräuninger in einer Mischung aus Zorn und Fassungslosigkeit. Zudem werde die Stelle „immer wieder zur Lagerstätte für Sperrmüll“. Dieser Dauerzustand habe neben dem üblen Bild noch einen anderen Effekt: „Wenn es dunkel wird, kommen die Ratten. Man kann zuschauen, wie sie nach Fressbarem suchen.“ Was er erwarte? „Die Gelben Säcke dürfen erst am Tag der Abholung auf die Straße, und zwar vor dem eigenen Haus. Man muss den Leuten deutlich machen, dass sie sich an diese klare Regel halten müssen.“

Das ist inzwischen geschehen: Mit einem Schreiben der Bezirksvorsteherin Ulrike Zich „an die Anlieger der Raithstraße und Umgebung“, verteilt an „alle Haushalte und Geschäftsbetriebe“. Darin nimmt Zich kein Blatt vor den Mund: „Seit über einem Jahr ist im Zentrum von Weilimdorf eine zunehmende Vermüllung öffentlicher Räume zu beobachten, an der sich inzwischen wohl alle Schichten der Bevölkerung aktiv beteiligen. So werden insbesondere im Bereich der privaten Parkplätze in der Raithstraße, direkt am Parkscheinautomaten, jede Woche Berge von Müll und Gelben Säcken aufgehäuft.“ Dies sei „nicht nur ein optisches Ärgernis, sondern auch ein hygienisches Problem“. Denn: „Diese Müllberge locken Ungeziefer und Ratten an, und an heißen Sommertagen stinken sie zum Himmel.“ Sehr direkt bringt Zich die Sache auf den Punkt: „Verursacht wird diese Sauerei durch Menschen, die sich nicht an die Vorgaben zur Müllentsorgung halten.“

Wilde Entsorgung von Müll und Gelben Säcken ist kein Kavaliersdelikt

In dem Schreiben werden die Regeln sowohl für den Gelben Sack, mit dem der recycelbare Verpackungsmüll des Dualen Systems erfasst wird, wie auch für Sperrmüll verdeutlicht: „Sperrmüll wird in Stuttgart nach Anforderung mit der Sperrmüllkarte aus Ihrem Abfallkalender durch die AWS abgeholt. Dabei darf die Bereitstellung auf dem Gehweg erst dann erfolgen, wenn die AWS Ihnen mitgeteilt hat, wann genau der Sperrmüll abgeholt wird. Bis dahin verbleiben die Gegenstände bei Ihnen im Gebäude.“ Dann versucht sie, mit dem Eigeninteresse der Anlieger zu überzeugen: „Dieses Verfahren garantiert Ihnen ein sauberes Wohnumfeld.“ Und macht unmissverständlich klar: „Wilde Entsorgung von Müll und Gelben Säcken ist kein Kavaliersdelikt. Wenn Sie erwischt werden, riskieren Sie ein Bußgeld in Höhe von mindestens 20 € bis höchstens 100 000 €.“ Dann kommt dieser Schlusssatz: „Müllsünder aus Ihrer Nachbarschaft dürfen Sie uns gerne melden.“

Sollen die Bürger nun zu Hilfspolizisten werden? „Nein, das wollen wir nicht. Es hilft aber, wenn wir von Müllsündern wissen“, sagt Zich, „dann können wir diese persönlich anschreiben.“ Das Problem sei ja beileibe nicht neu: „Wir haben schon unzählige Dinge versucht, es hat nichts geholfen.“ Und wenn auch die persönliche Ansprache nicht fruchtet? „Dann werden wir Anzeige erstatten.“ Im übrigen habe sich „bereits jemand mit einem konkreten Hinweis gemeldet“.