Musikpädagogin Birgit Rismondo übt mit Erst- und Zweitklässlern der Reisachschule fürs Konzert, bei dem sie mit von der Partie sind. Foto: Georg Linsenmann

Kinder der Reisachschule in Stuttgart-Weilimdorf üben mit dem Vokalensemble des SWR für einen Auftritt in der Liederhalle.

Weilimdorf - Klasse, wir singen!“ Unter diesem Motto schleust die Musikpädagogin Birgit Rismondo an der Reisachschule sieben Mal im Laufe von zwei Tagen jeweils eine Unterrichtsstunde lang die Pennäler durch einen Workshop, der einem ganz besonderen Zweck dient: der Vorbereitung eines Konzertbesuches, bei dem das SWR Vokalensemble in der Liederhalle das musikalische Märchen „Des Kaisers neue Kleider“, eine vom Ensemble beauftrage Komposition von Ugis Praulins, uraufführt. Das Sahnehäubchen obendrauf: Bei einem Lied dürfen die Kinder sogar mitsingen.

Jetzt also sind zum Auftakt Erstklässler dran. Erstmal wird der Stuhlkreis schön dicht gemacht, und dann gibt es was zum Aufwärmen. Ein Vierer-Rhythmus zum Klatschen und Mitsprechen, mit aufstehen, weiterrücken, sitzen. Schon mit der dritten Runde sprechen die Kinder von allein mit, geht alles wie am Schnürchen, lassen sie sich vergnügt auf den Stuhl plumpsen, stehen auf, rücken weiter. Auch Sprache hat einen Rhythmus, auch Bewegung! So geht Musik hier von Beginn an als ein volles Erlebnis durch den ganzen Körper.

Spüren, wie die Stimmbänder schwingen

Wo aber ist dort „die Stimme eingebaut?“ Im Bauch, glaubt ein Mädchen, was Rismondo nicht ganz falsch findet, „weil der Atem ja sehr wichtig ist beim Singen“. Dann fühlen sie den Kehlkopf, spüren, wie die Stimmbänder schwingen, wenn sie summen. Was aber ist eine „Vokal“-Ensemble? Luka zückt die Buchstaben-Könige, und Rismondo lässt die Vokale üben. Langgezogen das Aieou, „wie die Perlen an der Kette müsst Ihr die Vokale aus dem Mund ziehen! Und schön den Mund bewegen!“

Dann erzählt Rismondo vom Komponisten aus Lettland, und Ephraim fragt postwendend: „Warum hängt der nicht da oben?“ Also bei den Porträts von Bach, Mozart, Beethoven und Co., die den Musiksaal zieren. Das könnten die Kinder ja nachholen, meint die Musikvermittlerin des Vokalensembles, zumal Praulins ja zum Konzert kommen werde. Ganz offensichtlich ist den Kindern hier die Beschäftigung mit Musik kein Neuland. Tamara will unbedingt loswerden, dass „wir „Carneval der Tiere“ machen, von Camille Saint-Saens“, wobei ihr der Name des Franzosen astrein über die Lippen geht. Sogar „Peter und der Wolf“, dieses allerberühmteste unter den musikalischen Märchen, haben sie schon zusammen live erlebt, bei den Stuttgarter Sinfonikern!

Das Mitsinglied fürs Konzert sitzt schon

Die Klasse hat auch selbst ein Lied vorbereitet, und eines wird zum Ratspiel für Rismondo, denn es wird rein pantomimisch vorgetragen: Der Hut, der hat drei Ecken! Nun zückt Rismondo einen Webrahmen mit angefangenem Werkstück, denn ein solcher spielt eine Rolle in dem Stück, in dem es um Kleider geht. Wie aber klingt „Webstuhl-Musik“? Hin und her schwingen die Kinder, kreuz und quer gehen die Arme, klapp, klapp, klapp macht es auf den Beinen, schön im Rhythmus mitgesprochen. Und dann heißt es: „Masche ab!“ Und ab, ab, ab! geht es, mitten hinein ins Chaos!

Keine Frage, dass das Mitsinglied fürs Konzert schon jetzt sitzt: „Grün, grün, grün sind alle meine Kleider“ klingt hier wie der junge Morgen. Weiß aber muss pianissimo sein, was zartes Flüstern zeitigt, während Bunt aus vollem Halse kommen darf. Rismondo ist voll des Lobes: „Mit Euch könnte das Konzert schon morgen stattfinden!“ Ein Lob, das auch Claudia Greven freut, die Klassen- und Musiklehrerin: „Das ist eine sehr aufmerksame, lernwillige Klasse,“ sagt sie und betont: „Die Stimme muss man in jungen Jahren üben, dann kann sie sich entwickeln.“ Warum aber muss man? „Weil Musik Geschichten auf andere Weise erzählt, und dabei kommt vieles zusammen, wie wir hier gesehen haben.“ Dann fügt sie hinzu: „Und weil Singen gut ist für die Seele. An solche Erlebnisse erinnern sich die Kinder einmal, wenn sie die Schule verlassen.“