Die Gegend rund um die Gleise war lange eine ausnehmend gute Adresse. Foto: Stadtmessungsamt/Plavec

Die frühere Bebauung des Möhringer Bahnhofs erlaubt spannende Einblicke in die Geschichte. Historisch betrachtet handelt es sich nämlich um einen bedeutenden Knotenpunkt innerhalb des regionalen Schienenverkehrs.

Möhringen - Heute mag „Möhringen Bahnhof“ in erster Linie als Stadtbahnhaltestelle wahrgenommen werden. Historisch betrachtet, handelt es sich um einen bedeutenden Knotenpunkt innerhalb des regionalen Schienenverkehrs. Am Anfang stand das Bestreben mehrerer Fildergemeinden, besser für den Gütertransport zwischen Vaihingen und Hohenheim gerüstet zu sein und Anschluss an das Baden-Württembergische Eisenbahnnetz zu erhalten. Als Fortsetzung der 1884 eröffneten Zahnradbahn zwischen Marienplatz und Degerloch eröffnete die eigens gegründete Filderbahn-Gesellschaft daher 1888 eine eigene Strecke von Degerloch über Möhringen bis vor das Hohenheimer Schloss. Der erste kleine Möhringer Bahnhof lag an der heutigen Schnittstelle von Rembrandt- und Vaihinger Straße.

Mit der Eisenbahn konnte man richtig Geld verdienen

Einer der Motoren dieser Entwicklung war Emil Kessler, der Inhaber der Maschinenfabrik Esslingen. Er suchte nach neuen Abnehmern für seine Lokomotiven. „Mit der Eisenbahn konnte man damals richtig Geld verdienen“, erklärt Hans-Joachim Knupfer von der Pressestelle der SSB. „Besonders die Mischung aus elektrischem Bahnverkehr, Gütertransport und Stromversorgung habe sich mit der Zeit zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell entwickelt. Auch in Möhringen kam es zur Anwendung: Zwischen den Gleisen zeigt die Aufnahme aus den 50er-Jahren den einstigen Betriebshof der Filderbahn, der bis in die 1990er-Jahre hinein stehen blieb, sowie direkt darunter die Werkstatt und das frühere Kraftwerk, in dem Dampfmaschinen die Energie für den inzwischen elektrifizierten Zugverkehr erzeugten. Nebenbei wurde von hier aus auch die Gemeinde Möhringen mit Strom versorgt. „Das darf man sich nicht als flächendeckenden Service für den ganzen Stadtteil vorstellen“, gibt Knupfer zu bedenken. „Es ging um zwei bis vier Industriebetriebe und eine Handvoll wohlhabender Haushalte, die von dieser Energiequelle profitierten.“

Im Süden zeigt die Aufnahme ein Eckhaus links der Filderstraße. Dort lag das Bahnhofshotel. „Es war früher typisch, dass Ortschaften auf Zentren wie den lokalen Bahnhof zu wuchsen“, sagt der SSB-Fachmann. „Die Gegend rund um die Gleise war lange eine ausnehmend gute Adresse. Das kann man noch heute am Baustil vieler Häuser ablesen, die dort um die Jahrhundertwende entstanden.“ Einer dieser Zeitzeugen ist das heutige Restaurant „Anno 1897“. Wie stark die Schienenfahrzeuge genutzt wurden, belegt die Tatsache, dass junge Männer in den 20er-Jahren verpflichtet wurden, in Möhringen auszusteigen und sich zu Fuß in die heutige Landeshauptstadt zu begeben. Der Grund: massiv überfüllte Bahnen.

Der Brückenträger blieb noch Jahrzehnte stehen

Bemerkenswert ist schließlich das rechts auf dem historischen Luftbild erkennbare Widerlager für einen geplanten Brückenbau. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg hatte man die Arbeiten aus Mangel an Stahl eingestellt. Der Träger blieb noch Jahrzehnte stehen und wurde erst vor acht Jahren abgerissen.

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