In den 50er Jahren wurde das Leuze modernisiert – die Cannstatter Straße war damals noch ganz schmal Foto: Stadtmessungsamt

Etwa 900 000 Badegäste pro Jahr, 43 Millionen Liter Mineralwasser pro Tag, erfolgreich seit beinahe 200 Jahren. Das Leuze ist Stuttgarts ältestes Mineralbad. Eine Reise durch die Zeit mit des Stuttgarters liebster „Heil- und Badeanstalt“.

S-Ost - Es ist eines der beliebtesten Bäder in der Region und lockt seit beinahe zweihundert Jahren Badegäste aus aller Welt mit seinen Heilquellen in die Landeshauptstadt: das Mineralbad Leuze im Stuttgarter Osten. Tausende Besucher genießen tagtäglich rund 1700 Quadratmeter Wasserfläche in einer sechs Innen- und Außenbecken umfassenden Badelandschaft, in die am Tag etwa 43 Millionen Liter frisches Mineralwasser sprudeln.

1842 eröffnete Augustin Koch am linken Ufer des Neckar seine „Cannstatter Badeanstalt“, den Großvater des Leuzes. Etwa zehn Jahre vorher hatte der Unternehmer Ehrenfried Klotz erstmals die dort ansässige Mineralquelle erbohrt, um die Wassermühlen seiner Tuch- und Baumwollfabrik zu betreiben. Im Jahre 1852 kaufte schließlich der Unternehmer Ludwig Leuze Kochs „Cannstatter Badeanstalt“ und eröffnete dann zwei Jahre später das Bade- und Kurhotel „Leuze“.

Überall Bauzäune und Baulärm

Auch heute ist das Mineralbad unter diesem Namen bekannt. Wer aber momentan dort baden gehen will, muss schon mal eine Weile nach dem Eingang suchen: der Umbau am Leuze-Knoten und die Baustelle Rosensteintunnel hinterlassen ihre Spuren. 2021 soll voraussichtlich alles fertig sein, doch momentan kann das Spielfeld des Mineralbades nicht genutzt werden, es wird von einer „extrem schwierigen Situation“ am Leuze-Eingang gesprochen. Überall Bauzäune und Baulärm, die Rad- und Fußwege sind extrem eng geworden.

Trotzdem: die Leute zieht es weiterhin ins Leuze, das 2014 die 25-Millionste Besucherin begrüßen durfte. Kein Wunder, verfügt Stuttgart doch über das größte Mineralwasservorkommen Westeuropas. 19 Quellen, davon 13 als Heilquellen staatlich anerkannt, schütten täglich mehr als 22 Millionen Liter unterschiedlich mineralisiertes und teilweise kohlensäurehaltiges Wasser aus.

Schon 1854 wussten die Menschen die heilende Wirkung des Wassers zu schätzen und das damalige Bade- und Kurhotel Leuze war ein voller Erfolg, sodass die Wannenbäder durch eine Schwimmhalle erweitert wurden. Im ersten Weltkrieg musste dieses allerdings zu einem Reservelazarett umgebaut werden, die Leuzes konnten ihr Bad danach nicht mehr halten und verkauften es 1919 an die Stadt, die es fortan als Altersheim nutzte. Aber der Name blieb. Nach seiner fast vollständigen Zerstörung im zweiten Weltkrieg wurde das Leuze im Mai 1945 als Freibad wiedereröffnet.

In den 50er Jahren, zu Zeiten des Luftbildes, wurde das Leuze zum Heil- und Hallenbad mit modernen Freizeitanlagen umgestaltet. Damals war von der breiten Cannstatter Straße noch nicht viel zu sehen, auch die König-Karls-Brücke verlief nur einspurig. Das Leuze, damals ein kleines Idyll direkt am noch wesentlich schmaleren Neckarufer. Der Bau des Kur- und Badehotels, der ja zuletzt Seniorenresidenz gewesen war, trat immer mehr in den Hintergrund, die Badekultur blühte auf.

Preisgekrönter Neubau

Ende der 70er Jahre wurde das städtische Kultur- und Bäderamt der Stadt mit einer Erweiterung des Mineralbades beauftragt. Der Künstler Otto Herbert Hajek gestaltete den Leuze-Neubau, wie wir ihn noch heute kennen und wurde dafür 1983 mit dem Architekturpreis des Bundes deutscher Architekten ausgezeichnet. Seit dem Jahr 2006 können nun auch Familien mit Kindern die heilenden Mineralquellen im neu angebauten, sechshundert Quadratmeter großen Kinderbereich genießen. Nach einer erneuten Sanierung des gesamten Bades vor fünf Jahren, sind die Besucherzahlen noch weiter angestiegen. Mittlerweile zählt das Leuze mit beinahe 900 000 Besucher pro Jahr zu den meistbesuchten Bädern Deutschlands.

2018 soll die Spielfläche des Leuze wiedereröffnet werden – dann kann man das kleine, große Idyll am Neckar hinter seinem Bauzaun wieder ganz genießen. Der soll wie gesagt 2021 verschwinden – wenn denn alles gut geht.