Die Städtepartnerschaft lebt vom Austausch. So bieten die Franzosen beim Vaihinger Herbst regelmäßig Käse aus Melun an, wie hier im Jahr 2006. Links im Bild ist Klaus Luhmann, ehemaliger Vorsitzender des Verbunds Vaihinger Fachgeschäfte, und der ehemalige Bezirksvorsteher Wolfgang Meinhardt. Foto: Kai Müller

2020 hätte die 35-jährige Verbundenheit zwischen Stuttgart-Vaihingen und dem französischen Melun groß gefeiert werden sollen. Doch das Coronavirus hat den Heimatring dazu gezwungen, umzuplanen.

Vaihingen - Wie so vieles in diesem Jahr fällt auch das Fest in der Alten Kelter dem Coronavirus zum Opfer. Die 35-jährige Städtepartnerschaft hätte im November mit Mitwirkenden aus Vaihingen und Gästen aus Melun gefeiert werden sollen. Im Gegenzug war geplant, dass eine Delegation aus Stuttgart wieder zum Brie-Fest nach Frankreich reisen sollte. Beides musste wegen der Pandemie abgesagt werden.

Auf die Enttäuschung folgte Tatendrang. „Wir wollten dem Jubiläum Rechnung tragen und es nicht einfach verstreichen lassen“, sagt Gudrun Keller vom Partnerschaftskomitee im Heimatring. Eine Städtepartnerschaft brauche Kontinuität. „Uns war wichtig, dass es jetzt wegen Corona zu keinem Bruch kommt“, sagt Keller. Der Bezirksvorsteher und Vorsitzender des Heimatrings, Kai Jehle-Mungenast, ergänzt: „Wir wollen uns die Partnerschaft durch Corona nicht verderben lassen.“

Vaihinger teilen ihre Erinnerungen an Melun

Und so hat das Komitee eine Fotoausstellung konzipiert. Die Vaihinger Fotografin Caroline Fredericks hat dafür 16 Vaihinger in Szene gesetzt, die in irgendeiner Weise mit Melun verbunden sind – vom Jugendlichen, der am Schüleraustausch mit Melun teilgenommen hat, bis zu zwei ehemaligen und dem aktuellen Bezirksvorsteher, der ebenso dem Heimatring vorsitzt. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen werden ergänzt durch Erfahrungen und Erinnerungen der Protagonisten zu Melun, die in deutsch und französisch auf den Plakaten stehen – ins Französische übersetzt von Gudrun Keller, Ulrike Jankowski, Ingrid Siegrist und Thierry Domon. Für die Gestaltung der Ausstellung ist Harald Marquardt, Vorsitzender des Vereins Kultur am Kelterberg, verantwortlich. Die Finanzmittel sind aus dem Bezirksbudget.

Fredericks hatte während der ersten Corona-Welle das Fotoprojekt „Türgeschichten“ initiiert, bei dem sie Vaihinger porträtiert hatte. Dadurch kam auch der Kontakt zum Heimatring und zu Gudrun Keller zustande, die sich nun für das Projekt an die Fotografin gewandt hat. „Ich habe Vaihingen und die Vaihinger dadurch neu kennengelernt“, sagt die aus Australien stammende Fredericks, die seit 2011 mit ihrem Mann in Vaihingen wohnt.

Den Hintergrund, vor dem sich die 16 Protagonisten haben ablichten lassen, haben sie jeweils selbst ausgewählt – vom heimischen Garten bis zum Stadtpark. Gudrun Keller beispielsweise sitzt bei Birgit Feils Skulptur „Besuch bei Marco“ im Park. Das Kunstwerk habe es ihr angetan, sagt sie, eine Miniatur davon stehe sogar bei ihr zu Hause.

Aus der formellen Partnerschaft wurde Freundschaft

1985 wurde die Städtepartnerschaft mit Melun offiziell begründet. Doch bereits vorher gab es lose Kontakte. Seit jeher gibt es gegenseitige Besuche und Schüleraustausche, berichtet Gudrun Keller, die früher Lehrerin an der Robert-Koch-Realschule war. Aus den formellen Besuchen seien mitunter private Beziehungen und Freundschaften entstanden. „Ich könnte eine ganze Reihe nennen, die sich aus der Städtepartnerschaft entwickelt haben“, sagt Keller.

Die Konzeption der Ausstellung haben die Verantwortlichen nach Melun geschickt. Dort sei ein Pendant in Planung, heißt es. „Besuche sind derzeit nicht möglich. Aber die Bilder und Texte ermöglichen dennoch eine Form des Austauschs“, sagt Jehle-Mungenast.

Die Ausstellung soll zunächst in der Schwabengalerie zu sehen sein. „Dort können wir die Städtepartnerschaft gut in die Öffentlichkeit tragen“, sagt Keller. „Und wir erreichen Menschen, die wir sonst nicht erreichen würden“, ergänzt Jehle-Mungenast. Denn viele Vaihinger wüssten zwar um die Partnerschaft an sich, aber nicht, welches Engagement und welche Projekte dahintersteckten. Und so ist der Heimatring neuen Gesichtern, die sich einbringen wollen, nicht abgeneigt.

Hoffen auf nächstes Jahr

„Eine Städtepartnerschaft muss mit Leben gefüllt werden“, so Keller. Centermanager Franz Jebavy fügt hinzu: „Die Partnerschaft und die Freundschaften, die sich daraus entwickelt haben, gilt es auch in schwierigen Zeiten aufrechtzuhalten.“ Die Ausstellung sei ein würdiger Rahmen dafür. Dennoch hoffen natürlich alle Beteiligten, dass im nächsten Jahr wieder persönliche Begegnungen möglich sind.

Die Fotoausstellung ist vom 20. November bis 4. Dezember in der Schwabengalerie zu sehen. Im Anschluss daran soll sie an weiteren Orten im Bezirk gezeigt werden, wo, wird noch bekannt gegeben. Wer sich im Heimatring engagieren möchte, kann sich an das Bezirksamt und den Bezirksvorsteher Kai Jehle-Mungenast, 0711/2 16-5 74 40, E-Mail kai.jehle-mungenast@stuttgart.de, wenden.