Der Gewerbe- und Handelsverein Möhringen und der Verbund Vaihinger Fachgeschäfte finden die nette Toilette gut, weisen aber auch auf noch zu klärende Fragen hin. Foto: Archiv Rudel

Insbesondere in den Außenbezirken gibt es zu wenige öffentliche WCs. Darum begrüßen Geschäftsleute in Vaihingen und Möhringen die nette Toilette.

Vaihingen/Möhringen - Ingrid Schulte ist das Thema wichtig. Bereits vor vier Jahren habe sie es im Stadtseniorenrat eingebracht, sagt die Möhringerin. Nun kommt langsam Bewegung in die Sache. Ausgangspunkt dafür ist ein Antrag der SPD und der SÖS/Linke-plus. Im November hatten die beiden Gemeinderatsfraktionen beantragt, dass die Wirtschaftsförderung in Kooperation mit den Bezirksvorstehern in drei Bezirken prüft, ob die nette Toilette auch in Stuttgart funktionieren könnte. Neben Stammheim meldeten sich auch Vaihingen und Möhringen für das Modellprojekt.

Die nette Toilette gibt es mittlerweile in mehr als 200 Städten und Gemeinden in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Das Konzept sieht vor, dass Gaststätten, Läden und andere Einrichtungen ihre Toiletten für eine öffentliche Nutzung zur Verfügung stellen. Sie schließen einen Vertrag mit der Stadt ab und bekommen von dieser eine Aufwandsentschädigung von 40 bis 100 Euro. Ein entsprechender Aufkleber an der Eingangstür oder am Schaufenster der Restaurants und Geschäfte zeigt, wo die netten Toiletten zu finden sind.

Antrag von SPD und SÖS/Linke-plus

„Viele Stadtteile und Bezirke in Stuttgart fordern weitere kommunal betriebene öffentliche Toiletten. Bisher konnten nur wenige genehmigt und aufgebaut werden, da die Anschaffungskosten und Betriebskosten erheblich sind. Durch die Einführung der netten Toilette könnten Kosten eingespart werden“, heißt es in dem Antrag von SPD und SÖS/Linke-plus. Und weiter steht dort: „Der Stadtseniorenrat (der nicht antragsberechtigt ist) und auch einige Bezirke sind von dem Konzept überzeugt und fordern eine Umsetzung auch in Stuttgart.“

Das kann Schulte nur bestätigen. Sie engagiert sich sowohl im Stadtseniorenrat als auch im Möhringer Bezirksbeirat (SPD). „Vor allem in den Außenbezirken gibt es nur ganz wenige öffentliche Toiletten, die für Menschen mit Rollator oder Mütter mit Kinderwagen nutzbar sind“, sagt sie. Im Bezirksrathaus sei die Toilette nur während der Dienstzeiten zugänglich. Beim Bürgerhaus müsse man Glück haben. Beim Gemeindezentrum am Oberdorfplatz müsse man erst ein paar Stufen hoch und dann eine ganze Treppe runter, um zum WC zu kommen. Am Möhringer Bahnhof gebe es eine öffentliche Toilette. Diese sei „aber nicht zu empfehlen“.

Nicht jeder Laden eignet sich für eine nette Toilette

Aus Schultes Sicht würden sich das Kaufland an der Rembrandtstraße und das Café Monese am Möhringer Bahnhof für die nette Toilette eignen. Schulte freut sich, dass Bezirksvorsteherin Evelyn Weis Möhringen sofort als Pilotbezirk gemeldet hat und hofft, dass die Stadt nun schnell auf die Händler und Gastronomen zugeht. „Sie müssen Geld dafür bekommen, wenn sie ihre Toiletten der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Das ist die Grundvoraussetzung“, betont Schulte.

Evelyn Weis brachte das Thema vor Kurzem bei einer Besprechung auf den Tisch, bei der auch Christian Dempf war. Der Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins (GHV) findet die Idee prinzipiell gut. Allerdings könne nicht jedes Unternehmen bei der netten Toilette mitmachen. Die WCs müssen zugänglich sein, ohne dass man erst durch Räume und Gänge muss, die den Mitarbeitern vorbehalten sind. „In einem Restaurant ist das in der Regel kein Problem, bei einer Bankfiliale wird es aber schon kompliziert“, sagt Dempf. Außerdem müsse geklärt werden, wer zum Beispiel bei Beschädigungen hafte. Und in jedem Fall müssen die Einzelhändler und Gastronomen für die höheren Reinigungs-, Strom- und Wasserkosten einen Zuschuss bekommen. „Solche Dinge sind im Vorfeld zu klären. Das habe ich der Wirtschaftsförderung mit auf den Weg gegeben.“

Probleme bei Großveranstaltungen in Vaihingen

Ingo Vögele sieht es ähnlich. „Die Zahlung eines Zuschusses an die Gastronomen und Händler könnte deren Bereitschaft heben, bei der Aktion mitzumachen“, sagt der Pressesprecher des Verbunds Vaihinger Fachgeschäfte (VVF). Der VVF werde das Projekt nette Toilette gern unterstützen und könne als Multiplikator funktionieren. „Wir besprechen das auf alle Fälle mit unseren Mitgliedern“, sagt Vögele. Das Problem, dass es zu wenige öffentliche Toiletten gibt, kennt er gut. „Das ist für uns als Geschäftsleute und als Veranstalter ein Thema. Wir sind darauf angewiesen, dass wir genügend öffentliche Toiletten haben“, sagt Vögele. Die WCs an der Rückseite des Rathauses seien „unter aller Kanone“ und von den WCs in der Unterführung am Schillerplatz wisse kaum einer was. „Das ist schon eher ein Geheimtipp“, sagt Vögele. Zudem gebe es im gesamten Stadtteil keine einzige öffentliche Toilette, die auch barrierefrei sei. Vielen würden auf die Schwabengalerie ausweichen. Das sei aber nur zu den Öffnungszeiten möglich. Bei den großen, vom VVF organisierten Veranstaltungen, bitte der Verbund Gastronomen im Ortskern darum, dass sie ihre Toiletten zur Verfügung stellen. „Das ist aber natürlich keine Dauerlösung“, so der Pressesprecher.

Das weiß auch Bezirksvorsteher Wolfgang Meinhardt. Der VVF und der Stadtseniorenrat hätten das Thema bereits mehrfach auf den Tisch gebracht. Und der Bezirksbeirat fordere seit vielen Jahren eine barreirefreie öffentliche Toilette im Ortskern. Das stehe immer wieder auf der Wunschliste für den Doppelhaushalt. Darum habe er sich sofort gemeldet, als Pilotbezirke für die nette Toilette gesucht worden seien. Der Bezirksvorsteher plädiert aber auch dafür, das Thema öffentliche Toilette im Rahmen des neuen Sanierungsgebiets vom Bahnhof bis zum Vaihinger Markt anzugehen.