Dominik Hoffmann würde der Stadtverwaltung gern weitere Flächen für legales Sprayen vorschlagen. Foto: Caroline Holowiecki

An einer Straße in Stuttgart-Vaihingen gibt es eine Hall of Fame. Nach diesem Vorbild sollen mehr legale Graffiti-Flächen in Stuttgart ausgewiesen werden. Ein 24-Jähriger setzt sich im Bürgerhaushalt dafür ein. Warum ist ihm das Thema wichtig?

Vaihingen - Unter die prägnanten Töne der Hip-Hop-Hymne „The Message“ von Grandmaster Flash mischt sich ab und an ein langes Zischen, dann das Klick-klick-klick einer Sprühdose, die geschüttelt wird. Viel gesprochen wird nicht unter der Brücke der A 831 in Vaihingen. Die fünf jungen Männer haben zu tun. Sie alle sind dabei, sich an unterschiedlichen Stellen in der Hall of Fame der Stuttgarter Graffitikünstler zu verewigen. Der eine weißelt noch eine Wand, um dann ein buntes Bild draufzusetzen, der andere hat schon die Konturen fertig. Das alles passiert nicht bei Nacht und Nebel, sondern an einem sonnigen Freitag. Denn hier ist alles legal.

Mitte 2017 ist die VaihingerHall of Fame (zu Deutsch: Ruhmeshalle) in der Verlängerung der Kurmärker Straße eingeweiht worden. Sie ist eine von nur zweien in der Landeshauptstadt, die andere ist unter der König-Karls-Brücke in Bad Cannstatt. An diesen zwei Orten können Sprayer zeigen, was sie können. Ohne Ärger zu riskieren. „Es gibt nur ein ungeschriebenes Gesetz. Wenn ein bestehendes Bild übersprüht wird, sollte das neue besser sein“, erklärt Dominik Hoffmann (24). Der Stuckateur-Azubi aus dem Rheinland wohnt erst seit einigen Monaten in Zuffenhausen und kommt ab und an den weiten Weg raus nach Vaihingen.

Wo sich Sprayer austoben dürfen

Viel Aufwand, aber es gibt eben nur diese zwei Stellen. „In Freiburg oder Karlsruhe gibt es mindestens zehn“, sagt er, und der 24-jährige Robin, der an diesem Tag aus Tübingen angereist ist, um sich in Vaihingen zu verewigen, berichtet aus seiner Heimatstadt auch von etwa fünf Stellen, an denen sich Sprüher austoben können.

Unter der Nummer 51143 setzt sich Dominik Hoffmann daher im Bürgerhaushalt für mehr legale Graffiti-Flächen nach Vaihinger Vorbild ein. „Seitens des Bauamtes der Stadt, der Öffentlichkeit sowie von Privatpersonen sollten mehr Flächen für eine künstlerische Aufwertung des öffentlichen Raumes im gesamten Stadtgebiet zur Verfügung gestellt werden“, heißt es dort, die bestehenden Flächen seien „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, immerhin schätzt er die Szene auf 200 bis 300 Mitglieder. „Niemand, der sein Hobby liebt und es legal zur Verschönerung seiner Umwelt nutzen möchte, sollte in die Illegalität gedrängt werden“, ist online zu lesen. Graffiti-Fans hätten oft keine Lobby, erklärt Dominik Hoffmann, dabei werteten legal und gut gemachte Kunstwerke die Umgebung oftmals auf. Teuer seien die Umwidmungen von spröden Unterführungen auch nicht, sie „sind aber umso wirksamer, um das Lebensgefühl in Stuttgart zu steigern“, heißt es in dem Vorschlag.

Ganz oben in der Kunstszene angekommen

Dominik Hoffmann will nicht nur Nutznießer sein, er bietet sich der Verwaltung auch als Partner an. „Ich bin ebenfalls in der Lage, konkrete Flächen vorzuschlagen“, erklärt er. Und in Siegen, wo er zuvor gewohnt hat, habe er mit dem Verein Stylefiasko in Sachen Zusammenarbeit mit der Kommune positive Erfahrungen gemacht. Zudem steht er im guten Kontakt mit Florian Schupp, dem Graffiti-Beauftragten der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft. Immerhin: Graffiti und Street Art sind längst ganz oben in der Kunstszene angekommen. Um das geschredderte Banksy-Bild in der Staatsgalerie herrscht ein regelrechter Hype, und aktuell sind Werke von Christoph Gantner alias Jeroo im Stadtpalais zu sehen, er unterrichtet am Vaihinger Fanny-Leicht-Gymnasium. Hoffmann ist sich sowieso sicher: „Alles ist besser als grau.“