Der neue Obi in Stuttgart West gefällt nicht allen Anwohnern. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Anwohner hatten sich teils gegen die Eröffnung des neuen Obi in Stuttgart-West gewehrt. Doch wie ist die Stimmung jetzt?

Stuttgart - Gewinnspiele, dröhnende Popmusik und Rabattaktionen: die ganz normale Show um die Eröffnung eines großen Heimwerkermarkts. Außergewöhnlich hingegen die Reaktionen auf den Neubau im Vorfeld: zahlreiche Sorgen und Bedenken, vor allem geäußert von den lokalen Betrieben im Gewerbegebiet Unter dem Birkenkopf. Davon allerdings ist bei der Eröffnung des Baumarkts jetzt wenig zu spüren.

Die Stimmung im Gewerbegebiet hat sich normalisiert. Die Betriebe, die sich vor einem Jahr noch lautstark gegen den Obi-Bau wehrten, haben sich offenbar mit der Situation abgefunden. Karl-Heinz Knoll, Geschäftsführer der Schrausi Schraubensicherungs GmbH: „Man muss realistisch bleiben und auch klar sagen, dass die Verkehrssituation – damals unsere größte Sorge – sich aufgrund der Arbeiten an den Straßen verbessert hat.“ Die Entwicklung des Verkehrs werde man allerdings sehr genau beobachten, so Harald Wahl, Chef der Wahl GmbH, die ebenfalls im Gewerbegebiet im Westen liegt. „Wenn es da zu Problemen kommen sollte, dann gibt’s Stress. Hundert Parkplätze erscheinen mir für so ein großes Geschäft beispielsweise zu wenig.“

Die Kunden sind mit dem Obi zufrieden

Aber: Sofern die Verkehrs- und Parksituation unproblematisch sei, bringe der Obi-Baumarkt für die Betriebe Unter dem Birkenkopf sogar Vorteile als „Frequenz-Bringer“, sagt Wahl weiter.

Zufrieden mit dem neuen Heimwerkermarkt zeigen sich die Kunden. „Richtig gut“, findet zum Beispiel Carolin Gaiser die Eröffnung des Obi. Sie wohnt im Stuttgarter Westen und braucht einen Fliesen-Bohrer. Früher musste sie deswegen nach Feuerbach fahren, wo eine der nun vier Stuttgarter Obi-Filialen steht. Heute ist Carolin Gaiser zu Fuß da. Allerdings: „Ich bin sehr irritiert, weil es nur einen Zugang für Fußgänger gibt.“

Marliese Buchelt findet es grundsätzlich gut, dass der Obi in den Westen gekommen ist: „Ich bin ganz froh, dass es jetzt auch hier einen gibt.“ Eines jedoch dürfte früher oder später für Ärger sorgen: Wie viele andere an diesem Montag ist auch Marliese Buchelt zum Parken auf das benachbarte Aldi-Gelände ausgewichen.

Die Geschichte, die hinter der Eröffnung des 5000 Quadratmeter großen Baumarkts steckt, ist spektakulär. Sie nimmt ihren Anfang bereits im Jahr 2006 mit dem Vorgänger, dem traditionsreichen City-Baumarkt: Das familiengeführte Unternehmen wollte seine Verkaufsflächen vergrößern – von 1000 auf 5000 Quadratmeter. Die Stadt gab den Plänen von Geschäftsführer Gunter Kempner einen Korb. Begründet wurde das von städtischer Seite mit einer sogenannten Veränderungssperre. Diese sollte großflächigen Einzelhandel im Gewerbegebiet Unter dem Birkenkopf verhindern und den lokalen Betrieben, für die es im dicht besiedelten Stuttgarter Westen keinen Platz gibt, zumindest etwas Raum lassen. So lässt sich die Idee hinter der Absage an Kempners Erweiterungspläne formulieren.

Der Aufschrei im Westen kam spät

Ende 2012 dann der große Aufschrei im Stuttgarter Westen: Dort, wo bislang der City-Baumarkt stand, sollte ein Obi-Baumarkt entstehen. Geplante Fläche: 5000 Quadratmeter. Der Verdacht, der nach dem Bekanntwerden der Pläne laut wird: Misst die Verwaltung mit zwei Maßen? Nein, so hieß es von offizieller Seite, die Veränderungssperre lief schlicht und ergreifend ab. Und weil der Grundstückseigner, der Immobilieninvestor Widerker mit Sitz in Botnang, den umsatzstarken Obi als Pächter wollte, musste Geschäftsführer Gunter Kempner seinen Laden dicht machen.

Nach der Bekanntgabe der Schließung des 120 Jahre alten Baumarkts häuften sich die Vorwürfe und Anschuldigungen in Richtung Stadtverwaltung. Die schärfsten Kritiker forderten sogar den Rücktritt des damals verantwortlichen Baubürgermeisters Matthias Hahn (SPD). In einem Interview vom Oktober 2013 verteidigte sich der SPD-Bürgermeister mit dem Hinweis, dass die Vorgänge rund um die Schließung des City-Baumarkts nicht auf seinem Schreibtisch gelandet seien. „ Wir waren stocksauer wegen der Art, wie verfahren worden ist“, sagt dagegen Karl-Heinz Knoll, Geschäftsführer der Schrausi Schraubsicherungs GmbH im Gewerbegebiet.