Was gibt’s heute zu essen? Nicolai Worms sammelt Anregung für eine vergnügliche Mittagspause Foto: Max Kovalenko

Der Journalist Nikolai Worms lebt nicht nur gern im Heusteigviertel, er isst dort auch gern zu Mittag. In seinem Blog teilt er mit anderen Bewohnern und Besuchern, welche Restaurants er mag, und was es dort gibt.

Stuttgart - Die Idee kam ihm beim Mittagessen mit den Arbeitskollegen. Jeden Tag trafen sie sich in ein und dem selben Restaurant und aßen immer wieder die gleichen Gerichte. Bis sich Nikolai Worms sicher war: So konnte es nicht weitergehen. Schließlich hat das Heusteigviertel mehr zu bieten. „Wenn man den Mozartplatz mitzählt, haben wir hier insgesamt 30 Restaurants“, erzählt der 31 Jahre alte Freie Journalist, der in dem Viertel im Stuttgarter Süden lebt und arbeitet.

Also kam ihm eine Idee. Warum sollte es nicht einen Blog im Internet geben, der die Mittagsangebote der Restaurants im Heusteigviertel auflistet und für jeden frei zugänglich ist? Gesagt, getan: Nikolai Worms machte sich ans Werk und schloss sich mit den Gastwirten kurz. „Wenn ich durch das Viertel gehe, halte ich immer ein Auge offen und schaue nach, ob es nicht etwas Neues gibt“, erklärt er. Auf seiner Internetseite stehen Gerichte, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen: Fruchtige Tomatensuppe. Zwiebelkuchen mit Salat oder Kanarische Gemüsesuppe. Vor allem am Anfang, als die Datenbank noch gar nicht existierte, war das Zusammenstellen solcher Mittagstische viel Arbeit. Und auch heute achtet er darauf, die Listen stets aktuell zu halten. „Ich will ja keine Karteileichen bei mir auf der Webseite haben, so etwas ist doch peinlich“, sagt er. Deshalb gehört es für ihn zu den Pflichtaufgaben, immer wieder nachzusehen, ob ein Restaurant geschlossen oder neu eröffnet hat.

Näher dran am Geschehen

Mittlerweile hat sich vieles in der Mittagstischsammlung für das Heusteigviertel automatisiert. „Als die Restaurantbesitzer nach und nach mitbekommen haben, was ich mache, haben viele gefragt, ob sie mir nicht ihre Angebote zuschicken können.“ Dem Blogbetreiber erleichtert das die Arbeit enorm. Er muss nur noch auf die Reihenfolge der Mittagskarten achten: „Die mische ich regelmäßig durch, damit sich niemand beschweren kann“, sagt er. „Außerdem will ich keine Abhängigkeiten schaffen, indem ich ein Restaurant bevorzuge.“

Ursprünglich kommt Nikolai Worms aus Bielefeld. Für sein Studium der Medienwirtschaft zog er nach Stuttgart, wo er mittlerweile mehr als nur heimisch geworden ist. In seinem Viertel kennt er sich aus, wie in seiner Westentasche. Und das, sagt er, ist der große Vorteil, den er für seinen Blog hat: „Ich komme hier jeden Tag durch und bin deshalb näher dran am Geschehen. Ich habe einen Informationsvorsprung.“ Für Blogs sei es wichtig, sich auf Nischen oder lokale Bereiche zu spezialisieren. Dann hätten sie das Potenzial, viele Leser anzusprechen, Als Konkurrenz zu Zeitungen sieht Nikolai Worms seine Arbeit aber nicht. Sie ist ein Hobby für ihn, eine Hilfe für seine Mitbürger, mehr von dem mitzubekommen, was direkt vor der eigenen Haustür passiert. Geld verdienen ließe sich damit zumindest im Moment ohnehin nicht. Da ist Worms realistisch: „Ich habe vielleicht 50 Leser am Tag, und das sind meistens die selben, die nachsehen wollen, was es gerade wo zum Mittagessen gibt.“ Kein Problem aber, schließlich geht es dem Blogger gar nicht ums Geld. „Das ist ein reines Spaßprojekt.“

Blick über den Tellerrand

Trotzdem würde er sich freuen, wenn sich Nachahmer finden würde. „Ein Serviceangebot mit Mittagskarten ließe sich für die gesamte Stadt ausbauen, aber dafür benötigt man Leute, die das machen“, sagt er. Zwar gebe es eine Internetseite, die deutschlandweit Mittagstische auflistet, dazu müssten sich die Restaurants aber selbst eintragen und das, glaubt Worms, funktioniert langfristig nicht: „Das geht vielleicht vier Wochen lang gut, dann ist die Motivation bei den Restaurantbetreibern aber dahin und die Datenbank ist nicht mehr aktuell.“ Ein Zustand, den er bei sich bekanntlich nicht sehen möchte. Stattdessen würde er sich über eine Vernetzung sublokaler Webseiten freuen. Allein, er ist bisher der Einzige, der so etwas in Stuttgart anbietet. „Es wäre schön, wenn sich im zum Beispiel im Westen jemand finden würde, der den Blog mit mir ausbauen will.“ Worms selbst hat sich vor allem aus Zeitgründen auf sein Viertel konzentriert. „Im Westen oder in der Stadtmitte bin ich außerdem eher selten“, sagt er.

Ein wenig über den Tellerrand blickt er dann aber doch. Mittlerweile hat er auch Restaurants am Marienplatz in seine Liste aufgenommen. Mehr ist nicht drin. Etwa zwei Stunden pro Woche arbeitet er ehrenamtlich an seinem Service. Alle paar Wochen gelingt es ihm außerdem, Artikel beizusteuern, die vom Leben im Heusteigviertel erzählen. Ein modernes kleines Stadtteilmagazin ist der Blog mittlerweile geworden. „Vor kurzem habe ich über das Stadtteilfest geschrieben“, sagt Worms. Und einen neuen Mehrwert hat er sich auch einfallen lassen. „Mittlerweile teste ich einige Restaurants, die bei mir gelistet sind, und schreibe darüber in meinem Blog“, sagt er. Ohnehin, das ist ihm wichtig, hat er in jedem Lokal dessen Angebote er veröffentlicht, schon einmal gegessen und es selbst für gut befunden.

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