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SPD kritisiert Haltung von OB Schuster vor NPD-Kundgebung – Polizeipräsident räumt beim Einsatz im Juli handwerkliche Fehler ein.

Stuttgart - Martin Schairer war bedient. „Bei so einem Thema kann man nur verlieren“, sagte Stuttgarts Ordnungsbürgermeister zu Polizeipräsident Thomas Züfle, als die beiden am Mittwoch den Kleinen Sitzungssaal im Rathaus verließen. Eben hatten sie miterlebt, wie Erster Bürgermeister Michael Föll (CDU) und SPD-Stadtrat Manfred Kanzleiter beim Thema Rechtsextreme heftig aneinander geraten waren. Anlass war eine Aussprache im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats über einen Polizeieinsatz am 30. Juli 2012 anlässlich einer Demonstration der rechtsextremen NPD und den Umgang der Stadt mit derlei Aufmärschen.

 

Der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Die Linke war nicht damit einverstanden gewesen, wie die Polizei an jenem Tag die Rechten habe gewähren lassen. Stattdessen seien Gegendemonstranten kriminalisiert worden. Per Antrag hatte die Fraktion daher den Stuttgarter Polizeipräsidenten zum Rapport in den Verwaltungsausschuss bestellt. Züfle räumte vor den Stadträten ein, „dass einige Dinge nicht gut gelaufen sind“. Beim Einsatz habe es „handwerkliche Unzulänglichkeiten“ gegeben.

Polizeibeamte kesselten etwa 60 Gegendemonstranten stundenlang ein

Besagter Einsatz war notwendig geworden, weil die NPD im Sommer mit einem Propaganda-Lkw mehrere Städte angesteuert hatte. Die Verwaltung hatte auf ein Verbot der Demonstration verzichtet, nachdem bereits die Stadt Ulm mit einem solchen vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen gescheitert war. Gleichzeitig hatten linke Gruppen eine Gegendemonstration angekündigt. Diese fand auch vor dem Alten Schloss am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus statt. Danach machten sich die Teilnehmer laut Züfle grüppchenweise auf die Suche nach dem NPD-Laster Richtung Theodor-Heuss-Straße. „Gefahrenabwehr und Trennung der Lager war unser oberstes Gebot“, so Züfle.

Die Lage eskalierte: Nach Eier-, Flaschen- und Steinwürfen sowie einer Sitzblockade kesselten Polizeibeamte etwa 60 Gegendemonstranten stundenlang ein. Man habe das Gewaltpotenzial unterschätzt, auch die Kommunikation der Beamten untereinander sei nicht gut gewesen. „Die Polizei war Dienstleister der NPD“, resümierte SÖS-Stadträtin Ulrike Küstler. Darauf Züfle: „So ein Satz trifft uns ins Mark.“

Als Martin Schairer (CDU) darauf abhob, Stadtverwaltungen würden von Gerichten zur Neutralität verdammt, nahm Manfred Kanzleiter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster ins Visier: „Ein OB muss sich positionieren“, sagte er, verbunden mit der Hoffnung auf ein couragierteres künftiges Stadtoberhaupt Fritz Kuhn (Grüne). Da platzte Michael Föll der Kragen. „Unverschämtheit!“, fauchte er.

Dabei hatte Kanzleiter vermutlich nur nach Ulm geblickt. Der dortige OB Ivo Gönner (SPD) hatte während des Aufmarschs der NPD gegen über dem SWR gesagt: „Es sollte nicht der Eindruck entstehen, als ob man die widerspruchslos machen lässt.“