Wolfgang Schuster erkannte vor acht Jahren das Potenzial des Geländes gegenüber dem Möhringer Bahnhof: Rund 100 Wohneinheiten sollen dort entstehen Foto: Leif Piechowski

Die Stuttgarter Straßenbahnen sollen kurzfristig rund 100 Wohnungen bauen. Pläne dazu gibt es schon länger, der Vorstand bremste aber, weil es bei den jüngsten Verkäufen Probleme mit der Vermietung von Gewerbeeinheiten gab. Nun macht der SSB-Aufsichtsrat Druck.

Stuttgart - Die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) besitzen im Stadtgebiet noch drei Flächen, auf denen Wohnhäuser gebaut werden können. Das Potenzial des Geländes gegenüber dem Möhringer Bahnhof erkannte vor mehr als acht Jahren im damaligen OB-Wahlkampf der Amtsinhaber Wolfgang Schuster. Ein neuer Bebauungsplan und die Verlängerung der Probststraße eröffneten Bauflächen für mehrere Hundert Einheiten.

„Wir haben noch drei Baufelder für 70 Wohnungen, bei den jüngsten Verkäufen hatten wir aber Probleme“, räumt SSBPersonalvorstand Reinhold Bauer ein. Das liege vor allem daran, dass der Bebauungsplan in den Häusern auf 20 Prozent der Fläche eine Gewerbenutzung vorschreibe. „Damit tun wir uns schwer“, so Bauer, und auch mancher mögliche Wohnungskäufer zieht zurück, wenn er eine Gewerbeeinheit als Nachbar vorfindet. Eine Befreiung von der Vorschrift sei abgelehnt worden, sagt Bauer, deshalb habe man gebremst.

Die Wohnungsverkäufe subventionieren den Betrieb von Stadtbahnen und Bussen. Rund 20 Millionen Euro muss die Kommune dennoch jährlich zuschießen, um den Verlust auszugleichen.

Am Möhringer Bahnhof gilt baurechtlich ein Mischgebiet aus Wohnen und Gewerbe

Die Ablehnung einer Befreiung durch das Baurechtsamt hat ihren Grund. Am Möhringer Bahnhof gilt baurechtlich ein Mischgebiet aus Wohnen und Gewerbe. Ein reines Wohngebiet sei nicht möglich, weil sich die dann schärferen Lärmgrenzwerte wegen des Stadtbahn-Betriebs am Bahnhof nicht einhalten ließen, heißt es in der Stadtverwaltung. Also geb e es keine Befreiung.

Der SSB-Aufsichtsrat mit dem Vorsitzenden, OB Fritz Kuhn (Grüne), hat beschlossen, dass der Betrieb die Bebauung an der Probststraße zügig wieder aufnimmt. „In der Diskussion mit dem Aufsichtsrat ist alternativ, dass wir die Flächen an einen Bauträger verkaufen, dann hätten wir kein Vermarktungsrisiko“, sagt Bauer.

Bauen können die SSB auch im Vogelsang im Stuttgarter Westen. Bei der Bauernmarkthalle ist noch Platz für vier Häuser mit je acht Wohnungen. Auch hier laute der Auftrag des Aufsichtsrats, die Grundstücke „so schnell wie möglich zur Bebauung zu bringen“, sagt ein Mitglied. Fritz Kuhn hat das Thema Wohnungsmangel zur Chefsache erklärt und drängt auf Linderung.

Im Stuttgarter Osten wären 50 Wohnungen möglich

Im Stuttgarter Osten, wo die SSB bis Ende der 60er Jahre ihre Hauptwerkstatt hatten, liegt die letzte Wohnungsbau-Reserve des städtischen Nahverkehrsbetriebs. 50 Wohnungen wären möglich, schätzt Bauer. Allerdings nicht kurzfristig, denn zunächst müssten verschiedene Kultureinrichtungen in einer kleineren Halle zusammengeführt werden, erst dann könne die große Halle abgerissen werden. Pläne für ein Z-förmiges Wohngebäude als Ersatz existierten bereits, aber „die Umzüge werden dauern“, so Bauer. Mit allen Wohnbauflächen könne „ein Millionenbetrag“ erlöst werden, sagt der Vorstand.

Bebaubare Flächen halten die SSB zwar auch in Weilimdorf und in Neuhausen in Reserve, neue Wohnungen sind dort aber nicht absehbar. „Die Fläche in Weilimdorf liegt außerhalb, das widerspricht dem politischen Ziel, die Innenentwicklung der Stadt zu fördern, außerdem ist das nur Bauerwartungsland“, erklärt Bauer, und in Neuhausen könne erst gebaut werden, wenn die S-Bahn bis dorthin verlängert werde. Auch das kann dauern.