Nur bei Regen zieht sich Sam nach drinnen zurück. Foto: Caroline Holowiecki

Dieser schwarze Labrador Sam ist in Stuttgart-Sillenbuch bekannt wie ein bunter Hund. Tagein, tagaus relaxt er vor dem Getränkeladen von Andreas Seeger. Außer, er führt sich mal wieder selbst Gassi.

Sillenbuch - Sam, der Chiller, liegt nicht auf seinem Bettchen, dem Lederkissen mit der zerschlissenen Decke, er liegt daneben. Mal wieder. Die Temperatur ist knapp über null, aber der Labrador-Berner-Sennen-Mix fühlt sich auf dem Asphalt pudelwohl. Im Sommer wie im Winter. Nur bei Regen zieht Sam sich in den Getränkeladen von Andreas Seeger zurück und macht sich vor der Kasse lang. Im Weg liegen, das kann er. Und gucken, was so passiert. Ob Autos vorbeifahren oder Kinder zum Streicheln kommen. „Für ihn ist das interessant, es ist immer was los“, sagt der Ladeninhaber, und statt allein daheim darauf warten zu müssen, bis Frauchen, Andreas Seegers Partnerin, von der Arbeit kommt, relaxt er eben an der Ecke Tuttlinger und Oberwiesenstraße an der frischen Luft.

Sam, der Streuner, chillt aber nicht nur. Wenn ihm langweilig ist, führt er sich selbst Gassi. Heute, mit 14,5 Methusalem-Jahren und Arthrose im Bein, sind die Touren kleiner geworden, doch als junger Hüpfer hat er Andreas Seeger bisweilen vor Sorge zur Weißglut gebracht. Mal ging’s zum Silberwald, mal Richtung Eichenhain, mal in Alt-Sillenbuch am Lokal Hasenstall vorbei und immer der Nase nach ins Grüne, mal der Polizei in die Arme. „Wir haben oft alles abgesucht, und dann lag er vor der Tür.“ Sam kennt ganz Sillenbuch, und ganz Sillenbuch kennt Sam. Für alle Fälle trägt der Rüde am Halsband eine Telefonnummer. „Viele erkennen ihn und rufen an“, sagt Andreas Seeger.

Früher hat Sam regelmäßig eine Brezel abgestaubt

Sam, der Casanova, steigt vor allem den Hundemädchen nach. Eben hat er Ginger, die Labrador-Brünette aus der Nachbarschaft, entdeckt und kann sich nicht entscheiden, ob er mit ihr oder Frauchen flirten soll, das erfahrungsgemäß Leckerlis in der Tasche hat. Wenn die Hündin von gegenüber läufig sei, helfe nur die Leine, „sonst ist er nur da drüben“, sagt Andreas Seeger. Der weiß: Die tierischen Eskapaden kommen nicht bei allen gut an. Mal hebt Sam ein Bein, wo er nicht soll, mal erschrickt ein Passant vor dem pechschwarzen Tier auf dem Gehweg, mal sind sich Sam und ein Artgenosse nicht grün. Andreas Seeger versucht dann, zu vermitteln. „Einer hat immer ein Auge drauf. Man erkennt an der Körpersprache, ob er angespannt ist oder nicht.“

Sam, der Gourmet, ist aber meist nur an Snacks interessiert. „Typisch Labrador“, sagt Andreas Seeger. Er hat das Schleckermaul schon dabei ertappt, wie es vor dem nahen Café Rosenstöckle versucht hat, die Kunden mit seinem Hundeblick zu hypnotisieren. Immerhin: Früher, als die Bäckerei Nuding noch offen hatte, habe Sam mit der Masche regelmäßig eine Brezel abgestaubt.

Sam, der bunte Hund, macht trotz oder gerade wegen seines Dickschädels vielen Sillenbuchern Spaß. Und natürlich auch Andreas Seeger. Sam, den man mit a und nicht mit ä ausspricht, ist nach den Anfangsbuchstaben der Namen seines Frauchens und deren Kindern benannt, aber auch nach Samweis Gamdschie aus „Herr der Ringe“. Dem treuen Gefährten.