Am Montag haben Bürger Grablichter auf gefällte Bäume gestellt. Foto: Caroline Holowiecki

Viele Spaziergänger sind erschrocken: Im Eichenhain zwischen Riedenberg und Sillenbuch wird im großen Stil abgeholzt. Umweltexperten erklären, warum das keine Zerstörung ist, sondern Pflege.

Sillenbuch - Die Motorsägen sind schon von Weitem zu hören. Im Eichenhain zwischen Riedenberg und Sillenbuch wird dieser Tage abgeholzt, und das nicht zu knapp. An mehreren Stellen wurden und werden im großen Stil Bäume gefällt und Sträucher entfernt. Den Spaziergängern bietet sich ein völlig neues Bild. Wo bis vor Kurzem noch ein Wäldchen war, ist jetzt der Blick frei auf die Filderlinie, auf Birkach und die Asemwald-Hochhäuser.

Grablichter für gefällte Bäume

Viele Bürger reagieren irritiert. „Meines Erachtens wird durch den Kahlschlag der Lebensraum für zahllose Tiere und Pflanzen zerstört“, schreibt ein aufgebrachter Anwohner aus der nahen Melonenstraße an die Redaktion dieser Zeitung. Eine andere Bürgerin teilt mit, dass die sogenannten Freunde des Eichenhains am vergangenen Montag Grablichter auf die gefällten Bäume gestellt hätten.

Dabei ist das „keine Zerstörung, sondern in die Zukunft gedacht“, erklärt indes die zuständige Landschaftsarchitektin Sibylle Bayer. Im Mittelpunkt der Maßnahme steht zum einen der wertvolle, weil besonders insekten- und blütenreiche Magerrasen, zum anderen geht es um die ebenso wertvollen Eichen, die dem Naturschutzgebiet seinen Namen geben. „Der Magerrasen braucht Besonnung und gedeiht im Schatten nicht“, erklärt sie. Durch den Wildwuchs der letzten Jahrzehnte sei er stark zurückgedrängt worden. In der Tat: Da, wo bereits gerodet wurde, wächst kein Hälmchen am Boden. Einer Mitteilung der Stadtverwaltung ist zu entnehmen, dass deswegen bereits prägende und schutzwürdige Arten wie der Kleine Heidegrashüpfer verschwunden sind. „Nährstoffarme, sonnige Magerrasen sind mit ihrem günstigen Mikroklima unverzichtbarer Lebensraum unzähliger Tier- und Pflanzenarten und im Land einer der am stärksten bedrohten Lebensräume überhaupt“, ergänzt Wolfgang Wagner vom Amt für Umweltschutz.

In Abstimmung mit den Naturschützern

Daher ist man nun, in Absprache mit der höheren Naturschutzbehörde am Regierungspräsidium Stuttgart und der unteren Naturschutzbehörde beim städtischen Amt für Umweltschutz, eingeschritten und hat begonnen, Bäume und Sträucher, vor allem Eschen, Hainbuchen, Ahorn, Hartriegel und Hasel, am Hang zu entfernen. Die Pflege- dient gleichzeitig als Ausgleichsmaßnahme für den Eingriff in die Natur etwas weiter unten im Tal. Dort wird ein neues Regenüberlaufbecken gebaut.

Und auch an die berühmten Eichenmuss man ran. Die bis zu 300 Jahre alten Bäume brauchen mehr Platz und Sonne, um prächtig und gesund wachsen zu können, erklärt Sibylle Bayer. Dadurch, dass in der Vergangenheit aber zu viele Eichen zu dicht nachgepflanzt worden seien, sei es jetzt stellenweise schlichtweg zu eng. „Die alten Riesen, so schön sie sind, werden sonst irgendwann abgehen“, erklärt die Landschaftsarchitektin. Die Eichen bekämen aktuell vermehrt Mehltau, weil sie sich gegenseitig behinderten und Feuchtigkeit nur verzögert trocknen könne, erläutert Wolfgang Wagner.

Das werde nicht wahllos gemacht

Das Team hat daher „Zukunftsbäume in allen Altersstadien“ lokalisiert, wie Sibylle Bayer sich ausdrückt, die erhalten werden müssen, andere werden fallen. Aber das wird nicht wahllos gemacht. Als Vorlage dienen Fotos aus den 50ern, und auf denen sind nur vereinzelt Bäume zu sehen. Wagner verspricht: Ökologisch wie ästhetisch wertvolle Bäume werden nicht gefällt.