Bezirksrathaus und Feuerwehr können wohl bald umziehen. Foto: Holowiecki

Seit Jahrzehnten ist das Großprojekt für Stuttgart-Sillenbuch im Gespräch, geworden ist daraus bisher allerdings nichts. Nun bekennen sich die Stadträte offenbar zu dem 26-Millionen-Projekt für den Bezirk.

Sillenbuch - Der Stuttgarter Gemeinderat hat den Sillenbuchern ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk gemacht. Das Gremium hat gleich in der ersten Lesung des neuen Doppelhaushaltsentwurf 1,4 Millionen Euro an Planungsmitteln für das Bürgerzentrum beschlossen, wie aus den Reihen des Gremiums zu vernehmen ist. Verteilt werden soll das Geld demnach auf zwei Jahre. Damit wird in einer mehr als zehn Jahre alten Geschichte das nächste Kapitel aufgeschlagen. So lang schlummern nämlich schon fertige Pläne, hervorgegangen aus einem Architektenwettbewerb, in irgendeiner Rathausschublade.

Realisiert werden sollen im Multifunktionsbau ein Ersatz fürs nicht barrierefreie, nur angemietete Bezirksrathaus sowie fürs marode Feuerwehrmagazin, außerdem soll Sillenbuch eine eigene Zweigstelle der Stadtbücherei und ein Stadtteilhaus, einen Veranstaltungssaal, bekommen. Einen Platz gibt es fürs Megaprojekt auch seit Jahr und Tag: den oberen Parkplatz am Ostfilderfriedhof, unmittelbar an der Stadtbahn-Haltestelle Schemppstraße. „Alles kann so kommen“, ist aus dem Gemeinderat zu vernehmen. Gesprochen wird von einer „gemeinsamen Stoßrichtung aller Fraktionen“. Im besten Fall könnten bereits in den Etat-Jahren 2022/23 Baumittel in den Haushalt eingestellt werden.

OB hatte „deutliche Tendenz“ bereits bei der Einwohnerversammlung angedeutet

Obwohl formal in der dritten Lesung des Haushaltsplanentwurfs am 20. Dezember noch ein Knopf drangemacht werden muss, ist die Freude in Sillenbuch groß. Der Bezirksvorsteher Peter-Alexander Schreck spricht von einem „Meilenstein, für mich und für den Stadtbezirk“. Jetzt müsse man „das Ding mit Engagement nach vorne bringen“. „Fantastisch“, findet auch der Bezirksbeirat Dieter Grötzinger (Grüne) die Nachricht. „Es ist wirklich notwendig“, sagt er, „wir haben nicht mal einen Raum zum Tagen“. Sein Gremiumskollege Philipp Kordowich (CDU) ist ebenso froh. „Sillenbuch hat lange genug auf ein modernes Bürgerzentrum mit Stadtteilbücherei gewartet. Die gemeinsame Arbeit aller Fraktionen hat sich hier ausgezahlt“, sagt er. Es bleibe zu hoffen, dass diesmal nach der Planung direkt mit der Umsetzung begonnen werde.

Dass der Gemeinderat dem Projekt wohlgesinnt ist, hatte sich schon Mitte 2018 angedeutet. Da hatten die Sprecher der Fraktionen den Bezirksbeirat explizit ermuntert, das Thema abermals aufs Tapet zu bringen. Im Januar hatten CDU, Grüne, SPD, SÖS/Linke-plus, Freie Wähler und FDP in einem Antrag Informationen über das Projekt angefordert, um für die Haushaltsberatungen gerüstet zu sein. Im Juli waren im Wirtschaftsausschuss überarbeitete Pläne samt erweitertem Raumprogramm und neuem Preis gezeigt worden. Das Bürgerzentrum ist um 34 Prozent auf knapp 3200 Quadratmeter gewachsen, unter anderem wegen der Hinzunahme des Jobcenters. Statt einst knapp 13 Millionen soll der Bau nun mehr als 26 Millionen Euro kosten.

Anträge gab es gleich von mehreren Fraktionen

Dass den Gemeinderat das nicht schreckt, hatte der OB Fritz Kuhn bei der jüngsten Einwohnerversammlung angedeutet. „Es gibt eine deutliche Tendenz“, hatte er prophezeit. Die Verwaltung steht ebenfalls hinter dem Projekt. Bereits zu den Haushaltsberatungen 2018/2019 standen Planungsmittel auf ihrer Wunschliste – obwohl die Nähe der Feuerwehr zur Wohnbebauung „äußerst kritisch“ gesehen wird. Seinerzeit hatte der Gemeinderat aber kein Interesse gezeigt.

Jetzt scheint man also geläutert zu sein. Anträge zum neuen Haushalt gab es von mehreren Fraktionen. „Wir wollen endlich Fahrt aufnehmen bei diesem Thema, das wir viel zu lange haben schleifen lassen“, sagt etwa der CDU-Stadtrat Jürgen Sauer auf Nachfrage.