Uli Schmidt und seine Tochter Helena werkeln am Bauwagen für Schönberg. Foto: Alessa Becker

Um in Stuttgart-Schönberg einen Ortskern entstehen zu lassen, hat der Künstler Ulrich Schmidt ein außergewöhnliches Projekt geplant. Er renoviert einen Bauwagen, der sowohl Kunstwerk als auch Treffpunkt für die Anwohner sein soll.

Schönberg - Im Schönberg lebt es sich ruhig. „Zu ruhig und anonym“, findet der Agrarwissenschaftler, Naturschützer und Künstler Ulrich Schmidt. Kein Jugendhaus, keine Einkaufsmöglichkeiten, nicht einmal einen Ortskern habe Schönberg zu bieten. „Von seinen Nachbarn bekommt man oft nur etwas mit, wenn sie abends ihr automatisches Garagentor herunterlassen.“ Der Künstler möchte das ändern. Mehr Gemeinschaft soll entstehen. Schon in der Antike strebten die Menschen nach einem Versammlungsplatz, und Ulrich Schmidt möchte dem Schönberg solch eine kleine Agora schenken.

„Ich habe einen Bauwagen gekauft, der soll zu einem mobilen Ortskern umgebaut werden“, sagt der 57-Jährige. Das Bedürfnis der Schönberger nach einem Versammlungsort hat Schmidt im Rahmen eines seiner Kunstprojekte empfunden. Für die Ausstellung „Schönberg?“ im Gemeindesaal unter der Himmelfahrtskirche machte er Interviews mit Anwohnern und fing die Atmosphäre des Ortes ein. „Von mehreren Seiten wurde beklagt, dass Schönberg keinen Ortskern hat, und darüber machte ich mir Gedanken“, erzählt er.

Die kleinste Ausstellung Deutschlands?

Schmidt selbst ist Alteingesessener, seine Tochter Helena wuchs und wächst im Schönberg auf. Für sie und die anderen Jugendlichen im Ort soll der Bauwagen erst einmal bestimmt sein. Da helfen die 15-Jährige und ihre Freunde natürlich gerne bei der Renovierung. Insgesamt fünf Jugendliche im Alter von 13 bis 17 Jahren arbeiten jeden Samstag bei Wind und Wetter am Bauwagen, der momentan auf dem Gelände der Jugendfarm Birkach steht. „Weitere Helfer aus Schönberg sind herzlich willkommen“, sagt Schmidt. Denn das mache das Bauwagenprojekt erst zu einem richtigen Kunstwerk. Die Kreativität der Mitmenschen soll einfließen. „Soziale Plastik nennt sich das“, erklärt er. Kunst von und für die Gesellschaft sozusagen.

Schmidt hofft auf die Genehmigung, den renovierten Bauwagen von März an auf dem großen Parkplatz hinter der Gaststätte Ramsbachtal abstellen zu dürfen. „Und dann möchte ich ihn immer dort aufstellen, wo gerade eine Veranstaltung ist.“ Auch eine Ausstellung seiner Kunstwerke im Bauwagen plant Ulrich Schmidt. „Das wird dann wohl die kleinste Ausstellung Stuttgarts oder Deutschlands werden.“

Bei Musik und Gesprächen läuft die Arbeit wie von selbst

Bis dahin gibt es aber noch viel zu tun. Helena kratzt fleißig die alte Farbe an der Außenwand ab. Der Bauwagen sei schätzungsweise so alt wie ihr Papa. „Es macht Spaß sich auszudenken, wie man ihn innen schön gestalten kann“, sagt sie. In die eine Ecke komme eine Küche mit Kühlschrank, in die andere Ecke eine Sitzgelegenheit, und überall müsse noch Laminatboden verlegt werden. „Mit einer Heizung wird es dann richtig gemütlich.“

Beim Werken mit den Freunden arbeite jeder nach seinen Möglichkeiten. Die Jugendlichen haben schon gelernt, mit dem Akkuschrauber umzugehen und Bretter zuzuschneiden. Bei Musik und guten Gesprächen mache sich die Arbeit wie von selbst, erzählt Helena und lacht. „Ich glaube, dass der Wagen den Schönbergern am Ende gut gefallen wird.“

Künstlerin werden, wie ihr Vater, möchte Helene aber nicht. „Meine Leidenschaft ist die Musik, ich schreibe selbst Liedtexte und bin in einer Band.“ Vielleicht wird Helena ihr nächstes Konzert in einem Bauwagen geben. Im wohl kleinsten Ortskern weit und breit.